Wetter: Warum der Winter bisher so trüb und mild ist
Vielerorts blühen zum Leidwesen der Allergiker bereits die Haseln, die Erlen stehen in den Startlöchern. Schneeglöckchen zeigen ihre Blüten, Krokusse, Tulpen und andere Frühlingsboten sind deutlich weiter als in vielen anderen Jahren. Kurz: Der Winter 2017/18 ist bundesweit viel zu mild – dieser Januar könnte sogar als der wärmste seit Beginn moderner Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert in die Wettergeschichte eingehen. Im Süden und Südwesten liegen die bisherigen Temperaturen zwischen zwei und mehr als vier Grad Celsius über dem langjährigen Mittel, im Norden und Osten beträgt die Abweichung immerhin noch zwischen etwas mehr als einem und über zwei Grad Celsius. Gleichzeitig weist der Deutsche Wetterdienst darauf hin, dass die beiden Monate Dezember und Januar zusammen die trübsten Monate mit der geringsten Sonnenscheindauer seit 1951 bilden. Damals begann der Wetterdienst damit, diesen Messwert aufzuzeichnen. Dabei stellen die beiden Monate jeweils einzeln selbst keinen neuen Negativrekord auf: Im Dezember 1993 habe deutschlandweit im Schnitt nur 18,4 Stunden lang die Sonne geschienen, im Dezember 2017 waren es immerhin 27,8 Stunden – im langjährigen Mittel liegt die Sonnenscheindauer jedoch bei 39 Stunden. Besonders trüb fiel auch der Januar 2013 mit nur 22,2 Stunden Sonnenschein auf. Dieser Wert wurde an mehreren Messstationen aber schon überschritten – wenngleich nur knapp. Mancherorts wie am Flughafen Köln-Bonn mit bisher erst 14 Stunden hinkt der Sonnenschein beträchtlich hinterher. Das langjährige Mittel liegt für den Januar bei 44 Sonnenstunden. Selbst der rekordverdächtig trübe Winter 2012/13 werde damit noch unterboten.
Die relativ hohen Temperaturen und die Düsternis hängen allerdings unmittelbar zusammen. Seit Wochen dominieren Wetterlagen, die uns Wolken, Regen und milde Luftmassen bescheren. Dass in Teilen der Mittelgebirge und der Alpen zwischenzeitlich auch rekordverdächtig viel Schnee fiel, steht dazu nicht im Widerspruch. Immer wieder führen Strömungen aus westlichen Richtungen Tiefdruckgebiete heran, die je nach Herkunft etwas kühler oder wärmer sind, uns aber beständig eine dicke Wolkendecke bescheren. Während zweier Witterungsphasen im Dezember und Januar stammten die Tiefs zum Beispiel vornehmlich aus Nordwesten. Sie führten Luftmassen arktischen Ursprungs zu uns, die sich jedoch während ihres Zugs über den immer noch relativ aufgeheizten Atlantik und die Nordsee in ihren unteren Bereichen deutlich erwärmten. Im Flachland fielen die Niederschläge bei knappen Plusgraden meist als Regen. Bis in höhere Lagen reichte der Erwärmungseffekt aber nicht (weshalb Berge wie der Brocken, der Feldberg und die Zugspitze im Dezember sogar kühler als im Mittel waren), so dass es über 1000 bis 1500 Meter kräftig schneite. Zu anderen Zeiten hingegen zogen die Tiefs direkt aus Westen oder sogar Südwesten zu uns; Letztere zapften dabei auch regelmäßig subtropische Luftmassen an, die sich bei ihrem Vorstoß nach Mitteleuropa kaum abkühlten. Dadurch purzelten am Mittwoch (24. Januar) an vielen Wetterstationen sogar langjährige Temperaturrekorde, wie Kachelmannwetter.com meldete: Verbreitet war es 13 oder 14 Grad Celsius warm.
Angetrieben wird die rege Tiefdrucktätigkeit bei uns unter anderem durch eine sehr aktive Wetterküche auf der anderen Seite des Atlantiks – was wiederum mit dem bislang außergewöhnlich kalten Winter an der nordamerikanischen Ostküste zusammenhängt. Immer wieder stößt dort extrem ausgekühlte Luft aus dem kanadischen Norden teilweise bis zum Golf von Mexiko vor. Ein Teil davon trifft dabei über dem Atlantik, in der Labradorsee und vor Neufundland, auf subtropische Luftmassen, die über dem Meer nach Norden vorstoßen. Das sorgt dafür, dass sich im Kontaktbereich ein Tief nach dem anderen bildet, die schließlich nach Osten gen Europa ziehen – und hier trübe, nasse Tage verursachen. Damit sich an dieser Situation etwas ändert, müsste sich die Wetterlage nachhaltig umstellen. Ein kräftiges Hoch könnte uns Sonnenschein bescheren, doch danach sieht es momentan nicht aus, auch wenn am Wochenende leichter Zwischenhocheinfluss auftreten könnte. Prinzipiell naht jedoch für den einigermaßen gesicherten Vorhersagezeitraum weder ein Azorenhoch noch dehnt sich das Hoch über Sibirien bis zu uns aus.
Die zahlreichen kräftigen Tiefs haben zudem die richtig kalte Luft bis weit hinter Moskau abgedrängt, so dass aus dieser Richtung mittelfristig ebenfalls keine "Kältepeitsche" droht. Und auch aus Norden müssen wir erst einmal keinen richtigen Wintereinbruch "befürchten". Im Lauf der nächsten Woche könnte es zwar wieder etwas kälter werden, allerdings strömt die Luft erneut aus Nordwesten ein. Am Wochenende davor ist von sinkenden Temperaturen jedoch noch nichts zu spüren, so der Deutsche Wetterdienst: "Es bleibt bei Südwest- bis Westwind deutlich zu mild für die Jahreszeit. Gebietsweise werden am kommenden Sonntag und Montag erneut Höchsttemperaturen von über 10 Grad Celsius erreicht." Das Schmuddelwetter lässt uns also wenigstens nicht frieren.
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