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»Das Ende des Kapitalismus«: Abschied vom Wachstum

Die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann erklärt, warum Klimaschutz nur möglich ist, wenn wir den Kapitalismus abschaffen. An Konkretisierung fehlt es leider stellenweise.
Containerterminal Hamburg-Altenwerder mit einlaufendem Schiff, Containerbrücken und der Köhlbrandbrücke im Hintergrund

Seit seiner Erfindung vor etwa 250 Jahren hat der Kapitalismus eine steile Karriere hinter sich. Diese Ära könnte aber schon bald zu Ende sein. Denn obwohl der Kapitalismus für Wachstum und materiellen Wohlstand sorgte, hat er eine vernichtende Schwäche: Ständiges Wachsen ist zwingend, damit das System stabil bleibt. Die Folgen davon erleben wir weltweit – mittlerweile auch in Deutschland, wo Bäume sterben, Wälder brennen und Wasser knapp wird.

»Der Kapitalismus folgt der Logik einer Krebszelle«, schreibt die Journalistin Ulrike Herrmann. »Er muss unaufhörlich wachsen und zerstört damit erst seine Umwelt und dann sich selbst.« Trotzdem hielten die meisten Politiker, Klimaforscher und Wirtschaftswissenschaftler an einer Idee fest, die Ökonomie und Ökologie zu versöhnen scheint: grünes Wachstum. Dieses Konzept will das Wirtschaftssystem nicht anfassen, sondern lediglich die Technik ändern. Statt fossile Energie zu verbrennen, soll sie vor allem Wind und Sonne nutzen.

»Leider stellt eine lange Liste von technischen Möglichkeiten noch keine reale Lösung dar«, meint die Autorin. Für sie ist klar, dass es eine Energiewende geben muss. Allerdings lasse sich mit der heutigen Technik nicht genug billige Ökoenergie gewinnen, um grünes Wachstum zu befeuern, wie sie anschaulich und im Detail erklärt. Weil die Klimakrise aber mit der Technik bewältigt werden müsse, die jetzt vorhanden ist, lautet ihr Fazit: Grünes Wachstum gibt es nicht.

Stattdessen sollten wir auf »grünes Schrumpfen« vorbereitet sein. Weil grüne Energie knapp und teuer bleibe, müssten manche Branchen deutlich schrumpfen oder wären gänzlich überflüssig. Vor allem die Luftfahrt, Banken, Versicherungen, Autofirmen und Teile der Chemieindustrie hätten keine große Zukunft. Arbeit gäbe es aber auch in Zukunft genug – vor allem in der ökologischen Landwirtschaft und in den Wäldern, wo die Folgen des Klimawandels zu lindern seien.

Brücken in die Zukunft

Ulrike Herrmann, die Geschichte und Philosophie studiert hat und gelernte Bankkauffrau ist, warnt jedoch vor einem chaotischen Schrumpfen. Die Wirtschaftskrise ab 1929 habe gezeigt, wie gefährlich es ist, wenn Menschen Arbeit, Einkommen, Hoffnung und Perspektive verlieren. Sie neigen dazu, populistische Führer zu wählen – wie 1933 in Deutschland, als Hitler an die Macht kam.

Bisher fehle ein Weg, aus einem ständig wachsenden Kapitalismus auszusteigen, ohne dabei eine schwere Wirtschaftskrise zu verursachen. Die Autorin schlägt vor, dass die britische Kriegswirtschaft (1939 bis 1954) Modell stehen sollte für den Übergang in eine ökologische Kreislaufwirtschaft. In der soll nur noch so viel produziert werden, wie sich recyceln lässt. Innerhalb weniger Wochen und ohne Unternehmen zu verstaatlichen, hätten die Briten damals begonnen, die Produktion und Verteilung der Waren zu steuern. Dadurch wurden alle Bürger ausreichend und gerecht versorgt, so die Autorin.

Private Planwirtschaft und Rationierung sollen also die Brücke vom Kapitalismus in die Zukunft bauen. Wie das genau funktionieren soll, erklärt Herrmann leider nicht. Fraglich ist, ob sich diese Idee tatsächlich in die Praxis umsetzen ließe. Denn die Situation der Briten damals war eine andere, als wir sie heute erleben – und zwar in mehrfacher Hinsicht. Immerhin erinnert ihr Vorschlag aber daran, dass jetzt eigentlich die Volkswirte gefragt wären, entsprechende Konzepte zu entwickeln.

Untergang des Kapitalismus

Der Journalistin gelingt es, komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge nicht nur leicht verständlich, sondern auch unterhaltsam zu erklären. Anders als man vielleicht von einer Wirtschaftskorrespondentin der »taz« erwarten würde, ist sie keine Kapitalismuskritikerin. Im Gegenteil: Sie findet, der Kapitalismus war sehr segensreich. Umso interessanter ist es, dass ausgerechnet sie nicht nur mit dem Mythos vom grünen Wachstum aufräumt, sondern sogar dafür plädiert, den Kapitalismus gänzlich abzuschaffen.

»Die Industrieländer stehen vor einer Alternative, die eigentlich keine ist.« Entweder sie würden freiwillig auf das Wachstum verzichten oder das Wachstum ende später gewaltsam, weil die Lebensgrundlagen zerstört sein werden. In jedem Fall werde der Kapitalismus untergehen und eine neue Wirtschaftsordnung entstehen, konstatiert Ulrike Herrmann. »Künftig bestimmt die Natur, wie viel Wachstum möglich ist – und nicht das Wachstum, was von der Natur übrig bleibt.«

Dieses Resümee dürfte für viele Menschen keine frohe Botschaft sein. Angesichts der Datenlage ist es aber ein realistischer Blick in unsere Zukunft. Insgesamt ist der Publizistin wieder ein klug analysiertes Buch gelungen, das sich vermutlich in die Reihe ihrer vorangegangenen Bestseller einordnen wird.

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