Lexikon der Biologie: Paviane
Paviane [von franz. babouin = Affe], Papio, zu den Meerkatzenartigen gehörende Gattung der Hundsaffen, die in Afrika südlich der Sahara sowie dem Südwesten der arabischen Halbinsel (Saudi-Arabien und Jemen) verbreitet ist. Meist werden 5 weitgehend allopatrische Arten unterschieden ( vgl. Tab. ). Da es jedoch mehrere Hybridisierungszonen gibt (z.B. in Äthiopien zwischen Anubispavianen [ Afrika III ] und Mantelpavianen), betrachten viele Autoren sämtliche Populationen als Unterarten des Mantelpavians (Papio hamadryas) oder des Gelben Pavians (Papio cynocephalus). Paviane zählen mit einer Kopfrumpflänge von bis zu 86 cm und einem Gewicht von bis zu 30 kg (Schwanzlänge 40–65 cm) zu den größten Hundsaffen. Sie zeichnen sich durch einen starken Sexualdimorphismus aus (Männchen sind deutlich größer und schwerer und haben längere Eckzähne als Weibchen; beim Mantelpavian besitzen erwachsene Männchen darüber hinaus eine eindrucksvolle Schulter-Mähne) und besitzen eine sehr kräftige, hervorspringende (hundeähnliche) Schnauze ("Hundsaffen") und ausgeprägte Überaugenwülste (Torus supraorbitalis). Paviane sind ausgesprochene Bodenbewohner, verbringen die Nacht aber grundsätzlich auf Bäumen oder steilen Felsklippen. Mit Ausnahme des Mantelpavians, der auch in ariden Wüstengebieten und Dornbuschsavannen vorkommt, leben die übrigen 4 Babuine oder Savannenpaviane (Steppenpaviane) bevorzugt in Waldsavannen. Sie ernähren sich überwiegend vegetarisch, fressen aber auch Eier, Insekten und andere Kleintiere. In einigen Populationen jagen Männchen gezielt kleinere Säugetiere (Hasen, junge Gazellen und Meerkatzen). – In ihrer Sozialstruktur und ihrem Sozialverhalten unterscheiden sich die Savannenpaviane deutlich von den Mantelpavianen. Savannenpaviane leben in Gruppen von bis über 100 (meist 20–50) Individuen, denen in der Regel mehrere erwachsene Männchen, Weibchen und deren Junge angehören. Beide Geschlechter zeichnen sich durch strenge Dominanzhierarchien aus (Dominanz), wobei die Dominanzbeziehungen zwischen Weibchen sehr viel stabiler sind als die zwischen Männchen. Der Rang der Töchter, nicht aber der der Söhne, die ihre Geburtsgruppe nach Erreichen der Geschlechtsreife verlassen, ist abhängig von dem ihrer Mütter. Das Fortpflanzungssystem der Savannenpaviane ist promisk (Weibchen paaren sich mit mehreren Männchen). Mantelpaviane, die intensiv von dem Schweizer Biologen Hans Kummer und seinen Mitarbeitern erforscht wurden, zeichnen sich dagegen durch ein mehrschichtiges Sozialsystem aus. Basale Sozial- und Reproduktionseinheit ist die 1-Männchen-Gruppe (1 Männchen mit 1 bis 10 Weibchen und deren Jungen; Harem). Die Weibchen werden vom Männchen durch (oft nur angedeutetes) aggressives Verhalten am Verlassen der Gruppe gehindert ("Hüten"), ihre Töchter verlassen allerdings ihre Geburtsgruppe. Zwischen den Weibchen bestehen keine ausgeprägten Dominanzbeziehungen. Mehrere 1-Männchen-Gruppen bilden einen "Klan" (aus vermutlich miteinander verwandten Männchen; Klan), mehrere "Klans" eine "Bande" (Bandenbildung) und mehrere Banden eine "Herde" (Herde) aus bis zu 750 Mitgliedern. Herden sind Aggregationen, welche die Nacht gemeinsam auf demselben Schlaffelsen verbringen. "Banden" gehen gemeinsam auf Nahrungssuche, spalten sich tagsüber in ihre Untereinheiten auf und vereinigen sich gegen Mittag wieder an einer Wasserstelle ("fusion-fission-Sozialsystem"). – Pavianweibchen werden im Alter von 4 Jahren geschlechtsreif und bringen nach einer Schwangerschaftsdauer von 170 bis 180 Tagen alle 11/2–2 Jahre in der Regel 1 Junges zur Welt. Während ihres Zyklus entwickeln sie prominente Sexualschwellungen. – Im alten Ägypten zur Zeit der Echnaton-Dynastie (um 1350 v.Chr.) wurde der Mantelpavian ( vgl. Abb. ) als Verkörperung des Gottes Toth (Gott der Schreiber und Gelehrten) als heilig verehrt. Mit den Pavianen eng verwandt ist der Blutbrustpavian oder Dschelada. Die sog. "Waldpaviane" (Drill und Mandrill) sind dagegen näher mit den Mangaben der Gattung Cercocebus verwandt. Fossil sind Paviane sowie einige nahe verwandte Gattungen (wie der 70–80 kg schwere südafrikanische Dinopithecus) nur aus dem Pliozän und Pleistozän Afrikas bekannt. Bis auf den als "selten" eingestuften Mantelpavian gilt noch keine der Pavianarten als gefährdet. Affen I , Mediterranregion IV .
A.P.
Lit.:Kummer, H.: Weiße Affen am Roten Meer. Das soziale Leben der Wüstenpaviane. München 1992.
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