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Des Tetraeders Kern

Treitz-Rätsel

Wenn man die Ecken eines regelmäßigen Tetraeders abschneidet, bekommt man einen Tetraederstumpf. Man kann dabei so weit gehen, dass von den Kanten nichts mehr übrig bleibt, die 4 abgeschnittenen Stücke also Tetraeder mit der halben Kantenlänge sind. Was für eine Figur bleibt als spezieller Stumpf(-Grenzfall) übrig?

Nun können wir auch ein Tetraeder sozusagen aus Atomen zusammenbauen, also aus 4, 10, 20 oder 35 … gleichen Kugeln, wobei dann die Kantenlängen 2, 3, 4 bzw. 5 Atomdurchmesser sind (jedenfalls ungefähr). Was bleibt in der Mitte übrig, wenn man von einem Kugel-Tetraeder der Kantenlänge 4 oder 5 an allen Ecken solche der Kantenlänge 2 wegnimmt?

Beginnen wir mit dem "richtigen" Tetraeder und seinem Kern.

Was bleibt von den Flächen des Tetraeders beim Abschneiden übrig, und was für neue Flächen entstehen?

An den vier Ecken entstehen beim Abschneiden neue Dreiecke, von den alten Dreiecken bleiben Sechsecke übrig. Diese sind im Falle des gleichseitigen Tetraederstumpfes (Abschneiden von einem Drittel der Kantenlänge) regulär; sie entarten zu gleichseitigen Dreiecken, wenn von den Kanten des ursprünglichen Tetraeders nur noch deren Mittelpunkte als neue Ecken bleiben. Dann haben wir sozusagen 4 neue und 4 alte Dreiecke, also als "Kern" des Tetraeders ein Oktaeder:

© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz

Nun kommt die Sache mit den 10 + 6 + 3 + 1 = 20 Kugeln, aus denen man ein Tetraeder aufschichten kann. Was bleibt in der Mitte, wenn man an jeder Ecke ein kleines Tetraeder mit der "Kantenlänge = 2 Kugeln" wegnimmt?

Da 20 – 4·4 beim besten Willen nicht mehr als 4 ist, bleibt hier nur ein Tetraeder übrig, obwohl wir doch ein Oktaeder erwartet haben.

© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz

Wenn wir vorher nicht die richtige Betrachtung des Kerns des Tetraeders gemacht hätten, sondern ebenso leichtsinnig wie naheliegend vermutet hätten, dass dieser Kern selbst ein Tetraeder sei, würden wir uns weniger wundern.

Bevor wir nun die Sache klären, sehen wir uns einen Stapel aus 15 + 10 + 6 + 3 + 1 = 35 Kugeln an und nehmen ihm auch an den Ecken kleine Tetraeder aus je 4 Kugeln weg.

Zum Glück ist 35 – 4·4 etas mehr, nämlich 19, und daraus kann man sehr schön ein Oktaeder bauen, nämlich aus 3 Schichten: 6 + 7 + 6 = 19.

© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz

Das passt ja ganz gut, aber wieso eigentlich? Das große Tetraeder hat 5 Kugeln auf jeder Kante, und die abgeschnittenen nur 2, also nicht so ganz die Hälfte von 5.

Wie reimt sich das zusammen?

© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz
© mit frdl. Gen. von Norbert Treitz

Die Kugeln vertreten sozusagen nicht Stücke der Kanten, sondern Ecken oder Teilpunkte auf ihnen. 5 Kugeln auf einer Kante gliedern diese also in Viertel und nicht in Fünftel.

Geometrisch ist das eigentlich ziemlich einfach. Wenn man aber die gedankliche Problematik der Atomtheorie diskutiert, wie beim Kegelparadoxon, ist es weniger klar. Demokrit setzte sich nämlich mit dem Problem auseinander, ob beim Zerschneiden eines Kegels aus Atomen die beiden entstehenden Schnittflächen gleich viele oder verschieden viele Atome enthalten. Beides führt zu Widersprüchen, die man nur dadurch ganz einfach lösen kann, das man sich eine geometrische Struktur vorstellt, die eben doch feiner als die Atome ist, so dass wir uns die Atome als Kugeln vorstellen und ihre Mittelpunkte als beliebig kleine Orte darin.

Den Hinweis auf den Kern des 20-Kugel-Tetraeders gab mir der Kugel-Puzzle-Erfinder Wolfgang Schneider an seinem Messestand ("kubi-games") auf der Spiele-Messe im Oktober 2000 in Essen. Was für einen Spaß hätte erst Demokrit an dieser Aufgabe haben können!

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