Artenschutz: Wer süß ist, lebt gefährlich
Sie sind klein, süß und erfreuen sich wachsender Beliebtheit - als Heilmittel, Liebestrank oder auch als Haustier. Kein Wunder, dass Plumploris immer seltener werden. Jetzt soll der Handel mit den akut bedrohten Halbaffen auf der Artenschutzkonferenz in Den Haag verboten werden. Doch ob die Schutzbestimmungen greifen, weiß niemand.
Die putzigen Plumploris muss man einfach gerne haben. Wenn sie so träge im Baum herumhängen und einen mit großen, kullerrunden Augen anschauen, dann möchte man die Tierchen mit dem grau-rötlichen, dichten Fell einfach in den Arm nehmen und knuddeln. "Sie sind wie Teddybärchen", strahlt Ulrike Streicher, die durch ihre Arbeit als Veterinärin in Tierauffangzentren in Vietnam und Kambodscha zur deutschen Plumplori-Koryphäe geworden ist.
Kompletter Unsinn
Und die Händler gehen nicht zimperlich mit ihrer Ware um. Plumploris mögen lieb aussehen, sie haben aber scharfe, spitze Zähnchen, die sie benutzen, um die Panzer von Insekten als ihrer Lieblingsnahrung zu knacken. Die Halbaffen beißen aber auch gerne zu, wenn sie sich angegriffen fühlen – und Streichelattacken werden als Gefahr aufgefasst. Weil sich bissige Ware aber nicht verkauft, ziehen die Händler den Tieren kurzerhand die Zähne.
Alle drei Plumplori-Arten – der Bengalische Plumplori (Nycticebus bengalis), der Zwerglori (Nycticebus pygmaeus) sowie der Sunda-Plumplori (Nycticebus coucang) – sollen diese Woche auf der Konferenz der über 170 Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (Cites) in Den Haag auf Antrag Kambodschas in die höchste Schutzstufe aufgenommen werden, um dem internationalen Handel endgültig einen Riegel vorzuschieben. Zusammen mit der kleinen Schar der internationalen wissenschaftlichen Lori-Experten hat Ulrike Streicher den Antrag der kambodschanischen Regierung mit wissenschaftlichem Material untermauert.
Folgenlose Gesetze
Schutzbestimmungen sind jedoch nicht so leicht umzusetzen. Gerade in asiatischen Ländern – von denen etliche strenge Tierschutzgesetze verabschiedet haben – sieht es mit der Umsetzung von Regeln und Recht in die Praxis etwas anders aus. Das zeigt ein Blick auf die Märkte Malaysias, Indonesiens oder auch Thailands: Auf dem Chatuchak-Markt in Bangkok, der als ein großer Umschlagplatz für den Handel mit bedrohten Tieren gilt, werben Händler in aller Offenheit damit, dass sie einfach jedes gewünschte Reptil besorgen können. Zu wenig Polizei, Korruption und ein ausgeprägtes Unverständnis der meisten Menschen in den südostasiatischen Ländern für den Tierschutz lassen Gesetzen keine Taten folgen.
Zahlungskräftiger Hauptabnehmer für Tiere aller Art bleibt aber China. Es könnte schon etwas dran sein an dem Spruch über die chinesische Esssitten, der in Südostasien kursiert: Chinesen essen alles, was vier Beine hat und kein Tisch ist. Zudem gibt es kaum ein Tier, das nicht in der chinesischen Medizin Verwendung findet. Diese doppelte Bedrohung hat sich durch das Wirtschaftswunder in China verschärft. Hörner der Saiga-Antilope und Knochen von Tigern erfreuen sich pulverisiert als natürliches Viagra bei chinesischen Männern wachsender Beliebtheit; Tiger- und Leopardenfelle gelten als Statussymbol, Elfenbeinschnitzereien als chic.
Hauptabnehmer Europa
Nimmt man Fauna und Flora zusammen, dann steht die Europäische Union auf dem Spitzenplatz der Hitliste der Importeure von Produkten aus exotischen Tieren und Pflanzen. Das schließe den Import von Tropenhölzern, Kaviar, Echsenhäuten sowie lebenden Reptilien ein, heißt es in einer aktuellen Studie von "Traffic", des gemeinsamen Artenschutzprogramms von WWF und der Weltnaturschutzunion IUIC. Auch wenn ein guter Teil des Handels legal sei, stelle er eine ernste Bedrohung für viele Spezies dar, warnt Traffic.
