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News: Chemotherapie über alle Schranken

Es gibt wohl kaum eine Krebsart, die nicht mit Hilfe von Chemotherapie behandelt wird. Doch bei dieser Behandlungsmethode machte zumindest der Gehirntumor bisher eine traurige Ausnahme. Der Grund dafür ist die Blut-Hirn-Schranke, die darüber wacht, daß keine schädlichen Chemikalien in das Zentrale Nervensystem gelangen können. Aber nicht nur die, sondern auch die 'Guten' müssen draußen bleiben. Denn bei der Evolution wurde die Medizin nicht berücksichtigt. Und so gelingt es Wissenschaftlern erst seit relativ kurzer Zeit, diese aufmerksame Pforte zu überlisten. Nun wurden die ersten Tests veröffentlicht, bei denen Patienten mit Hirntumoren durch Chemotherapie behandelt worden sind. - Die Erfolge sind vielversprechend.
Die Blut-Hirn-Schranke schützt das Zentrale Nervensystem, indem sie verhindert, daß schädliche Substanzen mit dem Blutkreislauf ins Gehirn gelangen. Damit hat sie eine sehr wichtige Funktion, nur leider auch einen Nachteil: Medikamenten ist der Zugang ebenso verwehrt. Daher suchen Wissenschaftler schon seit Jahren nach einem Weg, diese Schranke zu überlisten. Und genau diesen fand vor mehr als 15 Jahren Edward A. Neuwelt von der Oregon Health Sciences University (OSHU). Er stellte fest, daß die Barriere kurzzeitig, durch Einwirkung einer konzentrierten Zuckerlösung, unterbrochen werden kann. Auf diese Entdeckung folgte eine Reihe von Untersuchungen, die am OSHU unter der Leitung von Neuwelt durchgeführt wurden.

Die Wissenschaftler wendeten bei 74 Patienten, die an Lymphgewebe-Geschwulsten des Zentralen Nervensystems litten, eine gesteigerte Chemoterapie an, indem sie die Blut-Hirn-Schranke unterbrachen. Keiner der Personen hatte vorher eine Strahlentherapie durchgemacht. Insgesamt überlebten 42 Prozent der so behandelten Personen fünf Jahre und länger. Die Chance, diese Zeit zu überstehen, liegt bei Patienten, die auf herkömmliche Weise mit einer Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie behandelt werden, zwischen 9 und 22 Prozent. 48 der 74 Patienten reagierten so vollständig auf die Therapie, daß die Forscher mit Computer-Tomographie keine Tumoren mehr nachweisen konnten (Neurosurgery vom Januar 2000).

Zusätzlich führten die Wissenschaftler mit ihren Patienten regelmäßig neurophysiologische Tests durch. Dazu gehörte eine Kontrolle von Aufmerksamkeit, Konzentration und motorischen Fähigkeiten der Personen. Außerdem wurde ihr Kurz- und Langzeitgedächtnis getestet. Dabei stellten die Forscher fest, daß 36 Patienten keine erkennbaren oder nur sehr geringe Beeinträchtigungen durch die Chemotherapie zeigten.

Neuwelt sieht durch diese Ergebnisse einen Nachweis für die Langzeit-Effektivität der gesteigerten Chemotherapie. "Bisher haben die Menschen einen Gehirn-Tumor als unverzügliches Todesurteil angesehen", sagt er. "Das muß nicht mehr unbedingt stimmen. Viele unserer Patienten mit Lymphomen im Zentralen Nervensystem leben fünf Jahre nach ihrer ersten Behandlung glücklich und mit keinen erkennbaren oder nur sehr geringen Beschwerden."

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