News: Zweite Chance für Helium
Doch die Frage ließe sich prinzipiell auch auf anderem Wege beantworten, allerdings müsste man dazu mindestens die Masse jeglicher normaler – so genannter baryonischer – Materie im Universum kennen. Der Name Baryonen leitet sich vom griechischen barys für schwer ab; die Teilchen bestehen aus drei Quarks, also zählen unter anderem auch alle Protonen und Neutronen, die Bausteine der Atomkerne, zu ihnen. Um nun die Masse abzuschätzen, bedienen sich Kosmologen der Modelle des Urknalls, denn dabei sollten einst vor allem leichte Kerne wie Deuterium, Helium-3, Helium-4 und Lithium-7 entstanden sein. Und so könnte die ursprüngliche Menge dieser Elemente Aufschluss über die heutige Baryonenmasse liefern.
Doch lässt sich denn die Menge der leichten Elemente im frühen Universum überhaupt bestimmen? Die Antwort lautet: Im Prinzip ja, doch der Teufel steckt im Detail. Dabei ist das Hauptproblem – neben den messtechnischen Anforderungen –, dass ganz genau bekannt sein muss, inwieweit sich die Mengen beispielsweise an Helium-3 im Laufe der Jahrmillionen geändert haben. Denn Kollisionen kosmischer Strahlung und stellare Nukleosynthese sorgen beispielsweise dafür, dass sich die Konzentrationen der Elemente ständig verändern.
So nahm man bisher an, dass speziell die Menge an Helium-3 im Laufe der Zeit deutlich größer werden sollte. Denn massearme Sterne, wie beispielsweise unsere Sonne, produzieren Unmengen des Isotops. Und der planetare Nebel NGC 3242, die Überreste eines sonnenähnlichen Sterns, konnten dieses Modell tatsächlich auch bestätigen. Um so größer war das Erstaunen von Thomas Bania von der Boston University und seinen Kollegen, als sie im Jahr 1984 eine so genannte H-II-Region ins Visier nahmen: Deren Materie hatte nämlich zwölf Milliarden Jahre Zeit gehabt, sich zu verändern, und dennoch war dort nur vergleichsweise wenig Helium-3 anzutreffen.
Die Forscher ließen sich jedoch nicht entmutigen und investierten fast zwei Jahrzehnte weitere Arbeit in das Rätsel. Dabei untersuchten sie so manche H-II-Region und fanden jedes Mal weniger Helium-3 als erwartet. Doch das Problem ließ sich lösen, denn offenbar verbrauchen die meisten massearmen Sterne das Helium direkt wieder, bevor es das interstellare Medium erreichen kann. Erklären kann man das mit der Rotation der Sterne, die zu inneren Mischungsprozessen führt, bei denen das Helium wieder zerstört wird. Der einstige Sterne in NGC 3242 bildete dabei lediglich eine Ausnahme.
Mit dieser neuen Erkenntnis konnten die Forscher um Bania ihre Modelle anpassen und schließlich den Helium-3-Gehalt und damit die Baryonenmasse des ursprünglichen Universums abschätzen. Wie sich herausstellte, ließen sich die korrigierten Helium-3-Werte sehr gut mit denen von Deuterium, Helium-4 und Lithium-7 vergleichen. Und auch mit den Messungen der Hintergrundstrahlung stimmen die Ergebnisse gut überein. Demnach entspricht die bekannte Masse nur vier Prozent des Wertes, der nötig wäre, um die Expansion des Universum zu stoppen. Mit anderen Worten: Wenn nicht andere Formen von Masse wie beispielsweise dunkle Materie den Rest liefern, dann wird sich das Universum tatsächlich bis in alle Ewigkeit ausdehnen.
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