Es gibt aber auch Erfolgsmeldungen: Im November vergangenen Jahres entdeckten thailändische Zollbeamte 200 Krokodile in einem Lkw aus Kambodscha. Die Tiere sollten zu Steaks für Feinschmecker verarbeitet werden. Im Gepäck eines Mannes fanden kurz vor Weihnachten Zollbeamte am Flughafen von Manila ein 50 Zentimeter großes Krokodil. In Südchina brachte die Küstenwache erst vor wenigen Wochen ein Schiff mit 5000 Wildtieren an Bord auf. Und in Malaysia ist es den Behörden in den vergangenen Monaten mehrfach gelungen, Plumploris aus den Käfigen der Händler zu retten.
Wer im Tierreich aber schön und putzig ist, der lebt gefährlich. In seiner Heimat Asien, aber auch in Europa und den USA sind die katzengroßen Plumploris (Nycticebus) wegen ihrer Knuddeligkeit als Haustiere beliebt. Sie werden gejagt, gefangen und auf den Märkten für exotische Tierarten verkauft. In einigen Regionen Asiens wie zum Beispiel in Südchina gibt es vermutlich schon keine Exemplare dieser Primatengattung mehr, die zur Familie der Loris gehört.
Kompletter Unsinn
Und die Händler gehen nicht zimperlich mit ihrer Ware um. Plumploris mögen lieb aussehen, sie haben aber scharfe, spitze Zähnchen, die sie benutzen, um die Panzer von Insekten als ihrer Lieblingsnahrung zu knacken. Die Halbaffen beißen aber auch gerne zu, wenn sie sich angegriffen fühlen – und Streichelattacken werden als Gefahr aufgefasst. Weil sich bissige Ware aber nicht verkauft, ziehen die Händler den Tieren kurzerhand die Zähne.
Plumploris sind aber auch in der traditionellen asiatisch-chinesischen Medizin beliebt. Kein Körperteil, dem nicht eine heilende Zauberkraft zugesprochen wird: Die Augen werden zu einem Liebestrank verarbeitet; das Fleisch soll gegen Epilepsie wirksam sein. Dass aber das Fell der Primaten nicht blutstillend ist, wie in Vietnam geglaubt wird, weiß Streicher ganz genau: "Das ist kompletter Unsinn und beruht auf einem Aberglauben." Es gebe in Vietnam eine Farnart, an deren Blattspitzen Knollen mit feinen Härchen sitzen. "Die werden im Volksmund Lorihaare genannt und sind tatsächlich blutstillend", erklärt Streicher, die als Tierärztin in Vietnam viele Plumploris behandelt hat. "Mit den Plumploris habe das aber nichts zu tun."
Alle drei Plumplori-Arten – der Bengalische Plumplori (Nycticebus bengalis), der Zwerglori (Nycticebus pygmaeus) sowie der Sunda-Plumplori (Nycticebus coucang) – sollen diese Woche auf der Konferenz der über 170 Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (Cites) in Den Haag auf Antrag Kambodschas in die höchste Schutzstufe aufgenommen werden, um dem internationalen Handel endgültig einen Riegel vorzuschieben. Zusammen mit der kleinen Schar der internationalen wissenschaftlichen Lori-Experten hat Ulrike Streicher den Antrag der kambodschanischen Regierung mit wissenschaftlichem Material untermauert.
Wie viele Exemplare der Halbaffen es noch gibt, weiß aber niemand. "Man sieht sie kaum", erläutert Streicher. "Sie leben in Bäumen und sind nachtaktiv." Zudem sind Loris sehr langsame Tiere. "Es ist die List der Loris, nicht gesehen zu werden. Sie jagen Insekten. Die greifen sie mit ihren Händen aus der Luft in einer Schnelligkeit, die man ihren gar nicht zutraut." Auf den asiatischen Tiermärkten werden die wenig erforschten Tiere jedoch immer rarer. "Das deutet daraufhin, dass ihre Zahl auch in freier Wildbahn abgenommen hat", betont Streicher die Dringlichkeit der Lage.
Folgenlose Gesetze
Schutzbestimmungen sind jedoch nicht so leicht umzusetzen. Gerade in asiatischen Ländern – von denen etliche strenge Tierschutzgesetze verabschiedet haben – sieht es mit der Umsetzung von Regeln und Recht in die Praxis etwas anders aus. Das zeigt ein Blick auf die Märkte Malaysias, Indonesiens oder auch Thailands: Auf dem Chatuchak-Markt in Bangkok, der als ein großer Umschlagplatz für den Handel mit bedrohten Tieren gilt, werben Händler in aller Offenheit damit, dass sie einfach jedes gewünschte Reptil besorgen können. Zu wenig Polizei, Korruption und ein ausgeprägtes Unverständnis der meisten Menschen in den südostasiatischen Ländern für den Tierschutz lassen Gesetzen keine Taten folgen.
