Ende der Exoplanetenmission: Acht Erkenntnisse, die wir Kepler verdanken
Das Kepler-Weltraumteleskop der NASA kreist seit 2009 um die Sonne und läuft der Erde hinterher. Nun hat es sein Missionsende erreicht – der Treibstoff ist alle. Das Instrument hat die Erforschung der Exoplaneten enorm beflügelt. Von den aktuell bekannten rund 4000 Exoplaneten – also Planeten außerhalb des Sonnensystems – wurden mehr als 2600 mit Kepler entdeckt. Aber seine Leistungen brachten nicht nur die Planetenforschung, sondern auch die Sternenforschung und sogar die allgemeine Relativitätstheorie voran. Wir haben einige Höhepunkte der Mission zusammengestellt.
1. Ein Planet, fast so wie die Erde
Eine der wichtigsten Entdeckungen war der Exoplanet Kepler-452b. Er befindet sich von uns aus gesehen im Sternbild Schwan (Cygnus) in 1800 Lichtjahren Entfernung. Die NASA-Wissenschaftler gaben den spektakulären Fund im Juli 2015 bekannt. Sie spürten den Planeten mit der Transitmethode auf: Der Exoplanet schob sich vor den Stern Kepler-452 und verdunkelte ihn zeitweise.
Das System hat verblüffende Ähnlichkeit mit dem von Sonne und Erde. So ist die Umlaufzeit von Kepler-452b mit 385 Tagen nur unwesentlich größer als bei der Erde. Sein Durchmesser ist etwa anderthalbmal größer, so dass er als »Supererde« bezeichnet wird. Es handelt sich sogar um einen Gesteinsplaneten, der seine Bahnen um einen gelben, sonnenartigen Stern zieht.
Astronomen nennen sie »G-Sterne«, deren Spektralklasse mit der von der Sonne übereinstimmt. Sie gehören zu den interessantesten Sternen in Bezug auf außerirdisches Leben, weil sie weder zu heiß noch zu kalt sind und einige Milliarden Jahre alt werden. Der Abstand von Kepler-452b beträgt rund eine Astronomische Einheit (AE), was 150 Millionen Kilometern entspricht – wie bei Erde und Sonne. Bei diesem Abstand sollte Oberflächenwasser, sofern es dort existiert, flüssig sein. Damit gehört Kepler-452b zu den besten Kandidaten, um nach extraterrestrischem Leben zu suchen.
2. Spektakulärer Test der Relativitätstheorie
Die meisten bringen das Kepler-Teleskop mit Tausenden entdeckter fremder Welten in Verbindung. Doch die NASA-Mission hat auch ganz andere Forschungsfelder beflügelt, zum Beispiel die allgemeine Relativitätstheorie. Im Jahr 2013 wurde das Objekt KOI-256 entdeckt (KOI steht übrigens für »Kepler Object of Interest«). Seine Helligkeit schwankt periodisch, aber nicht etwa, weil ein Exoplanet einen Stern umrundet. Vielmehr wird ein kleiner, roter Zwergstern von einem Weißen Zwerg mit 0,6 Sonnenmassen umkreist.
Letzterer hat eine starke Gravitationswirkung und ist nah genug, um das Licht des roten Begleiters abzulenken und zu verstärken. Das verzerrte Licht bildet einen so genannten Einstein-Ring. Dieses Phänomen, das Albert Einstein voraussagte, beruht auf dem Gravitationslinseneffekt. Das Doppelsternsystem KOI-256 ist ungefähr 1800 Lichtjahre weit weg und befindet sich ebenfalls im Sternbild Schwan (Cygnus).
3. Exoplanet mit Mond
Um die fernen Exoplaneten sollten doch auch Monde kreisen, nicht wahr? Tatsächlich fand Kepler erst vor Kurzem Hinweise auf einen solchen Exomond. Der Planet Kepler-1625b soll diesen Begleiter haben, wie Astronomen in »Science« berichteten. Das System ist etwa 4000 Lichtjahre entfernt, und der Exomond hat die Forscher beeindruckt, weil er in Masse und Größe mit dem Gasplaneten Neptun vergleichbar ist. Der Begleiter muss allerdings noch in weiteren Beobachtungen bestätigt werden.
4. Blick in unsere Zukunft
Eine Art Blick in die Zukunft des Sonnensystems gab die Entdeckung von Kepler-91b. Der Exoplanet hat etwa die Masse von Jupiter. Sein massives Problem: In »nur« 55 Millionen Jahren wird er von seinem Heimatgestirn verschluckt werden, weil dieses dann zu einem Roten Riesen angeschwollen sein wird. Heidelberger Astronomen untersuchten das System mit dem CAFE-Spektrografen am Calar-Alto-Observatorium unter Verwendung der Radialgeschwindigkeitsmethode und bestätigten die Masse des Exoplaneten. Dabei variieren die Wellenlängen des Sternenlichts infolge des Doppler-Effekts, weil Stern und Planeten entlang der Verbindungslinie zu unserem Sonnensystem vor und zurück wandern.
