Hormonähnliche Verbindungen: Verweiblichung entmännlicht nicht jeden
Östrogenartige, wie Hormone wirkende Chemikalien gelangen heutzutage in beträchtlichen Mengen in die Umwelt und beeinflussen das Geschlechterverhältnis bei vielen Wassertieren. So weiß man seit geraumer Zeit, dass Fische ihr Geschlecht ändern, wenn sie geringen Konzentrationen dieser Stoffe ausgesetzt sind. Bei Krustentieren wie Krebsen oder Wasserflöhen ist das jedoch nicht so einfach – sie nämlich verlieren nicht automatisch ihre Männlichkeit, wenn sie weiblicher werden. Die beteiligten Forscher vermuten, dass die entsprechenden genetischen Schaltkreise sich entkoppelten, weil Krustentiere häufig von Parasiten befallen werden, die ebenfalls männliche Tiere verweiblichen.
Das Team um Alex Ford von der University of Portsmouth untersuchte an Flohkrebsen, wie diese so genannte Intersexualität, ausgelöst durch Parasiten oder hormonähnliche Chemikalien, sich in der Aktivität einer Reihe von Genen niederschlägt. Bei Wirbeltieren ist die so genannte Intersexualität ein strenges Entweder-oder: Im gleichen Maß, wie Gene rund um weibliche Merkmale aktiver werden, sinkt die männliche Genaktivität ab. Bei den Flohkrebsen fanden Ford und seine Kollegen allerdings ein grundsätzlich anderes Muster. Dort ist Geschlecht nicht zwangsläufig ein Nullsummenspiel – die männlichen Gene bleiben trotz Verweiblichung aktiv. Diese Erkenntnisse sollen auch dazu beitragen, die Umweltbelastung durch Stoffe wie Bisphenol A besser zu verstehen und zu überwachen.
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