Polymorphismus: Vom Vorteil des Andersseins
Männliche Guppys tun gut daran, sich farblich ein wenig von der Masse abzugrenzen. Denn wer auffällt, lebt auch länger. Anders zu sein, so scheint es, ist für Guppys die beste Strategie zur Vermeidung von Todesursache Nummer Eins: dem vorzeitigen Ende im Magen eines Fressfeindes.
Blaue, grüne oder violette Streifen, dazu einige bunte Flecken auf Körper, Schwanz- und Rückenflosse in unterschiedlicher Größe und Sättigung – die Farbgebung männlicher Guppys ist erheblich vielgestaltiger als die Inneneinrichtung der meisten Aquarien, in denen sie ihr Leben fristen. Der zu großen Teilen genetisch bedingte Polymorphismus des Poecilia reticulata dient jedoch nicht allein der Freude des Fischbesitzers – in der freien Wildbahn beeinflusst die Färbung eines Guppys zentrale Aspekte seines Lebens. So bevorzugen die eher unscheinbaren, da farblosen Weibchen der etwa drei Zentimeter großen Tiere insbesondere diejenigen Artgenossen als zukünftigen Partner, welche einen besonders eindrucksvollen organgenen Farbton aufweisen können. Wer von der Natur nur wenig mit Orange ausgestattet wurde, muss darum jedoch nicht verzagen: eine spezielle Diät trägt dazu bei, den begehrten Farbton ein wenig aufzupolieren.
Die Wissenschaftler suchten sich in drei verschiedenen Flussläufen in Trinidad knapp zwanzig seichte und gut einsehbare Becken, in denen sowohl Guppys als auch Riesenbachlinge (Rivulus hartii) und Hechtbuntbarsche (Crenicichla alta) vorkamen. Dort fingen sie dann alle dort lebenden Guppys, markierten die Männchen, fotografierten sie und sortierten sie nach Farbgebung. Anschließend setzten die Forscher in jeden der Lebensräume wieder die gleiche Zahl an Fischen aus. Während die Weibchen wieder in ihr Heimatbecken konnten, wurden die Männchen jedoch innerhalb ihres Flusslaufes umorientiert, sodass jeweils nur zwei unterschiedliche Phänotyp-Gruppen pro Becken vorkamen – im Verhältnis 1 zu 3.
Um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, wurden die unterschiedlichen Phänotypen in den verschiedenen Becken jeweils unterschiedlich sortiert, sodass jeder Phänotyp in jeweils der Hälfte der Becken einmal in der Überzahl, einmal jedoch in der Minderheit war. Dann wurden die Fische ihrem üblichen Leben überlassen. Nach 15 bis 17 Tagen sammelten Hughes und ihre Kollegen die Probanden wieder ein, fotografierten, sortierten und zählten sie. Im Laufe von vier Jahren markierten die Wissenschaftler auf diese Weise 459 männliche Guppys. Beim neuerlichen Einfangen gingen nur 312 der Fische wieder ins Netz. Da die Forscher Migrationen im Flusslauf mit Hilfe von Nylonnetzen erschwert hatten, waren die über hundert Vermissten in der Zwischenzeit vermutlich feindlichen Fressattacken zum Opfer gefallen.
Ein Blick auf die Fotos der Überlebenden offenbarte nun allerdings Erstaunliches: Gerade die in ihren jeweiligen Becken seltenen Phänotypen hatten die gefährliche Wildbahn am besten gemeistert – sie waren beim zweiten Fang prozentual häufiger vertreten als ihre Artgenossen aus der großen Phänotyp-Gruppe. In zwei Flussläufen konnten gar alle seltenen Exemplare wieder eingefangen werden. Von ihren zwei Wochen zuvor in einer Vielzahl vorhandenen Kollegen hingegen wurden nur etwa sechzig Prozent wieder gesichtet.
Die selteneren Exemplare überlebten womöglich, weil sie anders waren: Es sei durchaus möglich, so Hughes und ihre Kollegen, dass Riesenbachlinge und Hechtbuntbarsche ihre Jagd nach bestimmten visuellen Mustern ausrichten – wer diesen nicht entspricht, hat größere Chancen, davonzukommen. Eine andere Hypothese der Forscher lautet, dass die Guppy-Minderheit ihr Verhalten geändert habe und so vielleicht den Fängen ihrer Jäger entwischen konnten. Womöglich ist die zweite Hypothese sogar wahrscheinlicher als die erste: Da sich weibliche Guppys nicht nur von leuchtendem Orange, sondern auch von seltenen Farbmustern betören lassen, war die Phänotypen-Minderheit womöglich schlichtweg zu beschäftigt, um sich fressen zu lassen.
