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Sonnensystem: »Tschuri« und das fehlende Element

Seit Langem fragen sich Astronomen, wieso Kometen so wenig Stickstoff enthalten. Nun könnten sie eine Antwort gefunden haben.
Komet 67P am 30. April 2015 mit Gasausbrüchen

Die chemische Zusammensetzung von Kometen stellt Astronomen seit Langem vor ein Rätsel: Die kosmischen Brocken enthalten deutlich weniger Stickstoff als die protosolare Staubscheibe, aus der sie zusammen mit unserem Sonnensystem vor knapp 4,6 Milliarden Jahren entstanden sind.

Ein Team um Olivier Poch von der Université Grenoble Alpes präsentiert nun eine mögliche Erklärung: Offenbar gibt es in Kometen ein »verstecktes« Stickstoffreservoir, das man bisher übersehen hat. Konkret scheint die Oberfläche der Himmelskörper teilweise aus einem Gemisch aus Staub und stickstoffhaltigen Ammoniumsalzen zu bestehen, berichten die Forscher in »Science«.

Ein Tschurimond | Im Oktober 2015 fotografierte die europäische Kometensonde Rosetta den Kern des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko, kurz Tschuri. Im Kreis befindet sich ein rund vier Meter großer Begleiter des etwa vier Kilometer großen Kometenkerns, der sich zumindest für einige Tage im Umlauf um den Kern befand. Die Strahlen am oberen Rand des Kometenkerns sind Gas und Staub, die aus dem Kern infolge der Sonneneinstrahlung hervorbrechen.

Die Gruppe um Poch hat für ihre Studie Laborexperimente durchgeführt und die Ergebnisse mit Daten verglichen, welche die ESA-Sonde Rosetta 2015 bei 67P/Tschurjumow-Gerasimenko gesammelt hat. Demnach reflektiert Tschuris Oberfläche bei einer bestimmten Wellenlänge auffällig wenig Infrarotlicht. Das lasse sich mit Ammoniumsalzen und Kometenstaub erklären, da diese Mischung just solche Strahlung absorbiert, argumentieren die Forscher auf Basis ihrer Versuche.

Das Szenario passt auch zu älteren Forschungsarbeiten: Bereits im Januar hat ein Team der Universität Bern Hinweise auf Ammoniumsalze veröffentlicht, die sich von der Kometenoberfläche gelöst und den Weg in eines der Messinstrumente an Bord von Rosetta gefunden haben. Offen ist noch, wie viel Stickstoff in dieser Form auf Kometen vorliegt. Den Forschern zufolge könnten bis zu 40 Prozent der Oberfläche daraus bestehen – was genug wäre, um das Rätsel des fehlenden Stickstoffs zu erklären.

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