Ernährung: Wie stoppt Kaffee Parkinson?
Kaffeetrinker lesen oft Nachrichten über die gesundheitsfördernden Eigenschaften ihres koffeinhaltigen Lieblingsgenussmittels: Es verhindert laut Studien etwa Gedächtnisstörungen von Mäusen mit alzheimerähnlichen Symptomen und soll auch beim Menschen die Leistung des Gehirns im Alter und das Langzeitgedächtnis länger auf Trab halten. Als vergleichsweise gründlich untersucht gilt zudem die Wirkung von Kaffee gegen die Folgen von Morbus Parkinson: Je mehr Kaffee getrunken wird, desto kleiner ist laut Langzeitstudien offenbar das Erkrankungsrisiko. Warum genau, blieb bisher unklar – sicher aber hängt die Wirkung von Kaffee jedenfalls nicht nur am Koffeingehalt, finden nun Forscher nach Untersuchungen mit Versuchsmäusen, die sie in »PNAS« vorstellen.
Die Forscherinnen um die Neurologin Maria Maral Mouradian von der Rutgers Robert Wood Johnson Medical School hatten Nager mit einer parkinsonähnlichen Erkrankung untersucht. Die Schwere der Symptome geht mit der Zahl von so genannten Lewy-Körpern einher, die sich in Hirnneuronen ablagern. Diese für Parkinson typischen Einschlüsse bestehen überwiegend aus dem Protein α-Synuclein – sammeln sie sich an, so sterben die betreffenden Hirnzellen häufig ab.
Bekannt war bereits, dass eine stärkere Phosphorylierung des Proteins die Synuclein-Zusammenballung fördert – und dass sie stoppt und es Mäusen und Parkinsonpatienten besser geht, wenn diese Phosphorylierung gebremst wird. Niedrig dosiertes Koffein kann das nicht bewirken, wie die Wissenschaftlerinnen nun zeigen: Zusätzlich nötig ist das in Kaffee in geringen Mengen enthaltene Molekül Eicosanoyl-5-Hydroxytryptamide (EHT), welches – über Monate hinweg gegeben – die Aktivität eines bestimmten Phosphatase-Enzyms steigert. Dieses, die Phosphatase PP2A, entfernt Phospatgruppen von Synuclein und verhindert dadurch das gehäufte Auftreten der Lewy-Körper im Hirn von Versuchstieren. PP2A war schon als entscheidendes Glied der Krankheit bekannt: Das Enzym arbeitet bei Parkinson weniger effizient als üblich. EHT muss allerdings gemeinsam mit Koffein wirken, so die Forscherinnen weiter: Einer der beiden Kaffeeinhaltsstoffe für sich veränderte die Phosphorylierung von Synuclein nicht.
Die Studie an Mäusen wird nicht unmittelbar zu neuen Medikamenten gegen den bisher nicht heilbaren Morbus Parkinson beim Menschen führen; immerhin wird aber klarer, warum Kaffeetrinker weniger häufig betroffen sein könnten. Beide Substanzen – EHT und Koffein – wirken auf unterschiedliche Arten auf die ohnehin schon als Krankheitssymptom ausgemachten Phosphorylierungsprozesse am Synuclein. Es werden bereits Medikamente entwickelt, die an diesem Punkt des Krankheitsgeschehens eingreifen – und die neuen Ergebnisse unterstreichen, dass dies sinnvoll sein dürfte.
Kaffee enthält je nach Zubereitungsmethode und Röstverfahren mehr oder weniger EHT, das ursprünglich aus der Wachsschicht der Bohnen stammt. Jedes Gebräu ist am Ende allerdings ein sehr komplexes Gemisch aus vielen verschiedenen Inhaltsstoffen, und es ist gut möglich, dass weitere Moleküle mit Koffein und EHT zusammenwirken, vermuten die Wissenschaftler. In chronisch zu hohen Mengen kann Kaffee je nach Physiologie des einzelnen Genießers im Übrigen selbst gesundheitsschädlich werden und etwa das Kreislaufsystem belasten.
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