News: Winter-Wunderland
Das komplexe Zusammenspiel von Klima, Ökosystemen und Treibhausgas-Produzenten zu verstehen, ist schwer genug. Gut, wenn dabei ein paar anerkannt unbelebte Regionen außer acht gelassen werden können. Nur - auch dabei kann man sich irren.
Der Prototyp einer öden, lebensfeindlichen Gegend? Den meisten fallen dazu Assoziationen wie "kalt" und "dunkel" ein – und so etwas wie windgepeitschte, schneebedeckte Tundraregionen, irgendwo gottverlassen hoch oben in Gebirgen und extremen Breitengraden. Der Überlebenskampf der unerschrockenen, trotz allem dort heimischen Flora und Fauna scheint ein stets verzweifelt anmutendendes Auflehnen gegen eine feindliche Umwelt, mit Erfolgsaussichten nur in den kurzen Sonnentagen solcher Regionen: Einem begrenzten, lebensfrohen Zeitfenster, dass allzu bald durch den langen, düsteren Winter geschlossen und unter frischem Schnee begraben wird.
Eine etwas flüchtige Interpretation, beweisen nun Christopher Schadt von der University of Colorado und seine Kollegen. Sie waren Hinweisen nachgegangen, die verräterisch auf verborgen blühendes Leben im Boden winterlicher Tundra hindeuteten: etwa den erstaunlich großen Mengen von Kohlendioxid und anderer Treibhausgase, die dort über den Schneeschichten nachweisbar sind.
Diese Messungen überraschten, hatten Wissenschaftler bei ihren Berechnungen der Stoffkreisläufe des Ökosystems Erde traditionell doch meist jene etwa 40 Prozent Erdoberfläche, die im jeweiligen Winter von Schnee bedeckt sind, schlicht als Atmosphärengas-Senke angesehen. Darin sollte Kohlenstoff sowie Stickstoff eigentlich nur unberührt und unspektakulär über den Winter gespeichert sein.
Was im Tundra-Boden wirklich los ist, untersuchten die Forscher um Schadt nun exemplarisch anhand von sommer- und winterlichen Bodenproben der Rocky-Mountains-Tundra aus knapp 4000 Meter Höhe. Dabei offenbarte sich den Wissenschaftlern eine unerwartete Fülle mikrobiellen Lebens – die ausgerechnet kurz vor dem Ende des langen Winters ihren Biomassen-Höhepunkt erreicht.
Ursache dafür ist eine bislang unbekannte, überraschend vielfältige, winterliche Pilzflora, die unter den Schneeverwehungen wächst und gedeiht. Nur während der kurzen Sommerperiode überlassen die Pilze anderen Mikroben das Feld und verschwinden dann bis zum baldigen nächsten Winterwetter fast vollständig.
Die neuentdeckten Pilze – mit Hilfe von DNA-Analysetechniken identifizierten die Forscher etwa 100 Arten, offenbar auch aus bislang unbeschriebenen taxonomischen Großgruppen – bilden so ein potentes winterliches Ökosystem. Als typische Verwerter verrottender organischer Materie, etwa der Cellulose von Tundra-Gräsern, verwandeln die Pilze im Winter organischen Kohlenstoff in CO2. Zugleich düngen sie den Boden mit dem dabei ebenfalls anfallenden Stickstoff und ermöglichen damit überhaupt erst die kurze Grasblüte und ein Erwachen der davon abhängigen sommerlichen Mikrobenkulturen.
Richtig lebendig also ist der Tundraboden im Winter – und wäre damit global wohl auch kaum Puffer, sondern eher Produzent des Treibhausgases Kohlendioxid. Dies könnte Wissenschaftler zwingen, ihre Modelle zu globalen Stoffkreisläufen noch einmal zu überdenken. Ein genauerer Blick unter die Schneedecke der als lebensfeindlich verkannten Tundra lohnte sich also weltweit – denn schließlich finde man dort, so Schadt, "eine verkannte Fundgrube biologischer Vielfalt".
Eine etwas flüchtige Interpretation, beweisen nun Christopher Schadt von der University of Colorado und seine Kollegen. Sie waren Hinweisen nachgegangen, die verräterisch auf verborgen blühendes Leben im Boden winterlicher Tundra hindeuteten: etwa den erstaunlich großen Mengen von Kohlendioxid und anderer Treibhausgase, die dort über den Schneeschichten nachweisbar sind.
Diese Messungen überraschten, hatten Wissenschaftler bei ihren Berechnungen der Stoffkreisläufe des Ökosystems Erde traditionell doch meist jene etwa 40 Prozent Erdoberfläche, die im jeweiligen Winter von Schnee bedeckt sind, schlicht als Atmosphärengas-Senke angesehen. Darin sollte Kohlenstoff sowie Stickstoff eigentlich nur unberührt und unspektakulär über den Winter gespeichert sein.
Was im Tundra-Boden wirklich los ist, untersuchten die Forscher um Schadt nun exemplarisch anhand von sommer- und winterlichen Bodenproben der Rocky-Mountains-Tundra aus knapp 4000 Meter Höhe. Dabei offenbarte sich den Wissenschaftlern eine unerwartete Fülle mikrobiellen Lebens – die ausgerechnet kurz vor dem Ende des langen Winters ihren Biomassen-Höhepunkt erreicht.
Ursache dafür ist eine bislang unbekannte, überraschend vielfältige, winterliche Pilzflora, die unter den Schneeverwehungen wächst und gedeiht. Nur während der kurzen Sommerperiode überlassen die Pilze anderen Mikroben das Feld und verschwinden dann bis zum baldigen nächsten Winterwetter fast vollständig.
Die neuentdeckten Pilze – mit Hilfe von DNA-Analysetechniken identifizierten die Forscher etwa 100 Arten, offenbar auch aus bislang unbeschriebenen taxonomischen Großgruppen – bilden so ein potentes winterliches Ökosystem. Als typische Verwerter verrottender organischer Materie, etwa der Cellulose von Tundra-Gräsern, verwandeln die Pilze im Winter organischen Kohlenstoff in CO2. Zugleich düngen sie den Boden mit dem dabei ebenfalls anfallenden Stickstoff und ermöglichen damit überhaupt erst die kurze Grasblüte und ein Erwachen der davon abhängigen sommerlichen Mikrobenkulturen.
Richtig lebendig also ist der Tundraboden im Winter – und wäre damit global wohl auch kaum Puffer, sondern eher Produzent des Treibhausgases Kohlendioxid. Dies könnte Wissenschaftler zwingen, ihre Modelle zu globalen Stoffkreisläufen noch einmal zu überdenken. Ein genauerer Blick unter die Schneedecke der als lebensfeindlich verkannten Tundra lohnte sich also weltweit – denn schließlich finde man dort, so Schadt, "eine verkannte Fundgrube biologischer Vielfalt".
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