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Wir Werden Alle Sterben: Das gefährlichste Papier der Welt

Papier kann schmerzhafte Verletzungen verursachen – doch nicht alle Sorten schneiden gleich gut. Wir erklären, welche Eigenschaften ein Papier zum Fingerkuppen-Killer machen.
Das gefährlichste Papier der Welt

Heute geht es um eine unterschätzte Gefahr im Alltag, nämlich das Papier. Man sollte meinen, die größte Gefahr dabei sei, dass einem vielleicht so ein Paket Druckerpapier auf den Fuß fällt. Doch tatsächlich kann schon ein einziges Blatt Papier sehr schmerzhafte Schnittwunden verursachen. Bisher war aber völlig unklar, woran das liegt, welche Faktoren dabei eine Rolle spielen – und vor allem, welches Papier das gefährlichste von allen ist.

Denn Papier ist ja nicht gleich Papier. Ein Taschentuch oder dicker Karton schneiden nicht in die Haut. Dass man über die genauen Gründe für diese Unterschiede so wenig weiß, ist eigentlich ungewöhnlich, weil diese Arten von Verletzungen tatsächlich relativ häufig sind. 86 Prozent aller Menschen, die lesen und schreiben können, geben an, sich schon einmal an einem Blatt Papier geschnitten zu haben. Und diese Verletzungen können nicht nur schmerzhaft sein, sondern sich auch sehr unangenehm infizieren, besonders wenn man etwas Schmutziges liest.

Eine dänische Arbeitsgruppe um Sif Fink Arnbjerg-Nielsen hat sich dieser Frage jetzt angenommen. In ihrer aktuellen Studie in »Physical Reviews E« berichtet sie, dass das gefährlichste Papier der Welt 65 Mikrometer dick ist. Man kann aus solchem Papier auch Schneidwerkzeuge herstellen, die zum Beispiel Gemüse schneiden, wie die das Team festgestellt hat. Das funktioniert allerdings nur, so lang das Papier nicht durchweicht ist.

Normalerweise macht man solche Experimente mit Studis. Die sind eine billige und nachwachsende Ressource und an Universitäten auch in großer Zahl verfügbar. Aber es hat sich herausgestellt, dass Gelatine sogar noch billiger ist und außerdem nicht nach Alkohol riecht. Deswegen hat die Arbeitsgruppe verschiedene Papierstärken – von dickem Briefpapier bis hin zu einzelnen Klopapierlagen – in so eine Apparatur eingespannt und in verschiedenen Winkeln über die Gelatineblöcke gezogen. Der Winkel spielt natürlich eine Rolle: wenn man das Papier einfach senkrecht draufdrückt, passiert gar nichts.

Aber es sind vor allem zwei Faktoren, die für die Schneideleistung des Papiers entscheidend sind. Der eine ist das Verbiegen des Papiers. Wenn das Blatt sich einfach zur Seite wegwölbt, kann es natürlich nicht schneiden. Und der andere ist, wie stark das Papier die Haut eindellt. Und das hat mit dem Druck zu tun, den es ausüben muss, um in die Haut einzudringen. Wenn das Papier nicht stabil genug ist, um diesem Druck standzuhalten, dann verbiegt es sich natürlich, bevor es die Haut durchgeschnitten hat. Deswegen darf es nicht zu dünn sein.

Avocados, Katzen, Supervulkane – die Welt ist voller Gefahren. In dieser Videoserie stellen die Spektrum-Redakteure Lars Fischer und Mike Zeitz regelmäßig spannende, ungewöhnliche oder einfach kuriose Dinge vor, die auf die eine oder andere Art zum unerwarteten Frühableben führen können.

Die übrigen Folgen der Serie finden Sie auf dieser Sammelseite.

Wenn das Papier umgekehrt zu dick ist, dann kann man damit eine viel größere Kraft ausüben. Aber weil das Papier dicker ist, wirkt die Kraft auch auf eine größere Fläche. Der Druck, der dann lokal wirkt, ist nicht groß genug. Das heißt, man muss die goldene Mitte finden. Und wie die Experimente gezeigt haben, liegt diese goldene Mitte bei 65 Mikrometern.

Natürlich fragt man sich sofort: wo kriegen wir dieses Killerpapier her? Das handelsübliche Drucker- und Kopierpapier ist deutlich dicker – zu dick, um wirklich effektiv zu schneiden –, damit sich die Leute im Büro nicht gegenseitig die Finger und Ohren abschneiden. Auf der anderen Seite ist Klopapier dankenswerterweise zu dünn, um Schnittwunden zu verursachen. Die Versuche des dänischen Teams haben vielmehr gezeigt, dass das perfekte Killerblatt, das gefährlichste Papier der Welt, tatsächlich das von Tageszeitungen und gedruckten Magazinen wie »Spektrum« ist. Und das ist auch der Grund, warum man sich mit »Spektrum« nicht den Hintern abwischen sollte.

  • Quellen
Arnbjerg-Nielsen, S. et al. Phys. Rev. E 110, 025003, 2024

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