News: Warum das Lesen so schwer fällt
Die Wörter der gesprochenen Sprache setzen sich aus Einzellauten, den Phonemen, zusammen. Beim Hörvorgang verbindet das Gehirn diese Laute automatisch wieder zu Worten – ein Prozeß, der in normalen Gesprächen acht bis zehnmal in der Sekunde abläuft. Dyslektiker haben Schwierigkeiten, den Vorgang auf gedruckten Text zu übertragen. In der englischen Sprache stehen die 26 Buchstaben des Alphabets alleine oder in Kombination für die 44 Phoneme des gesprochenen Englisch. Dyslektiker vermögen keine rechte Verbindung zwischen den Buchstaben, den Lauten und den Wörtern herzustellen.
Sally E. Shaywitz von der Yale University hat mit ihre Kollegen 29 dyslektische und 32 normale Leser untersucht. Sie legte den Probanden immer schwierigere Aufgaben vor und verfolgte die Hirnaktivitäten während der phonologischen Analyse. Um nicht durch reine Gedächtnisleistungen bei bekannten Wörtern getäuscht zu werden, ließ sie auch unsinnige Wörter, die sich reimen, – wie "lete" und "jeat" – lesen.
Während der Aufgaben war bei Dyslektikern ein großer Bereich im hinteren Teil des Gehirns weniger aktiv als bei der Kontrollgruppe. Diese Region verbindet die Sehrinde mit den Teilen, die für die Sprache zuständig sind (superior temporal gyrus, Wernikes Region). Dagegen war im vorderen Abschnitt eine erhöhte Aktivität zu verzeichnen. Dieser als Brocas Region bekannte Teil wird mit der gesprochenen Sprache in Zusammenhang gebracht. Bei den Kontrollpersonen stieg die Aktivität hier nicht an. Shaywitz vermutet, daß Dyslektiker versuchen, ihre Störung in einem Teil des Gehirns durch Leistungen eines anderen Gebietes auszugleichen.
Die Ergebnisse bestätigen frühere Resultate zur Alexie, einer erworbenen Lesestörung, die durch Tumore, Verletzungen oder Schlaganfall hervorgerufen wird.
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