Zu früh gefreut: Unerwartete Rückkehr der FCKW
Die erste globale Umweltkrise der Menschheit galt eigentlich schon als erledigt. Spätestens im Jahr 2050, verkündete die Weltorganisation für Meteorologie 2014, werde das Ozonloch kein Thema mehr sein. Doch das war wohl zu voreilig: Einige der im vor fast 30 Jahren beschlossenen Montreal-Protokoll verbotenen Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) werden anscheinend seit einigen Jahren nachproduziert. Darauf jedenfalls deuten Analysen einer Arbeitsgruppe um Stephen A. Montzka von der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA) in den USA hin. Wie das Team in »Nature« berichtet, nimmt die Konzentration der Substanz Trichlorfluormethan, kurz CFC-11, seit 2012 nur noch halb so schnell ab wie zuvor. Das würde bedeuten, dass uns die berüchtigten Ozonlöcher über Arktis und Antarktis noch Jahrzehnte länger erhalten bleiben als erhofft.
Bis heute ist CFC-11 Quelle für etwa ein Viertel des in die Stratosphäre gelangenden Chlors, und es verschwindet nur sehr langsam aus der Umwelt. Seit Mitte der 1990er Jahre, als die Maßnahmen zu greifen begannen, sank seine Konzentration in der Atmosphäre um lediglich etwa elf Prozent. Grund dafür sind die fast anderthalb Millionen Tonnen CFC-11, die noch in Schäumen und anderen technischen Produkten stecken und langsam ausgasen. Doch seit 2012 weichen die atmosphärischen Konzentrationen des Stoffes von den erwarteten Werten ab.
Illegale Produktion auf der Nordhalbkugel?
Verräterisch: Auch andere verwandte Stoffe zeigen den gleichen unerklärlichen Anstieg. Außerdem findet sich der größere Teil des zusätzlichen CFC-11 in der Atmosphäre der Nordhalbkugel. Deswegen ist sich die Arbeitsgruppe sicher: Die verbotenen Stoffe werden technisch nachproduziert. Ein solches Ungleichgewicht der Hemisphären sei durch natürliche Prozesse wie einen langsameren Abbau nicht zu erklären. Es war aber typisch für die Zeit vor dem Abkommen – die meisten Industrieländer und damit der Schwerpunkt der Produktion lagen damals auf der Nordhalbkugel.
Letzteres ist nach den Analysen von Montzka und seiner Gruppe auch heute der Fall. Demnach liegt die Quelle nördlich des Äquators und vermutlich in Ostasien. Zu diesem Schluss kommt das Team anhand von Konzentrationsmessungen auf dem Gipfel des Mauna Loa auf Hawaii; dort zeige sich ein deutliches Zusammentreffen von höheren FCKW-Werten und Spurenstoffzusammensetzungen, die für asiatische Emissionen typisch sind.
Die Spur weiter zu verfolgen, wird allerdings heikel – denn die Produktion der mutmaßlich etwa 13 000 Tonnen CFC-11 ist illegal, das betreffende Land wäre vertragsbrüchig und müsste mit Sanktionen rechnen. Entsprechend riskiert man mit einer solchen Untersuchung erhebliche diplomatische Verwicklungen, zumal derzeit nicht klar ist, wie man die Quelle der Emissionen überhaupt lokalisieren kann. Doch handelt man nicht, droht womöglich ein Schneeballeffekt: Mit den FCKW lässt sich Geld verdienen – und wenn erst einmal einer damit durchkommt, werden andere nachziehen.
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