Umweltschutz: Weltrekord im Verschmutzen
Extreme Maßnahmen hat die Volksrepublik China ergriffen, um die Umweltbelastung während der olympischen Sommerspiele für Sportler und Zuschauer zu verringern. Der Fortschritt wird nicht von langer Dauer sein, vermuten Experten - zumal die Umweltprobleme im Rest des Landes enorm sind.
"Wir werden nicht aus Angst vor dem Ersticken das Essen aufgeben, nicht aus Angst vor Verunreinigung der Umwelt darauf verzichten, unsere Industrie zu entwickeln", verkündete China auf der Umweltkonferenz der Vereinten Nationen in Stockholm. Das war 1972. Inzwischen hat die Regierung ihre Haltung geändert. Der Fünfjahresplan von 2006 benennt erstmals konkrete Ziele zur nachhaltigen Entwicklung und zur Verbesserung der Ressourceneffizienz – denn die Probleme drängen.
Für die Olympiade hat sich die Volksrepublik nun verpflichtet, "grüne Spiele" zu gewährleisten. Rund acht Milliarden Euro hat Peking im Vorfeld investiert – mit einigem Erfolg, wie sogar die Umweltschutzorganisation Greenpeace in einem Bericht Ende Juli bestätigt: "Peking hat die geplanten Umweltziele erreicht und in einigen Bereichen sogar übertroffen. Die Stadt versäumte aber auch einige Gelegenheiten, die ein besseres kurz- und langfristiges Umwelterbe der Olympiade sichergestellt hätten."
Luft zum Schneiden dick
Wie in den meisten chinesischen Großstädten ist die Luftverschmutzung ein großes Problem. Nach Angaben der Weltbank befinden sich 16 der 20 Städte mit der weltweit schlechtesten Luftqualität in China. Zwei Drittel der Bevölkerung in den 642 Städten leben nach Angaben von SEPA in einer Umgebung mit schlechter oder sehr schlechter Luft. Schuld daran haben Kohlekraftwerke und Industrieanlagen ohne Filter, aber auch der wachsende Autoverkehr. Allein in Peking werden täglich 1300 neue Autos zugelassen, landesweit waren es vier Millionen in der ersten Jahreshälfte.
Für klare Sicht und um die Athleten nicht zu gefährden, hat Peking für die Olympiade zahlreiche Fabriken vorübergehend stillgelegt; ein Stahlwerk wurde kurzerhand in eine benachbarte Provinz verlegt. Außerdem dürfen an jedem Tag entweder nur Fahrzeuge mit geradem oder ungeradem Autokennzeichen in der Stadt fahren, im Notfall sogar nur die mit einer bestimmten Endziffer. 300 000 Fahrzeuge mit besonders hohen Emissionen haben seit Juli ein totales Fahrverbot. Inzwischen verzeichnet das Messsystem der Regierung im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gesunkene Feinstaubbelastungen.
Kritiker wie der US-Experte Steven Andrews glauben zwar, dass die Resultate durch die Veränderung der Messpunkte geschönt wurden, sie zweifeln mehrheitlich jedoch nicht am grundsätzlichen Erfolg. Allerdings werden bisher nur chinesische Standards erfüllt, die mit 150 Mikrogramm pro Kubikmeter dreimal so hoch sind wie der Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Zumindest bei Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid unterschreitet Peking aber die WHO-Grenzwerte.
Nicht im Griff hat die Stadt hingegen die Ozonbelastung, die von der geografisch ungünstigen Lage noch einmal verschärft wird. "Wir wollen von Los Angeles lernen", sagte Wang Yuesi von der chinesischen Akademie der Wissenschaften dazu unlängst im Fachmagazin "Science". Das würde bedeuten, Industrie- und Fahrzeug-Emissionen deutlich zu verringern.
Trübes knappes Wasser
Die Umweltprobleme Chinas beschränken sich jedoch nicht auf die Luft. Im Juli machte ein großer Algenteppich vor der Küste Pekings Schlagzeilen: Zehntausende Tonnen haben unzählige Helfer inzwischen entfernt, gerade rechtzeitig für die dort geplanten olympischen Wassersportdisziplinen. Die Regierung betont zudem, dass es ein natürliches Phänomen gewesen sei und keine Folge der Wasserverschmutzung.
Und es ist obendrein knapp. Der Fluss Huanghe erreichte in den 1990er Jahren wiederholt nicht die Küste. Die Ruder- und Kanuwettbewerbe werden daher auf einem Fluss stattfinden, der eigentlich seit vielen Jahren ausgetrocknet ist, weshalb Peking kurzerhand einen 13 Kilometer entfernten Nachbarfluss angezapft hat. Sein Trinkwasser pumpt Peking inzwischen aus über 100 Meter Tiefe nach oben. Doch in 20 Jahren werden die Vorräte erschöpft sein, schätzt die Akademie der Wissenschaften.
