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Raumfahrt: Wem gehört der Mond?

Noch immer ist schlecht geregelt, wer auf dem Mond was tun darf. Der Weltraumvertrag aus dem Jahr 1967 lässt eine große Lücke - und ein eigener, allseits akzeptierter Mondvertrag kam bisher nicht zu Stande.
Alan Shepard auf dem Mond

Am 19. Mai 2011 betritt die 74-jährige Joann Davis ein Restaurant in Kalifornien, mit einem reiskorngroßen Stück Mond in ihrer Tasche. Es ist ein Erbstück: Ihr längst verstorbener Mann war Ingenieur bei Apollo 11 und soll das in einem Briefbeschwerer eingebaute Mondgestein von Neil Armstrong persönlich erhalten haben. Joann Davis setzt sich an einen Tisch und begrüßt einen Herrn, den sie bisher nur von mehreren Telefonaten kennt.

Sie hält ihn für einen Händler für Raumfahrtartefakte, schließlich hat sich der Mann als das ausgegeben. Tatsächlich ist er ein von der NASA beauftragter Ermittler, der den Handel mit Mondgestein verhindern soll. Die verstörte Joann Davis wird von mehreren bewaffneten Polizisten aus dem Restaurant eskortiert und über eine Stunde auf dem Parkplatz befragt. Das Mondgestein kehrt letztlich zurück in die Obhut der US-Raumfahrtbehörde.

Die Szene klingt nach einem Hollywoodfilm, hat sich laut US-Medienberichten aber wirklich so zugetragen. Der Handel mit Mondgestein, das von US-Astronauten zur Erde gebracht wurde, ist bis heute illegal. Eine Ausnahme sind Mondmeteoriten, die täglich auf die Erde fallen, und die wenigen Brocken, die sowjetische Sonden zur Erde brachten – sie darf man legal verkaufen.

Der Weltraumvertrag von 1967

Klar geregelt ist auch der Umgang mit Material, das wissenschaftlich untersucht wird: Die NASA hat im Lauf der vergangenen Jahrzehnte hunderte millimetergroße Bröckchen an Regierungen und Forscher aus aller Welt verteilt, doch ist die Raumfahrtagentur formal weiter deren Eigentümer. Damit darf US-Mondgestein bis heute weder in Privatbesitz gelangen noch veräußert werden.

Der Fall von Joann Davis zeigt, wie außergewöhnlich ein Stück vom Mond bis heute ist – und wie nervös die Vereinigten Staaten mit Blick auf die grauen Körnchen sind. International umgibt den gesamten Mond bis heute ein juristisches Vakuum, das 50  Jahre nach der ersten Mondlandung kaum noch zeitgemäß wirkt. Denn der Mond gehört gewissermaßen allen und gleichzeitig niemandem – was schon bald ausgenutzt werden könnte.

Zu Beginn des Raumfahrtzeitalters waren die Nationen sich noch recht einig darüber, dass im All faire Regeln für alle gelten sollten. Immerhin war das Zeitalter des irdischen Kolonialismus in den frühen 1960er Jahren gerade erst zu Ende gegangen. Vor diesem Hintergrund unterzeichneten 1967 ganze 89 Staaten den Weltraumvertrag; bis heute haben ihn 107 Länder unterzeichnet und ratifiziert.

Der Run auf Rohstoffe

Sie verpflichten sich darin dazu, keinen Himmelskörper dem eigenen Territorium zuzuschlagen, dort Militärstützpunkte zu bauen oder Waffen zu testen. All das war zwischen den Raumfahrtmächten Konsens, als Neil Armstrong und Buzz Aldrin im Juli 1969 die US-Flagge in den Grund des Mare Tranquillitatis rammten. Sie diente lediglich als Symbol für den Besuch der US-Astronauten, die stellvertretend für alle Menschen dort landeten.

Die Unterzeichnung des Weltraumvertrags gilt seines allgemeinen Charakters wegen als eine Zeitenwende – und als geschichtlich einmaliges Ereignis. Später gelang es nie wieder, bei einem Vertragstext über den Weltraum so viel Eintracht herzustellen: Als nur zwölf Jahre später eine riesige Lücke im Vertrag den Mond betreffend geschlossen werden sollte, scheiterte dieses Vorhaben.

Bei der Lücke geht es um wirtschaftliche Interessen: Zwar gehört der Erdtrabant gemäß dem Weltraumvertrag allen, doch wem steht der Gewinn zu, den ein Staat oder ein Unternehmen macht, wenn er hier Bodenschätze fördert? All diese Fragen sind bis heute ungeklärt.

Dabei haben mehrere Raumfahrtstaaten in den vergangenen Jahren ein immenses Interesse am Mond entwickelt, das längst nicht nur wissenschaftlich zu begründen ist: Firmen wie Planetary Ressources oder Deep Space Industries planen, Rohstoffe auf Asteroiden und eines Tages auch auf dem Mond abzubauen. Mehrere Staaten haben zudem nationale Weltraumgesetze geschaffen, um Geldgeber dieser neuen Industrien nötige Sicherheiten zu geben. Forscher in den USA und China arbeiten derweil an Verfahren, auch aus Mondgestein Rohstoffe zu gewinnen. Dazu gehören vor allem Sauerstoff und Wasser, um künftige Außenposten auf der Oberfläche oder die geplante Raumstation in Mondnähe zu versorgen.

Wem genau das Material gehört, das da abgebaut und verarbeitet werden soll, lassen die bisherigen Gesetze jedoch offen: Der Mond und andere Himmelskörper seien eben Allgemeingut der Menschheit – und damit auch für jeden nutzbar, sagen die Befürworter des Bergbaus. Der Weltraumvertrag von 1967 ist dabei recht zahnlos: Zwar verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, die Rohstoffe im All zum Wohle aller Menschen zu erschließen – aber es gibt keine Möglichkeiten für rechtliche Sanktionen, wenn ein Staat eigennützige Ziele verfolgt oder sich einfach ganz aus dem Vertrag zurückzieht.

Der gescheiterte Mondvertrag

Zwar ist längst noch nicht klar, ob sich der Abbau von Rohstoffen im All jemals rechnen könnte. Doch wenn es eines Tages gelänge, dürfte ein Konflikt zwischen Unternehmen oder Staaten besonders um begrenzte Ressourcen eines Himmelskörpers vorprogrammiert sein. Wasser ist auf dem Mond beispielsweise eventuell nur in wenigen Kratern an seinen Polen vorhanden, in deren unmittelbarer Nähe es lediglich wenige Landemöglichkeiten gibt. Hier könnte es also mittelfristig zu einem Wettlauf zwischen verschiedenen Interessengruppen kommen.

1979 sollte es hierzu eine genauere Regelung geben, ein entsprechender Mondvertragsentwurf machte sehr konkrete Aussagen: Der Bergbau sollte etwa von einer internationalen Organisation überwacht werden, beispielsweise den Vereinten Nationen, die dann Abbaulizenzen vergeben würden. Auch sollten das Wissen über Rohstoffvorkommen sowie der Gewinn aus der Förderung mit allen anderen Staaten geteilt werden. Die industrialisierte erste Welt sollte damit nicht auch noch im All die Chancen der Entwicklungsländer durch ihren technologischen Vorsprung schmälern.

Doch all diese Ideen klangen vielen Regierungen schon vor 40 Jahren zu utopisch: Weder die USA noch Russland, China, Japan oder Indien haben den Mondvertrag bis heute unterzeichnet – und damit abgesehen von Frankreich keiner der wesentlichen Staaten in der Raumfahrt.

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