News: Ohne Probleme ins Gehirn
Früher versuchten Ärzte die Barriere zu durchbrechen, indem sie ein Loch in die Schädeldecke bohrten oder eine Substanz in die Schlagader spritzten, welche die schützenden Eigenschaften der Barriere kurzfristig zerstörte. Diese Maßnahmen waren nicht nur häufig erfolglos, sondern stellen auch einen starken Eingriff dar, sodass sie für Patienten, die eine lebenslange Behandlung benötigen, nicht in Frage kamen. Pardridge und seine Kollegen entwickelten daher eine Methode, Gene über die Barriere zu schleusen, in dem sie "die im Gehirn vorkommenden Rezeptoren ausnutzen".
Dieser Ansatz ist nicht neu. Allerdings scheiterten Wissenschaftler bisher daran, die therapeutischen Gene so zu verpacken, dass sie im Blut unversehrt bleiben. Das Team um Pardridge überwand dieses Problem, indem es die DNA in neutrale Liposome hüllte, die wiederum von wachsartigen Strängen umgeben waren. Diese Hülle stabilisiert zum einen die Partikel in der Blutbahn, zum anderen werden an ihr die Antikörper befestigt, die an den Transferrin-Rezeptor an der Oberfläche der Endothelzellen binden. Auf diese Weise gelang es den Forschern zwei so genannte Reporter-Gene, deren Einbau und anschließende Aktivität leicht nachzuweisen sind, durch intravenöse Injektion der antikörperbesetzten Lipososmen in die Gehirne von Ratten einzuschleusen (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 5. Juni 2000, Abstract).
"Wir bestückten die Lipososmen mit einem Gen, das einen blauen Marker exprimiert, um die Expression im Gehirn sichtbar zu machen", sagt Pardridge. "Normalerweise erscheint das Gewebe blass weiß. Aber als wir die Gehirne der Ratten nach der Injektion untersuchten, waren die neuronalen Strukturen lebhaft blau." Für diese erfolgreiche Integration von exogenem Erbgut war nach Aussagen der Wissenschaftler sogar sehr viel weniger DNA nötig als für bisherige Methoden.
Pardridge ist der Auffassung, dass der Ansatz auch auf Menschen anwendbar ist. "Die benötigten Hilfsmittel, um eine Gentherapie des Gehirns auch beim Menschen durch führen zu können, existieren bereits", sagt er. "Wir verfügen über gentechnisch hergestellte Antikörper, die im Menschen sogar noch etwa zehn Mal effektiver sein müssten als bei der Ratte."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 14.1.2000
"Chemotherapie über alle Schranken"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 5.1.2000
"Pförtner für's Gehirn"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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