Allzu sehr sollten die Männchen das Orange und ihre anderen Farben jedoch auch nicht leuchten lassen: Den natürlichen Fressfeinden wie etwa dem Hechtbuntbarsch oder dem Riesenbachling läuft bei sehr intensiven und auffälligen Färbungen ihrer Beute schnell das Wasser im Munde zusammen. Dennoch haben die auffälligsten, da in ihrer Färbung seltensten Fische in der freien Wildbahn einen eindeutigen Vorteil, entdeckten Kimberly Hughes von der Universität von Illinois und ihre Kollegen aus verschiedenen US-amerikanischen und einem kanadischen Forschungsinstitut in einer mehrjährigen Studie.
Die Wissenschaftler suchten sich in drei verschiedenen Flussläufen in Trinidad knapp zwanzig seichte und gut einsehbare Becken, in denen sowohl Guppys als auch Riesenbachlinge (Rivulus hartii) und Hechtbuntbarsche (Crenicichla alta) vorkamen. Dort fingen sie dann alle dort lebenden Guppys, markierten die Männchen, fotografierten sie und sortierten sie nach Farbgebung. Anschließend setzten die Forscher in jeden der Lebensräume wieder die gleiche Zahl an Fischen aus. Während die Weibchen wieder in ihr Heimatbecken konnten, wurden die Männchen jedoch innerhalb ihres Flusslaufes umorientiert, sodass jeweils nur zwei unterschiedliche Phänotyp-Gruppen pro Becken vorkamen – im Verhältnis 1 zu 3.
Um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, wurden die unterschiedlichen Phänotypen in den verschiedenen Becken jeweils unterschiedlich sortiert, sodass jeder Phänotyp in jeweils der Hälfte der Becken einmal in der Überzahl, einmal jedoch in der Minderheit war. Dann wurden die Fische ihrem üblichen Leben überlassen. Nach 15 bis 17 Tagen sammelten Hughes und ihre Kollegen die Probanden wieder ein, fotografierten, sortierten und zählten sie. Im Laufe von vier Jahren markierten die Wissenschaftler auf diese Weise 459 männliche Guppys. Beim neuerlichen Einfangen gingen nur 312 der Fische wieder ins Netz. Da die Forscher Migrationen im Flusslauf mit Hilfe von Nylonnetzen erschwert hatten, waren die über hundert Vermissten in der Zwischenzeit vermutlich feindlichen Fressattacken zum Opfer gefallen.
Ein Blick auf die Fotos der Überlebenden offenbarte nun allerdings Erstaunliches: Gerade die in ihren jeweiligen Becken seltenen Phänotypen hatten die gefährliche Wildbahn am besten gemeistert – sie waren beim zweiten Fang prozentual häufiger vertreten als ihre Artgenossen aus der großen Phänotyp-Gruppe. In zwei Flussläufen konnten gar alle seltenen Exemplare wieder eingefangen werden. Von ihren zwei Wochen zuvor in einer Vielzahl vorhandenen Kollegen hingegen wurden nur etwa sechzig Prozent wieder gesichtet.
Die selteneren Exemplare überlebten womöglich, weil sie anders waren: Es sei durchaus möglich, so Hughes und ihre Kollegen, dass Riesenbachlinge und Hechtbuntbarsche ihre Jagd nach bestimmten visuellen Mustern ausrichten – wer diesen nicht entspricht, hat größere Chancen, davonzukommen. Eine andere Hypothese der Forscher lautet, dass die Guppy-Minderheit ihr Verhalten geändert habe und so vielleicht den Fängen ihrer Jäger entwischen konnten. Womöglich ist die zweite Hypothese sogar wahrscheinlicher als die erste: Da sich weibliche Guppys nicht nur von leuchtendem Orange, sondern auch von seltenen Farbmustern betören lassen, war die Phänotypen-Minderheit womöglich schlichtweg zu beschäftigt, um sich fressen zu lassen.
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