5. Ein echt schräges Planetensystem
Es gibt da draußen auch Welten, die ganz anders sind als unser Sonnensystem. So spürten die Planetenforscher mit dem Kepler-Teleskop in rund 3000 Lichtjahren Distanz den roten Riesenstern Kepler-56 auf. Der Clou: Dessen Drehachse ist gegenüber der Ebene seiner Planeten stark verkippt, und zwar um stattliche 45 Grad.
Das ist sehr ungewöhnlich, denn normalerweise stimmen Äquatorebene des Sterns und Bahnebene der Planeten überein. Warum das geschehen konnte, ist noch unklar. Zunächst wurden »heiße Jupiter« dafür verantwortlich gemacht, also große Gasplaneten, die so nah an ihrem Heimatgestirn sind, dass sie über ihre Gravitationswirkung den rotierenden Stern verdrehen können. Es kommt jedoch ebenfalls in Betracht, dass Planeten, die sich weiter draußen befinden, am Stern ziehen. Tatsächlich wurde neben den inneren Exoplaneten Kepler-56b und Kepler-56c ein dritter Planet gefunden, der weit entfernt seine Bahnen zieht.
6. Sechs Planeten und eine Sonne
2011 gab es eine Aufsehen erregende Entdeckung mit dem Kepler-Teleskop: Die Astronomen fanden ein Sonnensystem mit gleich sechs Exoplaneten. Sie kreisen um den sonnenähnlichen Stern Kepler-11 in 2000 Lichtjahren Distanz.
Die fünf inneren Planeten (Kepler-11b bis Kepler-11f) umrunden ihr Heimatgestirn in nur 10 bis 47 Tagen und damit schneller, als unser Merkur um die Sonne kreist, nämlich in 88 Tagen. Der äußerste, sechste Planet, Kepler-11g, benötigt dafür 118 Tage. Alle Exoplaneten sind deutlich größer als die Erde und weisen zwei bis 4,5 Erdradien auf. Bemerkenswert ist, wie eng die Planeten ihre Bahnen ziehen.
Mittlerweile wurde das getoppt: Im Jahr 2017 wurde bestätigt, dass das Trappist-1-System mindestens sieben Exoplaneten enthält. Dann legte Kepler nach, und die NASA gab Ende 2017 bekannt, dass um den Stern Kepler-90 acht Planeten kreisen – genauso viele wie im Sonnensystem. Das ist der aktuelle Rekord, was die Anzahl von Exoplaneten in einem System angeht.
7. Eine echte Gluthölle
Mit Kepler-78b spürten die Astrophysiker wieder mit Hilfe der Transitmethode einen recht ungemütlichen Ort auf. Dieser etwa erdgroße Exoplanet umrundet sein Zentralgestirn in nur 8,5 Stunden. Damit ist er ihm so nah – eine Million Kilometer –, dass Oberflächentemperaturen zwischen 2000 und 3000 Grad Celsius erreicht werden. In dieser Gluthölle schmelzen selbst die Gesteine zu einer Silikatlava, so dass nicht daran zu denken ist, dass es hier irgendwelche Lebensformen geben könnte. Und wenn doch? Bewohner von Kepler-78b hätten alle 8,5 Stunden Geburtstag.
8. Winzling unter den Planeten
Die NASA gab 2013 bekannt, mit dem Kepler-Weltraumteleskop den bis dahin kleinsten Exoplaneten gefunden zu haben. Kepler-37b ist nur so groß wie der Erdmond und hat ein Prozent der Erdmasse. Er steht im Sternbild Leier (Lyra) und ist nur eine zehntel AE von seinem Heimatgestirn entfernt. Daher umrundet er seinen Heimatstern in nur 13 Tagen. Das System steht mit 210 Lichtjahren Distanz der Erde recht nahe.
Nach neun Jahren Missionsdauer geht nun die Ära des Kepler-Weltraumteleskops zu Ende. Auftanken wäre ein zu aufwändiges Manöver, weil die Sonde rund 100 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist. Die sehr erfolgreiche Mission dauerte viel länger an als ursprünglich geplant, weil die NASA-Forscher sparsam mit dem Treibstoff umgingen. Auch die Sendeeinheit für Radiowellen wird abgeschaltet, so dass Kepler nun stumm durch das All driften wird. Dabei wird die Raumsonde langsam entschwinden; alle 40 Jahre treffen sich die Raumschiffe Erde und Kepler. Doch keine Angst: Näher als der Mond wird uns das Weltraumteleskop nicht kommen.
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