Aviäre Influenza: Vogelgrippe auf dem Vormarsch?
Die Zahl der bekannt gewordenen Infektionen von Wildvögeln mit dem auch für Menschen potenziell gefährlichen H5N1-Virus in Mecklenburg-Vorpommern steigt stetig. Schon wurde der entsprechende Katastrophenalarm auch auf das Festland ausgeweitet, nachdem dort in toten Vögeln der Erreger nachgewiesen wurde. Gleichzeitig wird Kritik am Krisenmanagement der Landesregierung laut, da sie nicht in der Lage scheint, ausreichend Kapazitäten zur Bergung verendeter Vögel zur Verfügung zu stellen. Aus aktuellem Anlass befragte spektrumdirekt daher Wolfgang Fiedler, Leiter der Vogelwarte Radolfzell, zur Situation auf Rügen.
spektrumdirekt: Hat das Max-Planck-Institut für Ornithologie bereits eine Theorie, wie das H5N1-Virus nach Rügen gelangt sein könnte: durch Zugvögel oder als Mutation aus anderen Vogelgrippe-Viren?
Wolfgang Fiedler: Die Mutation kann man ausschließen. Das Virus hat große Ähnlichkeit mit demjenigen vom Quinghai-See in China (an dem im Sommer 2005 tausende Wildvögel verendeten, Anm. d. Redaktion), das auch – soweit das so genau untersucht wurde – an zahlreichen anderen Wildvogel-Ausbrüchen wie am Schwarzmeer oder Südwestsibirien beteiligt war. Der Antransport durch Zugvögel ist wahrscheinlicher, auch wenn wir bisher keine "verdächtige" Art haben, die schon so früh im Jahr aus bekannten Ausbruchsgebieten nach Rügen geflogen wäre. Das wirft eine ganze Reihe weiterer Fragen auf.
spektrumdirekt: Die Behörden sprechen von einer Ausweitung der Krise, weil sie nun in mehr als 80 Tieren das Virus gefunden haben. Inwiefern ist dies tatsächlich eine Ausweitung, oder wurden nun einfach mehr tote Tiere untersucht, die zum Teil ja schon seit Wochen verendet auf dem Eis lagen?
Fiedler: Das ist mir leider nicht bekannt. Aus den Fernsehbildern und -berichten ist zu schließen, dass beides zutrifft. Es gab wohl auch gerade erst sterbende Tiere.
spektrumdirekt: Nach Angaben des ZDF liegen wohl mehrere tausend tote Vögel rund um die Halbinsel Bug. Haben Sie dazu nähere Angaben? Muss man nun mit einem Massensterben von Wildvögeln rechnen?
Fiedler: Zunächst einmal ist um diese Jahreszeit immer mit hoher Sterblichkeit bei Wildvögeln zu rechnen. Andererseits kann so etwas auch im Zusammenhang mit der Vogelgrippe stehen – solche Bilder wurden auch von anderen Ausbruchsgebieten beschrieben, wobei aber immer nur Stichproben der toten Vögel im Prozent- oder Promillebereich wirklich auf das Virus getestet wurden. Was genau auf Bug los ist, ist mir nicht bekannt.
spektrumdirekt: Das Virus wurde nun auch auf dem Festland gefunden. Wissen Sie, ob es sich dabei um "frische" Fälle handelt oder ob die Tiere auch schon länger tot waren?
Fiedler: Diese Fälle waren nach meinem Kenntnisstand frisch, aber die Tiere ebenfalls schon tot.
spektrumdirekt: Bislang betraf H5N1 vornehmlich Wassergeflügel. Könnten sich der Bussard und die Möwe auf dem Festland über den Verzehr infizierter Kadaver angesteckt haben? Und was bedeutet das für die weitere Verbreitung der Krankheit?
Fiedler: Genau das nehme ich an. Auf diese Möglichkeit haben wir bereits seit Oktober hingewiesen. Natürlich erhöht sich damit das Riskio der regionalen Ausbreitung mit jedem Tag, den Kadaver länger exponiert sind und nicht weggeräumt werden. Ich persönlich denke, dass das Wegräumen der verdächtigen Kadaver absoluten Vorrang haben muss vor allen Fahrzeug-Dekontaminationen oder sonstigen Aktivitäten, die wir gerade von Rügen sehen.
spektrumdirekt: Bislang konnte meines Wissens noch kein H5N1 in lebenden Wildvögeln nachgewiesen werden, ohne dass die Tiere nicht schon sterbenskrank waren. Gilt dies immer noch und wenn nein, was bedeutet das für die Entwicklung des Virus?
Fiedler: Für Wildvögel in Freiheit gilt das nach wie vor. Durch künstliche Infektion mit H5N1-Viren, die offenbar eine leicht abgeschwächte Pathogenität hatten, war es möglich, im Labor Vögel – vor allem Enten, Möwen und Sperlinge – mit schwachen Symptomen hervorzubringen. Das heißt, ein solcher Vogel, der als Verbreiter des Virus in Frage kommt, wurde im Freiland trotz allen Monitorings nie gefunden. Es können also nicht die Massen infizierter Vögel sein, die über uns hereinbrechen, sondern einzelne Virenträger. Das erklärt auch die punktuellen Ausbruchsmuster.
spektrumdirekt: Sind irgendwelche Wildvögel durch das Virus nun akut in ihrem Bestand bedroht?
