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News: Die Kleinen leisten Widerstand

Nanoröhren haben nicht nur erstaunliche elektrische Eigenschaften, auch ihr mechanisches Verhalten kann sich sehen lassen. Sie verbinden die Stärke eines Gewichthebers mit der Flexibilität eines Schlangenmenschen. Jetzt hat man herausgefunden, daß die winzigen Kohlenstoffschläuche auch noch nahezu perfekte Federn sein können. Sie halten enorme Drücke aus und nehmen hinterher ihre ursprüngliche Form wieder an, als sei nichts gewesen.
Eine Nanoröhre sieht aus wie ein Stück zusammengerollter Maschendrahtzaun, nur kleiner natürlich, da die Knoten einzelne Kohlenstoffatome sind. Die Röhrchen gehören zu den festesten Materialien überhaupt, und man hofft, sie eines Tages für nahezu alles verwenden zu können, von superstarken Kabeln bis zu winzigen elektrischen Leitungen. Unter Druck, so nahmen die Forscher bisher an, würden sie sich zu einer dichten Packung anordnen und dann den Kompressionskräften widerstehen.

Nun haben Physiker der M. V. Lomonosov Moscow State University eine Überraschung parat. Die Pysiker nahmen eine Messerspitze Nanoröhren und quetschten sie in einer hydraulischen Presse mit einem Druck von 29 Kilobar. 18 Kilometer unter der Wasseroberfläche herrschen ähnliche Drücke. Sie fanden, daß sich die Probe recht einfach zusammendrücken ließ. Nur ein Drittel der vorausberechneten Kraft war nötig, um das Material auf einem bestimmten Raum zusammenzupressen. Als die Presse entspannt wurde, sprang das Volumen wieder auf den Ausgangswert zurück (Physical Review Letters, 11. Januar 1999, Abstract ) .

"Das hat uns wirklich verblüfft", sagt das Teammitglied John Fischer von der University of Pennsylvania in Philadelphia. Nach einer transatlantischen Diskussion per E-Mail wurde der Gruppe klar, daß die Röhren ganz plattgequetscht wurden , etwa wie wenn man auf einen Gartenschlauch tritt, und dann wieder in ihre ursprüngliche Form zurückkehrten. Berechnungen zeigten, daß dieser Effekt tatsächlich für die zusätzliche Komprimierbarkeit verantwortlich sein kann.

Daß sich die Röhren drei- bis viermal stärker als vorhergesagt zusammendrücken lassen und dann auch noch in ihre Ausgangslage zurückspringen, nennt Gerry Lavin, Verfahrenstechniker bei DuPont in Wilmington in Delaware, schon "beachtlich". Doch wie er sagt, ergibt es durchaus Sinn, wenn man die Biegefähigkeit einer einzelnen Röhre betrachtet.

Doch was macht man mit der idealen Feder? "Keine Ahnung", bemerkt der Forscher. "Vielleicht kann man einen Autostoßdämpfer herstellen, der so groß wie eine Büroklammer ist." Ein solches Teil könnte ein Auto leichter machen und seine Effizienz steigern. Es könnte aber auch eine fette Beute für Diebe sein: Das Gramm Nanoröhren kostet zur Zeit annähernd 2500 Mark.

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