Opfer und Täter
Das ist symptomatisch für das gesamte Land. Überall werden Flüsse umgeleitet, weil die ursprünglichen Wasserquellen versiegen – etwa wegen der Gletscherschmelze im Himalaja. Von dort beziehen die meisten Flüsse ihr Wasser, doch durch die Erderwärmung könnte Mitte des Jahrhunderts der letzte Gletscher verschwunden sein. Gleichzeitig verändert der Klimawandel die Wetterverhältnisse, und es wird in vielen Landesteilen trockener: Jedes Jahr wachsen Chinas Wüsten um bis zu 3000 Quadratkilometer, 90 Prozent aller Graslandflächen sind in unterschiedlichem Ausmaß degradiert. Satellitenfotos zufolge sind nur noch knapp neun Prozent des Landes bewaldet.
Am Klimawandel ist China nicht unschuldig. Spätestens im nächsten Jahr wird das Land die USA ablösen und den weltweit größten Ausstoß an Kohlendioxid verursachen. Das niederländische Umweltplanungsbüro sah den Punkt sogar schon 2006 überschritten. Dabei sollte man nicht vergessen, dass der chinesische CO2-Ausstoß pro Kopf mit 3,5 Tonnen pro Jahr immer noch nur ein Drittel von dem eines Westeuropäers beträgt – von den 20 Tonnen eines US-Amerikaner ganz abgesehen.
Zumindest auf nationaler Ebene herrscht in China inzwischen Handlungsbreitschaft: Da Kohlekraftwerke für einen Großteil des Kohlendioxids verantwortlich sind, erklärte Wu Guihui, Vizedirektor des Energiebüros der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission, dass sein Land bis 2020 rund 150 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investieren wolle. Ein vergleichbarer Plan des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung für Deutschland hat im Frühjahr einen politischen Aufschrei ausgelöst.
Schon 2004 gab China dem eigenen Umweltministerium (SEPA) zufolge fast 29 Milliarden Euro für den Umweltschutz aus – 1,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Kosten der Umweltschäden beziffert die selbe Behörde allerdings fast doppelt so hoch. Ihr damaliger Vize-Chef Pan Yue gab im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" Ende 2006 sogar zu, dass realistischere Schätzungen eher bei 8 bis 14 Prozent des Bruttoinlandsproduktes lägen. Das würde bedeuten, dass die Umweltverschmutzung Chinas Wirtschaftswachstum komplett vernichtet.
Für die Olympiade hat sich die Volksrepublik nun verpflichtet, "grüne Spiele" zu gewährleisten. Rund acht Milliarden Euro hat Peking im Vorfeld investiert – mit einigem Erfolg, wie sogar die Umweltschutzorganisation Greenpeace in einem Bericht Ende Juli bestätigt: "Peking hat die geplanten Umweltziele erreicht und in einigen Bereichen sogar übertroffen. Die Stadt versäumte aber auch einige Gelegenheiten, die ein besseres kurz- und langfristiges Umwelterbe der Olympiade sichergestellt hätten."
Luft zum Schneiden dick
Wie in den meisten chinesischen Großstädten ist die Luftverschmutzung ein großes Problem. Nach Angaben der Weltbank befinden sich 16 der 20 Städte mit der weltweit schlechtesten Luftqualität in China. Zwei Drittel der Bevölkerung in den 642 Städten leben nach Angaben von SEPA in einer Umgebung mit schlechter oder sehr schlechter Luft. Schuld daran haben Kohlekraftwerke und Industrieanlagen ohne Filter, aber auch der wachsende Autoverkehr. Allein in Peking werden täglich 1300 neue Autos zugelassen, landesweit waren es vier Millionen in der ersten Jahreshälfte.
Für klare Sicht und um die Athleten nicht zu gefährden, hat Peking für die Olympiade zahlreiche Fabriken vorübergehend stillgelegt; ein Stahlwerk wurde kurzerhand in eine benachbarte Provinz verlegt. Außerdem dürfen an jedem Tag entweder nur Fahrzeuge mit geradem oder ungeradem Autokennzeichen in der Stadt fahren, im Notfall sogar nur die mit einer bestimmten Endziffer. 300 000 Fahrzeuge mit besonders hohen Emissionen haben seit Juli ein totales Fahrverbot. Inzwischen verzeichnet das Messsystem der Regierung im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gesunkene Feinstaubbelastungen.
