Riesenvirus aus der Eiszeit: Virus übersteht 30 000 Jahre tiefgekühlt
Französische Forscherinnen vermelden einen Weltrekord: Sie meinen, das bislang älteste infektionsfähige Virus der Welt aus dem Permafrostboden Sibiriens isoliert zu haben. Ihr Fund, ein riesenhaftes Virus der bisher unbekannten Art Pithovirus sibericum, war vor 30 000 Jahren im Permafrostboden eingefroren. Nun taute das Team um Chantal Abergel vom CNRS in Marseille den Uralterreger auf und vermehrte ihn anschließend erfolgreich in Wirtszellen [1]. Ältere Viren als das Pithovirus waren zwar schon im grönländischen Eis gefunden worden, wiedererweckt wurden diese allerdings nie.
Bei dem neuen Eiszeitfund handelt es sich um eine dritte, bis dato unbekannte Form von Riesenviren. Zuvor kannten Virologen zwei recht unterschiedliche Riesenviren: Die Megaviridae (wie das in Fachkreisen berühmte Mimivirus) sowie die Pandoraviren. Beide Formen sind zwar ungewöhnlich groß und besitzen DNA als Erbgut, sie unterscheiden sich aber zum Beispiel in ihrem Vermehrungsmechanismus deutlich: Megaviridae replizieren sich mit einem selbstkodierten Replikationsapparat außerhalb des Zellkerns ihrer Wirtszelle; Pandoraviren müssen sich im Gegensatz dazu in das Erbgut im Kern der Wirtszelle integrieren. Das neue Virus gehört nun zu keiner der beiden Arten: Es ähnelt im Aufbau den Megaviridae, pflanzt sich aber eher wie die Pandoraviren fort.
Sorgt der Klimawandel für Erreger aus dem Eis?
Offenbar, so die Forscherinnen, gebe es "noch eine ganze Menge über die Welt der Viren zu lernen". P. sibericum infiziert einzellige Acanthamöben und ist für Menschen und andere Vielzeller demnach ungefährlich. Die Virologinnen glauben aber, dass im Permafrostboden auch weniger harmlose Erreger lauern und im Zuge des Klimawandels aufgetaut und freigesetzt werden könnten. So wisse man etwa bereits davon, dass in Russland verschiedene Krankheiten wie Tollwut, Hirnhautentzündungen und andere Zoonosen zugenommen haben, nachdem die Erreger in den klimaerwärmungsbedingt auftauenden Böden vermehrt aufgetaucht sind [2]. Dies müsse unbedingt mit weiteren Experimenten überprüft werden, finden Abergel und ihre Kolleginnen.
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