Carrom
Auf einem glatten (und daher als reibungsfrei anzunehmenden) Tisch sind zwei gleiche zylindrische Scheiben. Eine gleitet mit einem Geschwindigkeitspfeil v über den Tisch und stößt die zweite an, die bis dahin auf dem Tisch ruht. Der Pfeil wird auch als Geschwindigkeits-Vektor bezeichnet, er zeigt die Richtung und mit seiner Länge den Betrag der Geschwindigkeit an. Welche geometrische Beziehung besteht zwischen v und den Geschwindigkeitspfeilen v1 und v2 der beiden Scheiben nach dem Stoß? Die Reibung kann vernachlässigt werden, der Stoß soll als voll-elastisch betrachtet werden, aber er muss nicht zentral, sondern kann auch streifend sein. Zum Experimentieren eignen sich zwei gleiche Münzen auf einer Glasplatte oder auch zwei Billardkugeln, die dann ohne Effet behandelt werden.
Bei einem elastischen Stoß zweier gleicher Objekte bekommt jedes von ihnen relativ zu ihrem gemeinsamen Schwerpunkt den gleichen Geschwindigkeitsbetrag zurück, den es vor dem Stoß hatte. Das folgt aus der Impulserhaltung und aus der Energiebilanz (wegen der Elastizität kann keine Energie verlorengegangen sein). Die Richtungen können vorher und nachher völlig verschieden sein, sie sind aber vorher und nachher entgegengesetzt zueinander.
Ist v der Betrag der Geschwindigkeit der stoßenden Scheibe vor dem Stoß, so haben beide Scheiben vorher und nachher relativ zum gemeinsamen Schwerpunkt die (vier!) gleichen Geschwindigkeitsbeträge v/2. Denken Sie sich dazu eine Fernsehkamera, die von oben auf den Tisch schaut und mit der Blickrichtung dem Mittelpunkt zwischen beiden Scheiben folgt. Trägt man die vier Pfeile von einem gemeinsamen Nullpunkt (sozusagen in einem symbolischen Raum der Geschwindigkeiten) auf, so liegen ihre Spitzen auf einem Kreis (für die Bewegung in einer Ebene, allgemeiner auf einer Kugel) mit dem Radius v/2. Die beiden Spitzen für die Zeit vor dem Stoß liegen sich auf einem Durchmesser gegenüber, eine der Spitzen bedeutet dabei "Ruhe relativ zum Tisch". Die anderen beiden (nach dem Stoß) liegen sich ebenfalls auf einem – meistens einem anderen – Durchmesser desselben Kreises gegenüber. Die vier Spitzen bilden also die Ecken eines Rechtecks. Betrachtet man nun nicht mehr die Geschwindidgkeiten relativ zum gemeinsamen Schwerpunkt, sondern relativ zum Tisch, so muss man die Pfeile von der entsprechenden Ecke des Rechtecks aus nehmen, und man findet, dass die beiden – tischbezogenen – Geschwindigkeiten der Scheiben nach dem Stoß nach Richtung und Beträgen die Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks bilden, dessen Hypotenuse die Geschwindigkeit vor dem Stoß ist.
Die Animation zeigt dies und darüber hinaus auch noch qualitativ Details, die während des Kontaktes bei ziemlich weichen Scheiben auftreten.
Das Ergebnis mit dem rechtwinkligen Dreieck ist auch beim Billardspiel außerordentlich nützlich. Allerdings kommen dort noch einige Tricks mit rotierenden Bällen hinzu (vgl. Sommerfelds Mechanik-Buch).
Bei ungleichen Massen hätten die Kreise (im umgekehrten Sinne) verschiedene Radien. Der Fall, dass beide Durchmesser (richtungsmäßig) zusammenfallen, ist entweder der zentrale Stoß oder das Vorbeifliegen.
Die im Tipp verratenen Gesetze haben zur Folge, dass bei einem Stoß zwar bezüglich jedes Bezugssystem der gleiche Impuls übertragen wird (also das Produkt aus Masse und Geschwindigkeitsvektor), dass aber die von einem Objekt auf das andere übertragene Energie vom Bezugssystem abhängt und im Falle des Schwerpunktsystems verschwindet. Das wird handfest benutzt, wenn ein Raumflugkörper sich unterwegs Schwung bei einem Planeten holt ("Swing-by")!
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