Fiedler: Bisher nicht, aber signifikante Bestandseinbrüche gab es bei der Streifengans, und dasselbe könnte bei Rothalsgans und Seeadler passieren. Akute Hinweise darauf haben wir aber noch nicht.
Wolfgang Fiedler: Die Mutation kann man ausschließen. Das Virus hat große Ähnlichkeit mit demjenigen vom Quinghai-See in China (an dem im Sommer 2005 tausende Wildvögel verendeten, Anm. d. Redaktion), das auch – soweit das so genau untersucht wurde – an zahlreichen anderen Wildvogel-Ausbrüchen wie am Schwarzmeer oder Südwestsibirien beteiligt war. Der Antransport durch Zugvögel ist wahrscheinlicher, auch wenn wir bisher keine "verdächtige" Art haben, die schon so früh im Jahr aus bekannten Ausbruchsgebieten nach Rügen geflogen wäre. Das wirft eine ganze Reihe weiterer Fragen auf.
spektrumdirekt: Die Behörden sprechen von einer Ausweitung der Krise, weil sie nun in mehr als 80 Tieren das Virus gefunden haben. Inwiefern ist dies tatsächlich eine Ausweitung, oder wurden nun einfach mehr tote Tiere untersucht, die zum Teil ja schon seit Wochen verendet auf dem Eis lagen?
Fiedler: Das ist mir leider nicht bekannt. Aus den Fernsehbildern und -berichten ist zu schließen, dass beides zutrifft. Es gab wohl auch gerade erst sterbende Tiere.
spektrumdirekt: Nach Angaben des ZDF liegen wohl mehrere tausend tote Vögel rund um die Halbinsel Bug. Haben Sie dazu nähere Angaben? Muss man nun mit einem Massensterben von Wildvögeln rechnen?
Fiedler: Zunächst einmal ist um diese Jahreszeit immer mit hoher Sterblichkeit bei Wildvögeln zu rechnen. Andererseits kann so etwas auch im Zusammenhang mit der Vogelgrippe stehen – solche Bilder wurden auch von anderen Ausbruchsgebieten beschrieben, wobei aber immer nur Stichproben der toten Vögel im Prozent- oder Promillebereich wirklich auf das Virus getestet wurden. Was genau auf Bug los ist, ist mir nicht bekannt.
spektrumdirekt: Das Virus wurde nun auch auf dem Festland gefunden. Wissen Sie, ob es sich dabei um "frische" Fälle handelt oder ob die Tiere auch schon länger tot waren?
Fiedler: Diese Fälle waren nach meinem Kenntnisstand frisch, aber die Tiere ebenfalls schon tot.
spektrumdirekt: Bislang betraf H5N1 vornehmlich Wassergeflügel. Könnten sich der Bussard und die Möwe auf dem Festland über den Verzehr infizierter Kadaver angesteckt haben? Und was bedeutet das für die weitere Verbreitung der Krankheit?
Fiedler: Genau das nehme ich an. Auf diese Möglichkeit haben wir bereits seit Oktober hingewiesen. Natürlich erhöht sich damit das Riskio der regionalen Ausbreitung mit jedem Tag, den Kadaver länger exponiert sind und nicht weggeräumt werden. Ich persönlich denke, dass das Wegräumen der verdächtigen Kadaver absoluten Vorrang haben muss vor allen Fahrzeug-Dekontaminationen oder sonstigen Aktivitäten, die wir gerade von Rügen sehen.
spektrumdirekt: Bislang konnte meines Wissens noch kein H5N1 in lebenden Wildvögeln nachgewiesen werden, ohne dass die Tiere nicht schon sterbenskrank waren. Gilt dies immer noch und wenn nein, was bedeutet das für die Entwicklung des Virus?
Fiedler: Für Wildvögel in Freiheit gilt das nach wie vor. Durch künstliche Infektion mit H5N1-Viren, die offenbar eine leicht abgeschwächte Pathogenität hatten, war es möglich, im Labor Vögel – vor allem Enten, Möwen und Sperlinge – mit schwachen Symptomen hervorzubringen. Das heißt, ein solcher Vogel, der als Verbreiter des Virus in Frage kommt, wurde im Freiland trotz allen Monitorings nie gefunden. Es können also nicht die Massen infizierter Vögel sein, die über uns hereinbrechen, sondern einzelne Virenträger. Das erklärt auch die punktuellen Ausbruchsmuster.
spektrumdirekt: Sind irgendwelche Wildvögel durch das Virus nun akut in ihrem Bestand bedroht?
Fiedler: Bisher nicht, aber signifikante Bestandseinbrüche gab es bei der Streifengans, und dasselbe könnte bei Rothalsgans und Seeadler passieren. Akute Hinweise darauf haben wir aber noch nicht.
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