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»Der KI-Therapeut«: Selbst ist der »Patient«!

Klaus Bernhardt testet die KI als Dialogpartner bei psychischen Problemen. Der Algorithmus antwortet verblüffend menschlich, kann aber eine Therapie nicht ersetzen.

Der Berliner Heilpraktiker Klaus Bernhardt hat die Bestseller »Panikattacken und andere Angststörungen loswerden« sowie »Depressionen und Burnout loswerden« geschrieben. Jetzt ist der Ex-Fernsehjournalist erneut am Puls des Zeitgeistes. Er hat die KI als Seelendienstleister entdeckt – unschlagbar günstig, immer verfügbar und mit dem geballten Wissen des Internets ausgestattet.

Bernhardt testete das bekannteste Large Language Model namens ChatGPT in seinen fortgeschrittenen (und teils zahlungspflichtigen) Varianten ChatGPT-4 und ChatGPT Custom ein gutes Jahr lang mit Patientenanfragen. Sein neues Buch besteht zum großen Teil aus Abschriften der Prompts und daraus generierten Dialogen, nebst Einordnungen des Autors. Der große Haken: Man muss die KI sehr genau briefen. »Gib mir immer nur einen Tipp nacheinander. Gehe bitte nach Ansatz X vor. Rede mit mir so wie eine gute Freundin oder ein einfühlsamer Therapeut.«

Irritierend wirkt das ins Buch eingeflochtene Selbstlob. Bernhardt und seine Frau hätten »die besten und wirksamsten Therapietools kombiniert« zur so genannten Bernhardt-Methode. Dass deren »weltweiter Erfolg« nur auf dem Placeboeffekt beruhe, wie böse Zungen behaupteten, sei Unfug, schließlich habe er allein in seiner Praxis »die Rückfallquote mehr als halbiert«. Welche kontrollierte, randomisierte Doppelblindstudie das zeigte, verrät er nicht. Kunststück: Es gibt sie nicht.

Begrenzter Nutzen der KI

Dennoch hat Bernhardt als Autor dazugelernt. Insgesamt behält er einen zurückhaltenden, abwägenden Ton bei, in dem auch Zweifel Platz finden. So räumt er ein, dass »ein Chatbot nur so gut ist wie die Fragen, die man ihm stellt«, und dass die KI dazu neigt, einen mit Tipps und Listen zu überhäufen. Bernhardt weist, anders als in den früheren Büchern, keinen Heilsweg, ja er geht auf seine eigene Autosuggestionstechnik nur am Rande ein. Helfe sie nicht, müsse man vor allem psychosomatische Auslöser wie Vitamin- oder Eisenmangel, Lebensmittelunverträglichkeit, hormonelle Dysbalance oder eine unerkannte Infektion ins Visier nehmen sowie (Überraschung!) negatives Denken und akuten Stress. Als Ursache eines Burnouts kämen hingegen nur drei Dinge in Frage: zu viel Empathie, zu viel Engagement oder ein »Ziele-Werte-Engpass« – etwa wenn einem Freizeit eigentlich sehr wichtig ist, man zugleich aber alles der Karriere unterordnet.

In jedem Fall unterstütze einen die KI bei der Arbeit an sich selbst. Hier liegt allerdings genau der Knackpunkt: Ein menschlicher Behandler wirft eben nicht mit mehr oder weniger hilfreichen Ratschlägen um sich, sondern legt in der gemeinsamen Arbeit hinderliche Konflikte, Ansprüche und andere Fallen offen, von denen die Betroffenen selbst oft nichts ahnen oder die sie sich nicht eingestehen. Nichtdirektive Therapieformen, die ein besseres Verständnis der eigenen Situation und der tatsächlichen Wünsche fördern, ersetzt die KI nicht.

Stattdessen bringen Chatbots wohl vor allem dann etwas, wenn man ganz genau weiß, was man will. Diagnosen, Therapieziele, zu ergreifende Maßnahmen: Alles muss der Patient letztlich selbst bestimmen und umsetzen. In der Realität sind psychisch Angeschlagene damit jedoch meist überfordert. So schön es ist, Dinge selbst in die Hand zu nehmen – wenn es so einfach wäre, sich per Mausklick selbst zu kurieren, wäre das Heer der Seelenprofis nahezu überflüssig. Denn was einem, ganz grundsätzlich, helfen könnte, ist überall, ob online oder in Büchern, nachzulesen. Die Anwendung auf den Einzelfall ist das Nadelöhr – und durch das bugsiert einen auch keine Empathie simulierende KI.

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