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News: Viren mal positiv

Das Immunschwächevirus HIV beschäftigt Forscher weltweit mit der Suche nach einer Behandlungsmöglichkeit. Doch manchmal kommt die Hilfe aus völlig unerwarteten Ecken. So scheint ein anderes Virus den AIDS-Erreger zumindest einige Zeit in Schach halten zu können. Denn Menschen, die mit beiden Viren infiziert sind, leben länger, und ihre Krankheit zögert sich hinaus.
1995 wurde bei der Suche nach Hepatitisviren ein Vertreter entdeckt, den die Forscher zunächst einmal als Hepatitis-G-Virus bezeichneten – denn er trat bei Menschen mit der Leberentzündung auf, war aber noch unbekannt. Erst nach einiger Zeit stellten die Wissenschaftler erstaunt fest, dass der vermeintliche Erreger meist unschuldig war, sondern nur gelegentlich mit Hepatitis-C-Infektionen einher ging. Das Virus – inzwischen in GB-Virus-C oder GBV-C umbenannt – wird über Blut, Sperma oder von der Mutter auf das Neugeborene und vermutlich auch durch Schmierinfektionen übertragen. Bei einem Drittel der GBV-C-Infizierten lässt sich das Virus dauerhaft im Blut nachweisen, ohne offensichtlich zu einer Erkrankung zu führen.

Doch das war nicht die letzte Überraschung. Bereits 1998 berichteten Forscher um Hans Ludger Tillmann von der Medizinischen Hochschule Hannover über einen Zusammenhang zwischen HIV- und GBV-C-Infektionen. In einer aktuellen Studie an 197 Patienten zeigen sie jetzt, dass Träger von HIV und GBV-C später als andere an AIDS erkranken und danach auch länger überleben [1]. Dies gilt ebenfalls, wenn die HIV-Infektion mit einer hochwirksamen antiviralen Therapie (HAART) behandelt wird. Offenbar gibt es einen umgekehrten Zusammenhang zwischen der Menge von GBV-C im Blut und der HIV-Anzahl: Wird beispielsweise viel GBV-C gemessen, finden sich nur wenig HI-Viren. Hingegen fanden die Forscher keinen Zusammenhang mit den CD4-Zellen des Immunsystems, in denen sich die HI-Viren vermehren. Die HIV-Last und die CD4-Zellzahl stellen wichtige Prognosefaktoren für die HIV-Infektion dar.

Ihre Ergebnisse stimmen weitgehend mit den Resultaten der Arbeitsgruppe um Jack Stapleton von der University of Iowa überein. Auch sie stellten bei 362 HIV-Infizierten fest, dass eine gleichzeitige Infektion mit GBV-C das Sterberisiko innerhalb der zwölf Untersuchungsjahre deutlich verringerte [2]. Die Forscher testeten außerdem die Wirkung der Viren in Zellkulturen. Sie konnten zeigen, dass GBV-C sich genauso in CD4-Zellen vervielfältigen kann wie HIV. Trugen die Zellen beide Erreger in sich, produzierten sie 30 bis 40 Prozent weniger HI-Viren als diejenigen der Kontrollgruppe, die sich nur mit HIV beschäftigen mussten.

In welcher Weise GBV-C den AIDS-Erreger hemmt, ist noch unklar. "Wir wissen nicht, ob GBV-C direkt mit HIV interagiert, oder ob GBV-C zelluläre Proteine wie Interferon oder Immun-Cytokine aktiviert, welche die Zellen gegen das HIV-Wachstum schützen", erklärt Stapleton. Die Ergebnisse wecken jedenfalls Hoffnungen, dass sich hier neue Perspektiven in der Therapie der HIV-Infektion und der AIDS-Erkrankung eröffnen.

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