Demokratische Digitalgesellschaft: Die Bürgerinnen und Bürger müssen mitbestimmen dürfen
Wie lässt sich verantwortungsvolle Innovation effektiv fördern? Appelle an die Menschen bewirken wenig, wenn man die Institutionen oder Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens nicht so gestaltet, dass die Menschen Anreize und Möglichkeiten haben, diesen Forderungen nachzukommen.
Zwei Arten von derartigen Institutionen bieten sich an. Am wichtigsten ist eine Dezentralisierung der Gesellschaft (entsprechend dem "Subsidiaritätsprinzip"). Dabei sind drei Dimensionen wichtig. Die räumliche Dezentralisation besteht in einem lebendigen Föderalismus. Den Provinzen oder Bundesländern sowie den Gemeinden muss genügend Autonomie eingeräumt werden, also ein hohes Ausmaß an Steuer- und Ausgabenhoheit.
Eine funktionale Dezentralisierung gemäß staatlichen Ausgabengebieten (also beispielsweise Ausbildung, Gesundheit, Umwelt, Wasserversorgung, Verkehr, Kultur et cetera), wie sie im Konzept der FOCJ (Functional, Overlapping, Competing Jurisdictions) vorgeschlagen wird, ist ebenso erwünscht.
Als Drittes sollte die Dezentralisierung politisch sein. Die Macht zwischen Exekutive, Legislative und Jurisdiktion muss geteilt und austariert werden. Öffentliche Medien und Wissenschaft sollten weitere Säulen der Gesellschaft sein. Diese Ansätze bleiben auch in der digitalen Gesellschaft der Zukunft weiterhin wichtig.
Darüber hinaus müssen den Bürgerinnen und Bürgern direkte Mitbestimmungsmöglichkeiten in Form von Sachabstimmungen eingeräumt werden. Dabei werden in einem Diskurs alle relevanten Argumente auf den Tisch gebracht und geordnet. Die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten werden miteinander verglichen, auf die vielversprechendsten reduziert und in einem Moderationsprozess so weit wie möglich integriert. Darüber muss dann eine Sachabstimmung stattfinden, um unter den besten Lösungen jene zu identifizieren, die lokal am passfähigsten ist (im Sinne der Diversität).
Diese Prozesse sind inzwischen durch Online-Deliberations-Tools effizienter zu bewältigen. Dadurch können mehr Ideen und mehr Wissen einfließen. Das ermöglicht "kollektive Intelligenz" und bessere Lösungen. Als weiterer Ansatz zur Durchsetzung der zehn Forderungen seien neue, unorthodoxe Institutionen genannt. So könnte zum Beispiel vorgeschrieben werden, dass in jedem offiziellen Gremium ein Advocatus Diaboli Einsitz nimmt. Dieser Querdenker hat die Aufgabe, zu jeder Beschlussvorlage Gegenargumente und Alternativen anzuführen. Damit wird die Tendenz zum Denken entlang der "Political Correctness" eingeschränkt, und es werden auch unkonventionelle Lösungsansätze berücksichtigt.
Eine andere unorthodoxe Regel wäre die Einführung von Zufallsentscheidungen unter solchen Alternativen, die im Diskurs als sinnvoll erachtetet wurden. Dies erhöht die Chance, dass gelegentlich ungewöhnliche Lösungen ausprobiert werden.
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