Hemmes mathematische Rätsel: Der Löwe aus Erz
Die »Anthologia Graeca« ist eine umfangreiche Sammlung griechischer Epigramme aus vorklassischer, klassischer, hellenistischer und byzantinischer Zeit. Sie handeln von allen nur denkbaren Bereichen des menschlichen Lebens. Als leicht sich zu merkende, kurze und doch formvollendete kleine Gedichte gehörten sie zum Unterhaltungsrepertoire der gebildeten Kreise. In der »Anthologia Graeca« findet man auch 44 mathematische Knobelaufgaben. Die meisten davon werden Metrodorus zugeschrieben, der um 500 n. Chr. lebte. Viele der Aufgaben sind aber deutlich älter und wurden vermutlich von Metrodorus nur zusammengestellt. Manche Probleme können bis Plato oder sogar bis ins fünfte vorchristliche Jahrhundert zurückverfolgt werden. Eine der Aufgaben aus der »Anthologia« handelt von einem Brunnen.
»Bin ein Löwe aus Erz. Aus den Augen, aus Mund und aus der Sohle
unter dem rechten Fuß springen Fontänen hervor.
Dass das Becken sich füllt, braucht rechts das Auge zwei Tage,
links das Auge braucht drei und meine Fußsohle vier:
Doch meinem Mund genügen sechs Stunden. Wie lange wohl dauert's,
wenn sich alles vereint, Augen und Sohle und Mund?«
Nach den Vorstellungen der Antike haben Tag und Nacht je zwölf Stunden. Sechs Stunden entsprechen damit einem halben Tag.
Durch das rechte Auge fließt pro Tag ein halber Beckeninhalt, durch das linke Auge ein Drittel Beckeninhalt, durch die Sohle ein Viertel Beckeninhalt und den Mund fließen pro Tag zwei Beckeninhalte.
Durch die Augen, die Sohle und den Mund fließen somit zusammen an einem Tag 1⁄2 + 1⁄3 + 1⁄4 + 2 = 37⁄12 Beckeninhalte Wasser. Alles vereint füllt also das Becken an 12⁄37 Tag.
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