Lexikon der Biologie: Brennesselgewächse
Brennesselgewächse, Urticaceae, Familie der Brennesselartigen, die mit ca. 45 Gattungen ( ä vgl. Tab. ) und mehr als 1000 Arten über nahezu die gesamte Erdoberfläche, insbesondere aber über die Tropen und Subtropen verbreitet ist. Mon- oder diözische Kräuter, Sträucher oder Bäume ( ä vgl. Abb. ) mit wechsel- oder gegenständigen, seltener schraubig angeordneten, oft gesägten Blättern und vielfach auch mehr oder minder hinfälligen Nebenblättern. Die diklinen (selten staminokarpellaten), kleinen, meist unscheinbaren Blüten stehen in wickligen Blütenständen, deren Gestalt durch Streckung, Stauchung oder Verbreiterung der Blütenstandsachse sehr unterschiedlich sein kann. Sie bestehen meist aus 4 (2–5) Blütenhüllblättern und ebenso vielen, vor den Hüllblättern stehenden Staubblättern bzw. einem aus nur einem Fruchtblatt bestehenden Fruchtknoten mit einer einzigen, aufrechten, grundständigen Samenanlage, aus der als Samen eine Nuß oder Steinfrucht hervorgeht. Alle Brennesselgewächse sind windblütig (Anemogamie); die Narbe ist daher bei vielen Arten zur besseren Aufnahme des Pollens pinselförmig geteilt. Oft wird der Pollen schon beim Öffnen der staminaten Blüten durch ein Zurückschnellen der Staubblätter herausgeschleudert. Nur wenige Arten der Brennesselgewächse weisen auch Brennhaare (Brennhaar) auf, z. B. Vertreter der Gattung Brennessel und der tropischen bis subtropischen, Bäume und Sträucher umfassenden Gattung Laportea ( ä vgl. Abb. ), deren Berühren zum Teil starke Schmerzen, in einigen Fällen (bei Laportea crenulata und Laportea decumana) sogar Muskellähmungen hervorrufen kann. Laportea moroides, deren Blüten in kopfartigen, wickligen Blütenständen in den Achseln der Laubblätter vereinigt sind und fleischige, in der Reife rosarote Hüllblätter besitzen, bildet himbeerartige Fruchtstände aus und wird bisweilen auch in Gewächshäusern gezogen. Die artenreichsten Gattungen der Brennesselgewächse, Pilea und Procris, sind charakteristische Schattenpflanzen der tropischen und subtropischen Wälder. Die zweizeilig beblätterten, etwas sukkulenten Sprosse liegen bei vielen Arten am Boden und treiben sproßbürtige Wurzeln. Die in Südostasien beheimatete Gattung Procris enthält aber auch mehrjährige Sträucher und Halbsträucher, die als Epiphyten auf Bäumen leben. Die zur Reifezeit rot gefärbten Achsen der weiblichen (karpellaten) Blütenstände sind saftig und süß und dienen der Samenausbreitung. Einige Arten der Gattung Pilea (Kanonierblume) werden bei uns wegen ihrer schön gezeichneten Blätter als Topfpflanzen gezogen. Zu nennen sind hier vor allem Pilea cadierei mit dunkelgrünen, bis zu 8 cm langen, eiförmigen, zwischen den Blattnerven silberweiß gezeichneten Blättern oder Pilea involucrata mit ovalen, gewellten, oberseits bronzefarbenen, unterseits purpurroten Blättern. Eine weitere Zierpflanze ist das ursprünglich im Mittelmeerraum heimische Bubiköpfchen, Soleirolia soleirolii (Helexine soleirolii), eine immergrüne, sich teppichartig ausbreitende Staude mit sehr kleinen, rundlichen Blättern. – Eine Reihe von Brennesselgewächsen liefert wirtschaftlich verwertbare Fasern (nachwachsende Rohstoffe). Neben den mehr lokal genutzten Arten Gerardinia condensata (Ostafrika), Laportea canadensis (Nordamerika), Pipturus argenteus ("Roa-Fasern" der Pazifikinseln) sowie Urtica cannabina (gemäßigtes Sibirien, Persien), Urtica dioica (Mitteleuropa) und anderen spielt die in Indien, China und Japan schon seit langem kultivierte Boehmeria nivea, die Ramie (Chinagras), als Faserpflanze bei weitem die bedeutendste Rolle. Sie ist auch die wichtigste Nutzpflanze der Brennesselgewächse. Von den zahlreichen Gattungen der Brennesselgewächse sind in Mitteleuropa lediglich die Brennessel und das Glaskraut vertreten. Brennessel-Inhaltsstoffe.
N.D.
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