Direkt zum Inhalt

Infektion: Virus bläht Opfer auf 20-fache Größe auf

Epischer Kampf in heißer Quelle: Ein Virus verwandelt sein Opfer in eine wahrhaft gigantische Viren-Fabrik. Doch das wehrt sich mit der »Genschere« CRISPR.
Quellöffnung des Gullfoss-Geysirs in Island. Ein dampfender Tümpel in einem kraterartigen Ring aus braunen Ablagerungen.
Die exotischsten Viren der Welt haben auch einen der bizarrsten Effekte auf ihre Wirtszellen. Eine Arbeitsgruppe um Mart Krupovic vom Institut Pasteur in Paris stellte fest, dass sich der Einzeller Sulfolobus islandicus auf das 20-Fache seines ursprünglichen Durchmessers aufbläht, wenn er mit dem Virus STSV2 infiziert ist. Wie die Arbeitsgruppe in »PNAS« berichtet, unterdrückt STSV2 Teile der Zellteilungsmaschinerie von Sulfolobus, so dass dieser immer weiter wächst. Schließlich hat der Riesen-Einzeller das 8000-Fache seines ursprünglichen Volumens und ist zu einer Mega-Virenfabrik geworden, die permanent die zitronenförmigen STSV2-Virenpartikel ausstößt.

Doch das Opfer kann sich wehren, stellte das Team fest. Und zwar mit Hilfe von CRISPR-Cas. Die infizierte Riesenzelle vermehrt sich weiterhin, indem sie normal große Zellen abspaltet – und sie kann ihrem Nachwuchs ein antivirales Geschenk mitgeben. Die ursprüngliche Funktion der »Genschere« des CRISPR-Cas-Systems ist nämlich, Viruserbgut zu zerschneiden, das in die Zelle eindringt. Dazu muss die Zelle einen Abschnitt des Viruserbguts in der CRISPR-Region ihres Genoms tragen. Besitzt ein Sulfolobus-Stamm das CRISPR-Immunsystem, gibt die infizierte Riesenzelle ihrem normal großen Nachwuchs den Virus-Steckbrief weiter, der dadurch vor der Infektion geschützt ist.

STSV2 ist einer der rätselhaftesten Organismen überhaupt. Schon sein Wirt Sulfolobus islandicus gehört zu den Archaeen, der teilweise bis heute rätselhaften Schwestergruppe der Bakterien, und ist acidophil und hyperthermophil: Er lebt unter den extremen Bedingungen saurer, heißer Quellen bei Temperaturen von etwa 80 Grad Celsius. Die Viren, die diese Organismen befallen, sind noch einmal ein ganzes Stück exotischer. Viele bei den Archaeen entdeckten Virenfamilien haben keinerlei genetische Verbindung zu den Viren von Bakterien und Eukaryoten. Ihre Hüllen haben oft ungewöhnliche Formen – die Viruspartikel von STSV2 sind kurioserweise zitronenförmig –, und ebenso exotisch ist die Auswirkung auf ihre Wirtszelle. Wie Krupovic und sein Team schreiben, fanden sie nur ein anderes Virus, das einen ähnlichen Effekt verursacht.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.