Kritiker wie der US-Experte Steven Andrews glauben zwar, dass die Resultate durch die Veränderung der Messpunkte geschönt wurden, sie zweifeln mehrheitlich jedoch nicht am grundsätzlichen Erfolg. Allerdings werden bisher nur chinesische Standards erfüllt, die mit 150 Mikrogramm pro Kubikmeter dreimal so hoch sind wie der Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Zumindest bei Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid unterschreitet Peking aber die WHO-Grenzwerte.
Nicht im Griff hat die Stadt hingegen die Ozonbelastung, die von der geografisch ungünstigen Lage noch einmal verschärft wird. "Wir wollen von Los Angeles lernen", sagte Wang Yuesi von der chinesischen Akademie der Wissenschaften dazu unlängst im Fachmagazin "Science". Das würde bedeuten, Industrie- und Fahrzeug-Emissionen deutlich zu verringern.
Trübes knappes Wasser
Die Umweltprobleme Chinas beschränken sich jedoch nicht auf die Luft. Im Juli machte ein großer Algenteppich vor der Küste Pekings Schlagzeilen: Zehntausende Tonnen haben unzählige Helfer inzwischen entfernt, gerade rechtzeitig für die dort geplanten olympischen Wassersportdisziplinen. Die Regierung betont zudem, dass es ein natürliches Phänomen gewesen sei und keine Folge der Wasserverschmutzung.
Was immer die Ursache war: Die Belastung des kostbaren Elixiers ist in China ein reales Problem. Lediglich die Hälfte der städtischem Abwässer werden in Kläranlagen behandelt. In der Provinz Jiangxi stehen zwei Anlagen für 42 Millionen Menschen. Oftmals arbeiten die Klärwerke nicht einmal mit voller Leistung – aus Kostengründen. 2006 bewertete die chinesische Umweltbehörde das Wasser von zwei Dritteln der großen Flusssystem als ungeeignet für menschliche Nutzung. Das gleiche Bild zeichnet SEPA für die großen Seen des Landes. 340 Millionen Menschen haben nach offiziellen Angaben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Und es ist obendrein knapp. Der Fluss Huanghe erreichte in den 1990er Jahren wiederholt nicht die Küste. Die Ruder- und Kanuwettbewerbe werden daher auf einem Fluss stattfinden, der eigentlich seit vielen Jahren ausgetrocknet ist, weshalb Peking kurzerhand einen 13 Kilometer entfernten Nachbarfluss angezapft hat. Sein Trinkwasser pumpt Peking inzwischen aus über 100 Meter Tiefe nach oben. Doch in 20 Jahren werden die Vorräte erschöpft sein, schätzt die Akademie der Wissenschaften.
Opfer und Täter
Das ist symptomatisch für das gesamte Land. Überall werden Flüsse umgeleitet, weil die ursprünglichen Wasserquellen versiegen – etwa wegen der Gletscherschmelze im Himalaja. Von dort beziehen die meisten Flüsse ihr Wasser, doch durch die Erderwärmung könnte Mitte des Jahrhunderts der letzte Gletscher verschwunden sein. Gleichzeitig verändert der Klimawandel die Wetterverhältnisse, und es wird in vielen Landesteilen trockener: Jedes Jahr wachsen Chinas Wüsten um bis zu 3000 Quadratkilometer, 90 Prozent aller Graslandflächen sind in unterschiedlichem Ausmaß degradiert. Satellitenfotos zufolge sind nur noch knapp neun Prozent des Landes bewaldet.
Am Klimawandel ist China nicht unschuldig. Spätestens im nächsten Jahr wird das Land die USA ablösen und den weltweit größten Ausstoß an Kohlendioxid verursachen. Das niederländische Umweltplanungsbüro sah den Punkt sogar schon 2006 überschritten. Dabei sollte man nicht vergessen, dass der chinesische CO2-Ausstoß pro Kopf mit 3,5 Tonnen pro Jahr immer noch nur ein Drittel von dem eines Westeuropäers beträgt – von den 20 Tonnen eines US-Amerikaner ganz abgesehen.
Zumindest auf nationaler Ebene herrscht in China inzwischen Handlungsbreitschaft: Da Kohlekraftwerke für einen Großteil des Kohlendioxids verantwortlich sind, erklärte Wu Guihui, Vizedirektor des Energiebüros der Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission, dass sein Land bis 2020 rund 150 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investieren wolle. Ein vergleichbarer Plan des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung für Deutschland hat im Frühjahr einen politischen Aufschrei ausgelöst.
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