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Hirschhausens Hirnschmalz: Gib dich her!

Warum jeder weiß, dass Organspende gut ist, und trotzdem kaum jemand einen Ausweis bei sich trägt.
Dr. Eckart von Hirschhausen

Das Gehirn ist das einzige Organ, bei dem ich bei einer Transplantation lieber Spender wäre als Empfänger. Ob eine Niere, sollten meine den Geist aufgeben, vorher das Pipi von jemand anderem gefiltert hat, wäre mir piepegal. Hauptsache sie funktioniert. Aber mit dem gebrauchten Gehirn von jemand Fremden würde ich mich doch schwertun.

Warum ich heute gleich mit der Tür ins Haus falle: Wir haben ein echtes Problem in Deutschland mit der Organspende. Und das liegt zum Teil an Mythen und Vorurteilen. Deshalb habe ich mit Studierenden der Unis Erfurt und Bielefeld versucht, über ein Thema, das so viele Fettnäpfe, um nicht zu sagen ganze Fritteusen bereithält, humorvoll in meinem Live-Programm zu reden. Die Auswertung der Fragebogen vor und nach der Show läuft. Im Vorfeld sichteten wir die Literatur dazu, was an Hindernissen bekannt ist, zum Beispiel der Altersmythos. Viele glauben: Meine Leber will doch keiner mehr haben. Aber überlassen Sie die Entscheidung ruhig den Profis. Grundsätzlich gibt es keine Altersbeschränkung bei der Organspende. Helmut Schmidt hätte vom Alter her seine Lunge noch spenden können. Jetzt liegt sie vor dem Historischen Museum – als Asphalt. Entscheidend ist nicht das kalendarische Alter des Spenders oder der Spenderin, sondern der Gesundheitszustand, also das biologische Alter des Gewebes. Generell gilt: Je jünger die verstorbene Person ist, desto mehr Organe eignen sich zur Transplantation. Doch auch die funktionstüchtige Niere eines mit über 70 Jahren Verstorbenen kann einem Dialysepatienten wieder ein fast normales Leben schenken.

Wenig bekannt ist ebenfalls, wie erfolgreich Transplantate heute sind. So funktionieren 88 Prozent der verpflanzten Nieren noch nach einem Jahr, nach fünf Jahren 74 Prozent. Auch Hornhäute sind gut transplantierbar. 95 Prozent behalten ihre volle Funktionstüchtigkeit nach einem Jahr, 80 Prozent nach fünf Jahren. Jetzt denken manche, Hornhaut? Die hobel ich doch immer ab, hätte ich die besser sammeln sollen?

Viele Länder machen das so: Jeder Bürger ist Organspender – es sei denn, er widerspricht. Bei uns ist dies dummerweise nicht so. Hier muss man sich aktiv entscheiden. Hand aufs Herz, hast DU einen Ausweis?

Deutschland ist stolz darauf, Exportnation zu sein. Ausgerechnet bei Organen sind wir auf Importe angewiesen! Organspende ist europaweit organisiert, überwindet Grenzen, weil die Menschen innerlich doch ähnlicher sind, als sie nach außen hin gerne zugeben. Was ich für den größten Denkfehler halte: unsere unbewusste Angst, »zerstückelt« zu werden. Tot ist tot. Ob ich von einem Operateur nach allen Regeln der Kunst ein Organ entnommen bekomme oder ob die Würmer oder das Feuer kommen – wo ist der Unterschied? Warum haben wir weniger Hemmungen, einer Einäscherung zuzustimmen als einer Organspende? Vor dem Krematorium sagt doch auch keiner: Machen Sie es bitte nicht so heiß, der Karl-Heinz hat Wärme immer schlecht vertragen. Ich glaube an ein Leben nach dem Tod – zumindest in Teilen. Als Organspender kann man sogar Bundespräsident werden! Jedenfalls bei Lebendspende.

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