Schwangerschaft: Zika könnte mehr Fehl- und Totgeburten auslösen als angenommen
Womöglich gehen mehr Fehl- und Totgeburten auf das Konto von Infektionen mit dem Zika-Virus als bislang angenommen. In diese Richtung weist nun zumindest vorsichtig eine Studie, die Wissenschaftler um Dawn M. Dudley von der University of Wisconsin-Madison im Fachmagazin »Nature Medicine« veröffentlichten. Dudley und Kollegen infizierten insgesamt 50 Weibchen verschiedener Affenarten während des ersten Trimesters der Schwangerschaft mit dem Virus und beobachteten, welche Folgen das für die Tiere und ihren Nachwuchs nach sich zog. Dabei kam es in 26 Prozent aller Fälle zu Fehl- oder Totgeburten, drei weitere Affenkinder starben kurz nach der Geburt. Das Risiko für die Tiere, ihren Nachwuchs zu verlieren, war damit schätzungsweise etwa viermal so hoch wie unter normalen (Labor-)Bedingungen.
In welchem Ausmaß das Zika-Virus auch bei Frauen zu einem jähen Ende der Schwangerschaft führen könnte, ist bislang noch weitgehend unklar. 2018 veröffentlichten Wissenschaftler eine Studie, für die sie schwangere Frauen aus Lateinamerika untersucht hatten, die sich mit dem Virus angesteckt hatten. Hier erlitten knapp 6 Prozent der Betroffenen, die im erstem Trimester mit dem Erreger in Kontakt gekommen waren, eine Fehl- und 1,5 Prozent eine Totgeburt. Als Fehlgeburt zählten dabei Kinder, die vor der 20. Schwangerschaftswoche verstarben, als Totgeburt solche, die danach zu Tode kamen. (In Deutschland richtet sich die Definition nach dem Geburtsgewicht.)
Das Problem: Für solche Studien rekrutieren Forscher in aller Regel nur Probandinnen, bei denen sich eine Zika-Infektion durch eindeutige Krankheitsanzeichen wie Fieber, gerötete Augen, Hautausschlag, Muskel- und Gelenkschmerzen bemerkbar gemacht hat. Doch bei etwa der Hälfte aller Menschen, die sich mit Zika anstecken, verläuft die Infektion symptomfrei. Das galt auch für die meisten der Affen in Dudleys Untersuchung, die nur in wenigen Fällen Zika-Symptome zeigten – den Nachwuchs aber dennoch verloren. Dabei schädigte das Virus offenbar vor allem die Zellen von Gewebe, das Mutter und Kind miteinander verbindet, wie etwa die der Plazenta, was möglicherweise zu einer unzureichenden Versorgung des Nachwuchses mit Sauerstoff und Nährstoffen führte. Die Konsequenzen seien dann unter Umständen die typischen Hirnfehlbildungen bei Neugeborenen, die als gefürchtetste Folge einer Zika-Infektion im ersten Schwangerschaftsdrittel gelten – oder in besonders gravierenden Fällen eben der vorzeitige Tod des Fötus.
»Wir konnten zum ersten Mal zeigen, das zikaassoziierte Fehl- und Totgeburten auch bei nichtmenschlichen Primaten vorkommen, die keine Krankheitssymptome zeigen«, sagt Studienautor Daniel Streblow von der Oregon Health and Science University in Portland. Dawn Dudley glaubt nicht, dass sich die Rate von 26 Prozent auch auf den Menschen übertragen lässt, aber es sei wahrscheinlich, dass das Zika-Virus mehr Leben von ungeborenen Kindern fordere, als die bisherigen Untersuchungen an Frauen zeigen würden. Wenn sich herausstellen sollte, dass Fehl- und Totgeburten unter Umständen sogar häufiger vorkommen als die Hirnschädigungen bei Neugeborenen, müsse man überdenken, was man bislang über den Erreger zu wissen glaubte.
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