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News: Therapie mit Langzeiteffekt

Das HI-Virus findet immer neue Wege, dem Immunsystem oder Medikamenten zu entkommen. Und treten die ersten resistenten Stämme auf, brechen Mediziner die Therapie erst einmal ab. Doch offenbar beeinflussen die Wirkstoffe auch die resistenten Viren noch, denn deren Gehalt im Blut bleibt weiterhin gering, und es können sich auch keine aggressiveren Stämme durchsetzen, wie es sonst nach beendeter Behandlung der Fall ist.
Viele HIV-Infizierte können das Virus in ihrem Körper mit einer antiretroviralen Therapie einigermaßen in Schach halten. Die Medikamente verhindern, dass sich der Erreger vervielfältigt. Dadurch schreitet die Krankheit nicht weiter fort, HIV-bedingte Symptome bilden sich sogar zurück und das Immunsystem kann sich etwas erholen.

Doch die Behandlung ist nicht auf Dauer erfolgreich. Nach einiger Zeit entstehen resistente HIV-Stämme, die auf die Medikamente nicht mehr reagieren. Bisher wurde die Therapie dann meist abgebrochen. Doch was geschieht, wenn die Patienten auch weiterhin ihre Mittel einnehmen?

Steven Deeks und seine Mitarbeiter an der University of California in San Francisco untersuchten 23 HIV-Patienten, deren Blut seit mindestens einem Jahr resistente Viren aufwies. 18 davon beendeten die Therapie, während die verbleibenden fünf damit fortfuhren. Die Wissenschaftler maßen wöchentlich den Virengehalt im Blut, den Grad an Medikamentenresistenz und die Anzahl an CD4-Zellen. Diese Untergruppe der weißen Blutkörperchen ist das Zielobjekt der Viren, und ihre abnehmende Zahl zeigt das Fortschreiten der Krankheit an. Außerdem ermittelten die Forscher die Fitness der Erreger zu Beginn der Studie und zwölf Wochen nach Beendigung der Therapie.

Bei den fünf Betroffenen, die weiter Medikamente geschluckt hatten, änderte sich der Virengehalt, die Zahl der CD4-Zellen sowie der Grad an Resistenz kaum. Und auch die Vermehrungsfähigkeit des Virus blieb während des gesamten Untersuchungszeitraums deutlich eingeschränkt (The New England Journal of Medicine vom 15. Februar 2001).

Anders bei den 18 Personen, welche die Therapie abgebrochen hatten. Hier stieg der Virengehalt im Blut deutlich an, während gleichzeitig die Menge an CD4-Zellen entsprechend zurückging. Außerdem traten acht Wochen nach Ende der Behandlung "Wildtyp"-Viren auf, die zwar empfindlich auf die Medikamente reagieren, sich aber sehr viel schneller vervielfältigen als die resistenten Stämme. Als sie zunehmend das Blut bevölkerten, sank die Zahl der CD4-Zellen dramatisch. Kurz danach traten auch bei einigen der Patienten klinische Symptome auf.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Medikamente immer noch einen gewissen Effekt auf das Virus haben, obwohl es dagegen resistent ist. Außerdem scheinen sie den Ausbruch von aggressiveren "Wildtyp"-Varianten zu verhindern. Ganz ausrotten können sie die jeweiligen Stämme jedoch nicht. Andere Studien erbrachten, dass die resistenten Viren in sehr geringen Mengen lange Zeit im Körper überdauern können. Bei fünf von neun Patienten lassen sich resistente Viren in Zellreservoirs nachweisen, obwohl die üblichen Standardtests keine Anzeichen mehr dafür liefern. "Beruhend auf diesen Beobachtungen gehen wir davon aus, dass die resistenten Viren wieder auftreten werden, wenn die Therapie nach einer Pause wieder einsetzt", meint Deeks. "Das lässt vermuten, dass es für Patienten mit resistenten Viren nicht unbedingt eine zweite Chance bedeutet, die Therapie abzubrechen, um so wieder Medikamenten-empfindliche Viren zu erhalten, und dann die Behandlung wieder fortzusetzen."

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