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News: Süße Unendlichkeit

Die Vision von Unsterblichkeit scheint näher zu rücken. Forscher in den USA haben sich einen chemischen Trick aus dem Tierreich abgeschaut, um getrocknete oder tiefgefrorene menschliche Zellen wiederzubeleben. Ein Zucker soll die schädlichen Effekte, die durch Einfrieren und Trocknung verursacht werden, abwenden. Diese Technik könnte eine Lagerung menschlicher Gewebe für Bluttransfusionen, Hauttransplantationen und eine Vielzahl anderer medizinischer Behandlungen ermöglichen.
Man kann sie in jedem Spielzeugladen kaufen: "Sea Monkeys", getrocknete kleine Krebse, die in einer Schüssel Wasser plötzlich wieder zum Leben erwachen. Diese und noch andere Organismen wie Hefe und Bärtierchen können Jahrzehnte ohne Wasser überdauern. Menschliche Zellen dagegen sterben in Kultur sehr rasch, wenn man sie nicht geradezu "verhätschelt". Um Humanzellen eine kalte Lagerung überstehen zu lassen, erklärt Mehmet Toner von der Harvard Medical School in Boston, überziehen Wisenschaftler sie mit schützenden Substanzen, frieren sie so langsam ein, dass sich keine schädlichen Eiskristalle bilden, und lagern sie in Behältern mit flüssigem Stickstoff.

Um die Lagerung von Gewebe zu optimieren, hat Toners Team Zellen mit Trehalose versetzt. Dieser Zucker bewahrt einige Organismen auf molekularer Ebene vor den schädlichen Auswirkungen des Einfrierens und Trocknens. Trehalose kann in Zellen Wasser ersetzen, indem es schützende Hüllen um Enzyme, Membranen und die DNA bildet. Unser Körper kann Trehalose allerdings nicht selbst bilden, und das Zuckermolekül ist zu groß, als dass es Membranen passieren könnte. Daher schleusten die Forscher den Zucker mittels alpha-Hemolysins in die Zellen ein. Dieses bakterielle Toxin perforiert die Membran so, dass sie doch für Trehalose-Moleküle durchlässig ist. Ohne den Zucker überlebten etwa ein Prozent der Zellen das Einfrieren. Bei den mit Trehalose behandelten Zellen konnten dagegen 72 Prozent nach dem Auftauen wieder zum Leben erweckt werden (Nature Biotechnology vom Februar 2000).

Trehalose schützt auch menschliche Zellen, die durch Trocknung konserviert werden sollen, berichtet der Genetiker Fred Levine von der University of California in San Diego. Die Wissenschaftler dort statteten Fibroblasten mit den bakteriellen Enzymen aus, die sie benötigen, um selbst Trehalose zu produzieren. Während normale Zellen innerhalb eines Tages nach der Trocknung sterben, überstanden die veränderten Fibroblasten bis zu fünf Tage ohne Wasser.

Der Biochemiker John Crowe von der University of California in Davis findet es "bemerkenswert", dass die Anwesenheit eines simplen Zuckers ausreicht, um die Zellen widerstandsfähiger zu machen. Diese Methode könnte es möglich machen, getrocknetes menschliches Gewebe unendlich lange aufzubewahren. "Schon ewig ist es ein Traum vieler Menschen gewesen, dies zu verwirklichen", meint Crowe.

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