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News: Weniger Virenvariation

Grippe und AIDS, die verschiedenen Hepatitisformen, Maul und Klauenseuche, Hirnhautentzündung und Polio sind sehr unterschiedliche Krankheiten, die aber eines gemeinsam haben: Alle werden durch Viren ausgelöst. Gäbe es gegen Viren so etwas wie ein generelles Abwehrmittel, dann könnte man damit theoretisch mit einem Streich gleich einige der gefährlichsten Krankheiten auf einmal bekämpfen. Der Haken dabei ist allerdings, dass Virus nicht gleich Virus ist. Jetzt aber haben Wissenschaftler überraschend neue Gemeinsamkeiten zwischen eigentlich sehr unterschiedlichen Virentypen gefunden.
Viren sind Schmarotzer: Sie missbrauchen die Ausstattung der von ihnen befallenen Zellen, um sich darin zu vervielfältigen. Selber steuern sie fast nur ihre eigene Erbinformation bei – diese wird in den Eiweiß-Bauapparat der Wirtszellen eingeschleust, abgelesen und umgesetzt. Unterschieden werden verschiedene Virentypen bislang daran, wie ihre Erbinformationen genau aufgebaut sind. Wissenschaftler haben sie in sechs unterschiedliche Klassen eingeteilt, von denen man bislang annahm, dass sie nicht näher miteinander verwandt sind.

Jetzt hat ein Forscherteam der University of Wisconsin überraschende neue Erkenntnisse bei der Untersuchung von Bromoviren gewonnen. Bromoviren, die Hefezellen infizieren, gehören zu einer Klasse von Viren, deren Erbmaterial in einem einzelnen RNA-Strang vorliegt. Diese muss zunächst in ein gegengleiches RNA-Zwischenprodukt übersetzt werden, bevor sie repliziert werden kann. Zu derselben Gruppe gehören auch die Auslöser von Hepatitis C, viele Grippeviren und einige andere wichtige Krankheitserreger.

Die Wissenschaftler um Paul Ahlquist untersuchten die Funktion der Polymerasen 1a und 2a, zweier Proteine, die für die Replikation, also die Vervielfältigung, der Virus-Erbinformationen zuständig sind. Mit Hilfe von Markierungsexperimenten sowie genetischen und biochemischen Techniken zeigten sie, dass die Polymerase 1a kugelförmige Strukturen bildet, in der die Polymerase 2a sowie die Viren-RNA verpackt und gegenüber der übrigen Zelle abgeschottet werden.

Dieser Mechanismus der Bromoviren erinnert sehr an Vorgänge, die vor der Vervielfältigung der Erbinformationen von Retroviren stattfinden. Retroviren, zu denen beispielsweise auch HIV zählt, codieren ihre Erbinformationen zwar ebenfalls in Form einer einzelsträngigen RNA – diese wird aber, anders als bei den Bromoviren und ihren Verwandten, stets zunächst in DNA übersetzt. Ein völlig anderer Vorgang, und man ging daher davon aus, dass beide Virengruppen keinen gemeinsamen Ursprung haben.

Aber auch Retroviren bilden, ganz analog zu den Prozessen bei Bromoviren gezeigt wurde, vor der eigentlichen Erbgutverdopplung eine knospenartige "Capsid"-Struktur, von der die Virus-RNA und ein Vervielfältigungsenzym umhüllt werden. Die Vorgänge in Retroviren und den Bromoviren ähneln sich in mehrfacher Hinsicht: Sie finden innerhalb von zelleigenen Membransystemen statt und werden wohl auch durch ähnliche Signale ausgelöst. Und offenbar zeigen auch doppelsträngige RNA-Viren, eine dritte der sechs bisherigen, unterschiedlichen Virenklassen, ganz ähnliche Mechanismen. Zu den doppelsträngigen RNA-Viren zählen beispielsweise die Rotaviren, die in Entwicklungsländern jährlich etwa eine Million Kinder töten.

Ahlquist und seine Kollegen gehen jetzt davon aus, dass die drei bislang für eigenständig gehaltenen Virenklassen miteinander verwandt sind und einen gemeinsamen Vorfahren haben. Wichtiger noch: Die Gemeinsamkeiten der viralen Vervielfältigungsmaschinerien könnten möglicherweise neue, universale Angriffspunkte für die Bekämpfung der unterschiedlichen Erreger bieten. Denn, sagt Ahlquist, "man muss eine Maschine gut kennen, um zu wissen, an welcher Stelle ein Schlag mit dem Schraubenschlüssel sie am einfachsten zerstört".

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