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News: Viele Augen sehen viel

Zum ersten Mal trafen sich in der Umgebung von Jupiter zwei Raumsonden. Die eine hätte schon längst außer Dienst gestellt werden sollen, die andere befand sich nur auf der Durchreise. Die Forscher nutzten die Gelegenheit und gewannen neue Erkenntnisse über die Magnetosphäre des Riesenplaneten.
Jupiters Magnetosphäre
Eigentlich sollte die seit 1995 um den Jupiter kreisende Raumsonde Galileo schon nach zwei Jahren ausgemustert werden, doch der zählebige Satellit war derart erfolgreich, dass die NASA die Mission mit schönster Regelmäßigkeit verlängert. Dass dies eine kluge Entscheidung war, zeigte sich im Januar 2001, als Galileo Besuch von der Cassini-Huygens-Sonde bekam, die im Schwerefeld des Jupiter Schwung nahm für ihr eigentliches Ziel: den Saturn und dessen Mond Titan.

Die Forscher nutzten die seltene Gelegenheit und richteten darüber hinaus auch noch das Hubble Space Telescope und das Chandra X-ray Observatory auf die Magnetosphäre und die oberen Atmosphärenschichten des Riesenplaneten. Mit grandiosem Erfolg, denn es zeigte sich, wie ähnlich sich Erde und Jupiter sind - und wie unterschiedlich.

Die Magnetosphäre des Jupiter ist mehrere Sonnendurchmesser breit und einige Astronomische Einheiten lang. Seit längerem kennen Forscher bereits die intensiven Emissionen von Radiowellen und die Aurorae im extremen UV-Spektrum, die von Elektronen entlang der polarnahen Magnetfeldlinien hervorgerufen werden. Donald Gurnett von der University of Iowa und seine Mitarbeiter haben nun die simultanen Aufnahmen von Galileo und Cassini-Huygens ausgewertet und beobachteten dabei, dass die Intensität der Radiowellen und der Aurorae nach dem Auftreffen einer solaren Schockwelle auf die Magnetosphäre zunahm [1]. Auch die irdischen Polarlichter sind Folge solcher Sonnenstürme.

Und genau, wie bei der Erde auch, deformiert dieser Sonnenwind auch die Magnetosphäre des Jupiter. Cassini-Huygens hatte sich dem Planeten auf nur 9,6 Millionen Kilometer genähert, und viele Forscher hatten befürchtet, dass die Sonde während ihres kurzen Besuchs die Magnetosphäre ganz verpassen würde. Doch am 9. und 10. Januar 2001 war die Magnetosphäre gerade so groß, dass sie von der Sonde gestreift wurde. Ein Arbeitsgruppe um William Kurth von der University of Iowa konnte anhand der Daten beider Raumsonden zeigen, wie die Magnetosphäre unter der Last des mehr oder minder kräftigen Sonnenwindes komprimierte und expandierte [2].

Der schier unglaublichen Größe der Jupiter-Magnetosphäre wegen - sie ist die kräftigste aller Planeten und somit das größte Objekt im Sonnensystem - sind die physikalischen Prozesse hier mit denen der Erde allerdings kaum vergleichbar. Scott Bolton vom California Institute of Technology und seine Kollegen hatten mit den Instrumenten von Cassini-Huygens die Synchrotronstrahlung des Jupiter beobachtet und waren in der Nähe der Pole auf ungewöhnlich energiereiche Elektronen gestoßen [3]. Immerhin hatte man zuvor schon Elektronen mit Energien von bis zu 20 Megaelektronenvolt entdeckt, dass sie bis zu 50 Megaelektronenvolt erreichen können, hätte niemand gedacht.

Die herkömmlichen Modelle zur Beschleunigung in der Magnetosphäre können dies nicht erklären. Vielleicht, so meint Bolton, werden die Elektronen nach und nach durch Plasmawellen aufgeladen. So bald wird sich dies wohl nicht klären lassen, denn von der Erde ist die Synchrotronstrahlung des Jupiter im thermischen Strahlen des Planeten nicht auszumachen.

Für den Jupiter sind zudem im weiteren Umfeld der Pole kräftige Aurorae im Röntgenspektrum typisch. Bislang nahmen Forscher an, dass sie von Schwefel- und Sauerstoffionen hervorgerufen werden, die aus den inneren Bereichen der Magnetosphäre in die obere Atmosphärenschichten eindringen. Doch das Chandra X-ray Observatory offenbarte den Forschern um Randall Gladstone vom Southwest Research Institute nun, dass die Röntgenstrahlung von einem merkwürdigen hot spot ausgehen, der viel zu nahe an den Polen liegt, als dass Ionen bis hierher vordringen könnten [4]. Die hot spots sind extrem variabel - was es mit ihnen auf sich hat, darüber müssen sich die Forscher erst noch ihre Gedanken machen.

Ein weiterer Gegensatz zu der irdischen Magnetosphäre liegt in der Wechselwirkung der Jupitermonde mit ihrem Planeten. So wechselwirkt beispielsweise das Plasma des vulkanisch überaus aktiven Io mit der Jupiter-Magnetosphäre und lässt intensive Ströme in die Jupiteratmosphäre fließen. Die Folge ist hier ein ortsfester hot spot, der ultraviolette Strahlung aussendet. John Clarke von der University of Michigan und seine Mitarbeiter konnten nun sehen, dass solche hot spots auch infolge der heftigen Wechselwirkungen der Jupitermonde Ganymed und Europa entstehen [5].

Solche Interaktionen haben noch andere Folgen. So berichten Stamatios Krimigis von der Johns Hopkins University und seine Kollegen von einem 1000 Kilometer pro Sekunde schnellen Wind aus neutralen Teilchen - vornehmlich Sauerstoff-, Schwefel-, Schwefeldioxid- und Natrium-Atome -, der bis in eine Entfernung von 0,6 Astronomischen Einheiten vom Jupiter von Cassini-Huygens zu messen war [6]. Vermutlich werden die Ionen von den Vulkanen des Io ausgestoßen und gelangen in die Magnetosphäre des Jupiter. Dort werden sie neutralisiert und verlassen die Magnetosphäre in neutralen Partikelwinden.

Alles in allem zeigen die Arbeiten, dass sich einerseits viele grundlegende Eigenschaften der irdischen Magnetosphäre auf die anderer Planeten übertragen lassen, andererseits aber die Magnetfelder großer Planeten noch viele Überraschungen in sich bergen. Für die Galileo-Mission sind diese Ergebnisse ein weiterer Höhepunkt und der krönende Abschluss. 2003 wird sie in der Atmosphäre des Jupiter ihr Leben beenden. Für Cassini-Huygens geht es dann erst richtig los. Im Juli 2004 wird die Sonde den Saturn erreichen. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse zeigen schon einmal, was von da an von ihr zu erwarten ist.

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