Direkt zum Inhalt

News: Wasser Mars..

Eine riesige Ebene umspannt die Nordhalbkugel des Mars. Topfeben und von Küstenlinien begrenzt schien hier der schwergewichtigste Beweis für einen einst blauen Planeten zu liegen. Hier musste es einmal einen richtigen Ozean gegeben haben. Aber just die Küstenlinien sind womöglich nicht das, was sie vorgeben zu sein. Vielmehr scheinen die Grate Folge von Stauchungen in der Marskruste zu sein.
Der Streit erinnert an den der Neptunisten und Plutonisten, die sich im 18. Jahrhundert so uneins waren, ob alle Gesteine einst in einem erdumfassenden Meer abgelagert wurden oder durch Vulkane entstanden. Damals fehlte den Forschern - zu ihnen gehörte auch der Neptunist Johann Wolfgang von Goethe - der globale Überblick. Ihre Beobachtungen begrenzten sich in vielen Fällen auf die Umwelt vor ihrer Haustür und Beweise der Gegenseite wurden bisweilen geflissentlich übersehen oder im Sinne des eigenen Konzepts umgedeutet.

Die Marsforscher stehen vor einem ganz ähnlichen Dilemma. Zwar ist der rote Planet bis ins letzte Detail kartiert - viel besser noch als die Erde selbst - doch ein Gestein anzuschlagen, es unter der Lupe zu betrachten oder es chemisch zu analysieren, das bleibt ihnen wohl noch lange Zeit verwehrt. Und so haben sich in der Vergangenheit zwei Gruppen herausgebildet, von denen die eine fest an die ehemalige Existenz flüssigen Wassers glaubt, die andere indes jeden Versuch unternimmt, diese These zu erschüttern.

So findet sich im Norden des Planeten eine riesige Ebene, so groß, wie sie nirgends sonst in unserem Sonnensystem zu finden ist - es sei denn, man leerte die Meere der Erde. Ein ausgetrockneter Ozean? Besser konnte der Beweis für einen einst blauen Planeten Mars nicht ausfallen. Und tatsächlich fanden sich bald auch noch Strukturen, die an Küstenlinien erinnern, wo das Meer anstieg, erodierte, sich zurückzog und so Küstenformen hinterließ, wie sie jeder Strandurlauber kennt.

Als die Viking-Sonden in den 70er Jahren ihre Bilder vom Mars zur Erde funkten, schien die Geschichte bereits perfekt, doch während damals Bildauflösungen von einem Kilometer üblich waren, vermisst das Mars Orbiter Laser Altimeter die Oberfläche derzeit auf einen Meter genau. Und da treten Details zutage, die wohl kaum durch das anbrandende Meer zustande kommen konnten. Zu diesem Schluss kommen jedenfalls Paul Withers vom Lunar and Planetary Laboratory der University of Arizona und Gregory Neumann vom Department of Earth, Atmospheric and Planetary Sciences des Massachusetts Institute of Technology.

Bei der Auswertung von Bildern beiderseits des angeblichen Ozeans fiel ihnen auf, dass einige der Küstenlinien eine ungewöhnliche Struktur besitzen. So finden sich in der Utopia-Region jene charakteristischen, in den Küstenabriss mündenden Strände auf der Meeres-abgewandten Seite. Durch ein vordringendes, erodierendes und schließlich zurückweichendes Meer können diese Strukturen also nicht entstanden sein. Withers und Neumann vermuten deshalb, dass sie tektonischen Ursprungs, also Folge von Stauchungen in der Marskruste sind. Eine genauere Auswertung der linearen Formen mit ihren typisch faltigen Graten lässt nach Meinung der Forscher sogar darauf schließen, dass die vulkanische Tharsis-Region, die Utopia-Impaktstruktur oder der Alba-Patera-Vulkan das Zentrum derlei Spannungen gewesen sind.

Dass sie mit ihrer These das Konzept eines alten Ozeans vollends kippen, glauben Withers und Neumann indes nicht - wollen dies auch nicht. Seine Existenz schließen sie nicht aus, dem Argument der Küstenlinien allerdings nehmen sie mächtig Wind aus den Segeln. So bleibt derzeit der Trost, dass das Ende dieser Streitigkeiten irgendwann einmal zu der gleichen Erkenntnis führt, die schließlich auch die Neptunisten und Plutonisten ereilte. Zwar hatten die Plutonisten mit ihren Basalten letztendlich Recht bekommen, doch aus Unkenntnis erdgeschichtlicher Zusammenhänge wollten sie den Ursprung aller Gesteine erklären, nicht aber einzelner, die großenteils sedimentärer Herkunft sind. Und so bedarf es wohl weiterer Mars-Missionen, um vielleicht endgültig zu beweisen, dass es auf dem Mars doch einst Wasser gab - Tektonik hin oder her.

  • Quellen
Nature 410:651 (2001)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.