Es gibt nichts Gutes, außer man tut es
Tu so, als seist du vergnügt, verliebt oder energiegeladen – und gute Laune, Schmetterlinge im Bauch beziehungsweise Tatendrang stellen sich wie von selbst ein. Kurz: Verhalte dich so, als wärest du in dem Zustand, den du erreichen möchtest, und du wirst ihn erreichen. Der Buchumschlag preist diese Botschaft als "radikal einfache Idee, die Ihr Leben verändert". Was nach einem übertriebenen Versprechen klingt, entpuppt sich schon nach wenigen Seiten als fundierte und unterhaltsame Erklärung eines Prinzips, dem sich über Jahrzehnte hinweg zahlreiche Psychologen gewidmet haben: Einfache physische Handlungen wirken sich deutlich spürbar auf unsere Gefühle und Gedanken aus.
Der Verhaltensforscher Richard Wiseman hat es sich in seinem neuesten Werk zur Aufgabe gemacht, diese Erkenntnis den Lesern nahe zu bringen und praktisch nutzbar zu machen – was ihm gut gelingt. Am Anfang wundert man sich noch über seine Aufforderung, eine Buchseite auszureißen und zu einer Papierkugel zu formen. Später im Buch erscheinen die praktischen Übungen jedoch plausibel: Einfach drauf los lachen, um glücklicher zu sein; aufregende Dinge mit dem Partner unternehmen, um sich wie frisch verliebt zu fühlen; sich seinen Ängsten stellen, um sie loszuwerden; eine aufrechte Körperhaltung einnehmen, um Motivation zu sammeln. Die simplen Aufgaben werden dem Leser in anschaulichen Kästen präsentiert und machen Lust, sie einfach mal auszuprobieren.
Das liegt auch daran, dass Wiseman ganz nebenbei einen Überblick über 200 Jahre Psychologiegeschichte gibt und jede praktische Anwendung des Als-Ob-Prinzips – wie er es nennt – mit Studien fachlich untermauert. Klassiker der Psychologieforschung und weniger bekannte Experimente verpackt er in anschaulichen und witzigen Geschichten, die für Kenner und Laien gleichermaßen verständlich und aufschlussreich sind.
Wenn der Autor allerdings Minifragebögen konstruiert, mit denen der Leser einschätzen kann, wie emotional sensibel, charismatisch oder empathisch er ist, erinnert das gelegentlich an Selbstfindungstests in Teenagerzeitschriften. Seltsam auch, dass er am Ende des Buchs über seine Erfahrungen im Hypnotisieren erzählt und dabei seinen zuvor so klug gesponnenen roten Faden verliert.
Zum Glück baut Wiseman an den richtigen Stellen ein Augenzwinkern ein. Zudem warnt er seine Leser zu Beginn des Werks davor, die dargestellten Ideen und Übungen bei schwerwiegenden Problemen zur Eigentherapie zu nutzen. So gelingt ihm die schwierige Balance zwischen Humor und Seriosität, und seine Begeisterung für das Als-Ob-Prinzip wirkt überzeugend. Ein erfrischendes Werk, das einem den Nutzen der Verhaltensforschung vor Augen führt und Spaß macht.
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