Die Plumploris teilen ihr Schicksal mit vielen anderen Tieren. Manche sind als Haustiere begehrt, andere dienen medizinischen Zwecken, Häute sowie weitere Körperteile werden für Modezwecke geopfert, und viele exotische Tiere müssen ihres Fleisches wegen sterben. Das "Smaragd-Dreieck", wie die Tourismusbranche das Dreiländereck Laos, Kambodscha und Thailand nennt, hat sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot für "Bushmeat" entwickelt. Vor allem für Touristen aus Asien selbst – wie Thailand – ist ein Urlaub erst dann perfekt, wenn das Fleisch eines Urwaldtieres auf dem Grill brutzelt. Nach Tierschutzorganisationen bringt das Kilo umgerechnet 4,40 Euro – für kambodschanische Soldaten Anreiz genug, auf die Jagd zu gehen statt Dienst an der Grenze zu Thailand zu schieben.
Zahlungskräftiger Hauptabnehmer für Tiere aller Art bleibt aber China. Es könnte schon etwas dran sein an dem Spruch über die chinesische Esssitten, der in Südostasien kursiert: Chinesen essen alles, was vier Beine hat und kein Tisch ist. Zudem gibt es kaum ein Tier, das nicht in der chinesischen Medizin Verwendung findet. Diese doppelte Bedrohung hat sich durch das Wirtschaftswunder in China verschärft. Hörner der Saiga-Antilope und Knochen von Tigern erfreuen sich pulverisiert als natürliches Viagra bei chinesischen Männern wachsender Beliebtheit; Tiger- und Leopardenfelle gelten als Statussymbol, Elfenbeinschnitzereien als chic.
Vor allem aber leiden Schildkröten. Sie sind ein beredtes Beispiel dafür, dass Essen und Medizin in der chinesischen Tradition eine Einheit bilden: Die Tiere gelten nicht nur als besondere Delikatesse. Zudem sind die Chinesen auch davon überzeugt, dass durch den Verzehr der Schildkröten deren Langlebigkeit auf den Menschen übergeht. Der heimische Schildkrötenbestand ist daher inzwischen weit gehend leer gegessen, und die Tiere müssen aus Vietnam, Laos, Malaysia und Indonesien importiert werden. Folge: Auch in diesen Ländern werden bestimmte Schildkrötenspezies rar. Besonders seltene Arten erzielen einen Marktpreis von knapp 1000 Euro pro Kilo.
Hauptabnehmer Europa
Nimmt man Fauna und Flora zusammen, dann steht die Europäische Union auf dem Spitzenplatz der Hitliste der Importeure von Produkten aus exotischen Tieren und Pflanzen. Das schließe den Import von Tropenhölzern, Kaviar, Echsenhäuten sowie lebenden Reptilien ein, heißt es in einer aktuellen Studie von "Traffic", des gemeinsamen Artenschutzprogramms von WWF und der Weltnaturschutzunion IUIC. Auch wenn ein guter Teil des Handels legal sei, stelle er eine ernste Bedrohung für viele Spezies dar, warnt Traffic.
Der legale und illegale Handel mit exotischen Tieren und Pflanzen ist ein Milliardengeschäft. Allein den Wert des legalen Handels in der EU beziffert Traffic für das Jahr 2005 mit 98 Milliarden Euro. Da nimmt es nicht Wunder, dass auch der Schwarzmarkt blüht und ein lohnendes Geschäft für Schmuggler verspricht. In Südostasien gelten Malaysia und Thailand als wesentliche Transitländer für den Schmuggel von Tieren nach China. Aber auch im virtuellen Raum des Internet werden Tiere und Tierprodukte schwunghaft gehandelt. So manches Elfenbeinprodukt zum Beispiel wird auf E-Bay versteigert. Deutschland wird als EU-Ratpräsident auf der Cites-Konferenz Vorschläge zu stärkeren Kontrolle des Handels mit Tierprodukten im Internet einbringen.
Es gibt aber auch Erfolgsmeldungen: Im November vergangenen Jahres entdeckten thailändische Zollbeamte 200 Krokodile in einem Lkw aus Kambodscha. Die Tiere sollten zu Steaks für Feinschmecker verarbeitet werden. Im Gepäck eines Mannes fanden kurz vor Weihnachten Zollbeamte am Flughafen von Manila ein 50 Zentimeter großes Krokodil. In Südchina brachte die Küstenwache erst vor wenigen Wochen ein Schiff mit 5000 Wildtieren an Bord auf. Und in Malaysia ist es den Behörden in den vergangenen Monaten mehrfach gelungen, Plumploris aus den Käfigen der Händler zu retten.
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