Kulinarisches Labor: Eine Harmonie von Wein und Käse
In Feinschmeckerkreisen fragt man sich schon länger, wie Käse den Geschmack des Weins verändert und andersherum. Manche sagen, Wein und Käse sollten aus derselben Region kommen. Doch Kochen ist eine Kunst, und für Künstler sind Regeln dazu da, gebrochen zu werden.
Dennoch gibt es einige physiologische Grundlagen. Zum Beispiel verbinden sich die Proteine einiger Speisen mit den Gerbstoffen eines adstringierenden Weins, also einer Sorte, bei deren Genuss sich die Gefäße zusammenziehen. Die Proteine im Käse etwa können so verhindern, dass sich die Gerbstoffe mit den Speichelproteinen verbinden und ein unangenehmes, raues Gefühl im Mund erzeugen.
Serie »Kulinarisches Labor«
Ein Glas Wein schmeckt am besten mit einem Stück Käse. Aber warum eigentlich? Wieso wirkt Tee entgiftend? Und wie werden Kekse richtig schön krümelig? Der Chemiker Hervé This, Experte für molekulare Gastronomie, plaudert aus dem Kochtöpfchen.
- Eine Harmonie von Wein und Käse
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Aus dem Innenleben einer Flasche
Um mehr darüber herauszufinden, hat ein Team um Pascal Schlich die Geschmacksempfindungen mit einer eigenen Analysemethode untersucht, die er selbst am Centre des Sciences du Goût et de l’Alimentation (einem Zentrum für die Wissenschaft des Geschmacks und der Ernährung) in Dijon entwickelt hat. Bei diesem Verfahren werden auf einem Computerbildschirm Geschmacksempfindungen aufgelistet, und die Probanden können während der Verkostung immer wieder das gerade vorherrschende Empfinden sowie ein Gesamturteil über den Geschmack angeben. Nach einer ausreichenden Zahl von Verkostungen kann man auf diese Weise die Gesetze ermitteln, die den Geschmack von Speisen und Getränken bestimmen. Im vorliegenden Fall nutzten sie die Methode nun, um das geschmackliche Zusammenspiel von Käse und Wein zu erforschen.
Die Forschungsgruppe wählte vier Weine aus – Pacherenc, Sancerre, roter Burgunder und roter Madiran – und kombinierte sie mit vier Käsesorten: Comté, Crottin de Chavignol, Époisse und Roquefort. Bei den Versuchspersonen handelte es sich um 13 Männer und 18 Frauen, die schon an ähnlichen Untersuchungen teilgenommen hatten. Natürlich waren die Temperatur und Helligkeit des Raums, die Größe der Portionen und weitere Parameter der Verkostung genauestens geregelt, denn der Geschmack von Käse und Wein können sich schnell verändern.
Die Verkostung lief in mehreren Schritten ab: zunächst eine Bewertung jedes Weins allein nach dem ersten, zweiten und dritten Schluck. Im nächsten Schritt: eine Bewertung nach dem ersten Schluck, dann nach dem Verzehr von einem Stück Käse, erneut nach dem nächsten Schluck Wein und dann wieder dieselbe Käse-Wein-Abfolge. Alle Käse- und Weinsorten wurden mehrfach miteinander kombiniert und verkostet. Als Eigenschaften standen zur Wahl: bitter, sauer, weich, adstringierend, alkoholisch, holzig, blumig, geröstet, Honig, gelbe Früchte, zitrusartig, würzig, rote Früchte, pflanzlich. Außerdem sollten die Probanden angeben, wie gut ihnen der Wein schmeckte.
Der Madiran schmeckte weniger bitter und säuerlich, der Pacherenc weniger süß, und der Sancerre blieb länger würzig und mundete am besten mit einem ComtéPascal Schlich, Statistiker
Es zeigte sich, dass die Verbindung mit bestimmten Käsesorten den weichen oder sauren Geschmack des Weins verlängerten. Genauer: Der Comté kombiniert mit dem Pacherenc verstärkte dessen alkoholische Eigenschaften, der Roquefort verlängerte den bitteren Geschmack, und der Époisse hob die Zitrusnote hervor. Am meisten profitierte der Madiran von einer Partnerschaft: Der Käse minderte das säuerliche Empfinden und das raue Mundgefühl (die Adstringenz), das sich nach mehreren Schlucken dieses Weins einstellte, und verlängerte zugleich den Geschmack roter Früchte.
Die untersuchten Personen bekundeten eine Vorliebe für Weine, die sie weniger herb und bitter fanden: Beide Eigenschaften wurden ebenso wie ein säuerlicher Geschmack negativ bewertet. Die beste Nachricht: Keine der getesteten Käsesorten störte den Genuss des Weins.
Das Rezept
- 200 Milliliter Gewürztraminer zum Kochen bringen, um den Alkohol zu verdampfen
- Die Flamme herunterdrehen und drei Crottins de Chavignol (Bällchen Ziegenkäse) dazugeben
- Den Topf auf Eiswürfel stellen und mit dem Schneebesen rühren, bis der Inhalt die Konsistenz von Schlagsahne erreicht, dann kalt stellen
- In einem weiteren Topf ganze Schalotten (Edelzwiebeln) in reichlich Zuckerwasser bei schwacher Hitze kochen, bis die Schalotten sehr weich sind
- Die Schalotten herausschöpfen und für eine andere Speise aufheben
- Die Flüssigkeit weiterkochen, bis die Blasen eine gelbliche Farbe annehmen, wie Karamell bei der Erhitzung von Zucker
- Die Crottin-de-Chavignol-Sahne und das Karamell mit gerösteten dünnen Brotscheiben servieren, dazu ein Glas Gewürztraminer reichen
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