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Hatts dufte Welt: Von Links- und Rechtsnasen

Die Nase schläft nie - aber sie arbeitet auch nur so halb. Wie sich herausstellt, macht das nichts, denn es ist genug Nase für alle Gerüche da.
Eine Frau balanciert eine Kaffeebohne auf der Nase. Warum sie das tut, bleibt ihr Geheimnis, aber es sieht sehr anmutig aus.

Am Ende des Tages, wenn der Mensch müde in die Kissen sinkt, schließt er die Augen, verstöpselt die Ohren gegen Lärm und schläft. Nicht so die Nase. Sie arbeitet nonstop. Tag und Nacht, 24 Stunden, ein Leben lang. Während der Mensch sich seinen Träumen hingibt, wacht die Nase über ihn und schnuppert weiter. Solange wir atmen, riechen wir. Ganz automatisch. Wir können die Nase auch nicht abschalten, denn allzu lange kann man die Luft schließlich nicht anhalten.

Manche Düfte gefallen der Nase besonders, zum Beispiel Orangen- oder Rosenduft. Dann träumt der Mensch etwas Schönes. Umgekehrt – das haben unsere Experimente in Schlaflabors gezeigt – kann Gestank das Gegenteil bewirken: Beim üblem Geruch von Fäkalien berichten die Menschen nach dem Aufwachen von unangenehmen Erlebnissen in ihren Träumen. Der Duft des geliebten Partners hingegen wirkt bei Männern – das ist die gute Nachricht für Frauen – ähnlich positiv auf die Trauminhalte wie der Orangenduft. Wenn die Frau verreist, sollte sie also eine Orange aufs Kopfkissen legen, um dem Mann weiterhin zumindest angenehme Träume zu bescheren. Frauen benutzen oft ein getragenes T-Shirt des geliebten Mannes oder Kindes, wenn diese verreist sind, zum besseren Einschlafen und schöner Träumen.

Die Orange im Bett ersetzt die Ehefrau

Häufig passiert es, dass die Nase genug hat, sozusagen vollkommen die Nase voll von einem bestimmten Geruch. Das kann ein eleganter Kosmetikduft sein, der uns längere Zeit umweht, genauso wie ein unangenehmer Geruch nach Knoblauch oder Schweiß. Dann schaltet die Nase einfach ab und schützt unser Gehirn vor Überreizung. Wissenschaftler sprechen von Adaptation: Die Nase hat sich an einen Geruch gewöhnt, der Mensch nimmt ihn nicht mehr wahr. Unsere Riechzellen leiten keine Strompulse mehr ins Gehirn, denn die Kanäle hierfür bleiben geschlossen. Davon betroffen ist unser Körpergeruch genauso wie unser Lieblingsparfum am Morgen. Wenn wir deshalb zur Sicherheit mehrmals kräftig nachsprühen, ernten wir womöglich ein Naserümpfen, weil andere denken, wir hätten in der Parfumflasche gebadet.

Die Adaptation macht jedoch auch so manche olfaktorische Herausforderung des Alltags erträglich. Sie kommt uns in überfüllten S-Bahnen zur Feierabendzeit ebenso zu Gute wie im Fitness-Studio oder beim Gespräch mit dem Chef, der beim Griechen zu Mittag gegessen hat: Nach einiger Zeit ist der stinkende Spuk vorbei und lässt sich erst durch eine Brise frischer Luft wieder anschalten. Auch Kaffeearoma löscht unsere »Duftfestplatte« und macht die Nase wieder empfänglich für Neues.

Auch Hundenasen kennen die Adaptation. Wenn sie eine Spur verfolgen, wenden sie deshalb einen Trick an: Sie bleiben nie zu lange in der Duftwolke der Beute, sondern schlagen einen Zickzackkurs ein, um links und rechts der Duftspur immer mal ein paar Atemzüge Frischluft zu schnappen. So befreien sie ihre Nase permanent von zu vielen Duftmolekülen und beugen der Adaptation vor. Dieselbe Strategie verfolgen übrigens Männchen der Nachtfalter: Sie fliegen im Zickzackkurs der Duftspur eines Sexualpheromons hinterher, um zwischen Bäumen und Sträuchern die Nachtfalterdame ihrer Träume aufzuspüren.

Rechts- und Linksnasen

Beim Menschen sind offenbar nicht immer sämtliche 20 Millionen Riechzellen für die Analyse von Gerüchen notwendig. Daher darf sich eine Nasenseite immer etwas ausruhen. Die Menschen unterscheiden sich dabei in Rechts- und Linksnasen. Die einen riechen zu 80 Prozent des Tages durch die das rechte Nasenloch, zu 20 Prozent durch das linke, bei den anderen ist es umgekehrt. Nur beim intensiven Schnüffeln, wenn uns ein Duft besonders interessiert, sind beide aktiv. Für das Wiedererkennen von Gerüchen spielt das keine Rolle: Was man links lernt, erkennt man auch rechts wieder. Trainierte Nasen können auf diese Weise theoretisch über eine Milliarde Düfte unterscheiden. Da genügt schon ein Zehnbillionstel Gramm Mercaptan – ein Monoterpen aus der Grapefruit. Ein Tropfen davon im Kölner Dom verteilt, wäre bereits riechbar.

Während der Mensch lange Zeit glaubte, Augen und Ohren seien für die zivilisierte Menschheit viel wichtiger als die Nase, investiert der Körper sehr sorgfältig in sein chemisches Frühwarnsystem: So reserviert er drei Prozent seiner Gene nur für die Herstellung der Riechrezeptoren, und jeden Monat organisiert er eine Frischzellenkur für sämtliche seiner Riechzellen. Stammzellen ersetzen dabei die alten Riechzellen, die womöglich durch Erkältungsviren oder Umweltgifte geschädigt sind. Sie versorgen uns also monatlich mit einer komplett neuen Riechausstattung. Wir brauchen uns daher keine Sorgen zu machen, wenn wir während eines grippalen Infekts plötzlich gar nichts mehr riechen und schmecken können. Das ist normal und in den meisten Fällen ein vorübergehender Zustand. Denn solange Alter oder Krankheit die Stammzellen nicht angreifen, läuft der Prozess lebenslang reibungslos.

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