Lexikon der Biologie: Chlamydien
Chlamydien [von *chlamy -], Bakterien der Gattung Chlamydia (neuerdings auch Chlamydophila, Parachlamydia, Simkania, früher Bedsonia, Miyagawanella, TRIC [Trachom-Inclusion-Conjunctivitis]-Erreger, Chlamydozoon) der Ordnung Chlamydiales (früher Rickettsien i. w. S.); obligat intrazelluläre, kokkenförmige Parasiten (0,2–1,5 μm Durchmesser), die sich nur im Cytoplasma der Wirtszellen mit einem charakteristischen Entwicklungszyklus vermehren ( vgl. Abb. ): Das freie infektiöse Partikel ("Elementarkörper", ca. 0,3 μm Durchmesser) mit elektronenoptisch dichtem Innenkörper (DNA) adsorbiert an neuraminsäurehaltigen Rezeptoren der Wirtszelle, wird durch Endocytose aufgenommen und liegt dann in einer membranumschlossenen Vakuole innerhalb der Zelle. Es erfolgt eine Umwandlung in den größeren "Initialkörper" (0,5–1,5 μm). Aus der infektiösen Form entsteht eine vegetative nichtinfektiöse Form; dabei ändern sich die Zellwandstrukturen, die kondensierte DNA lockert sich auf, und der Stoffwechsel wird aktiviert. Durch Zweiteilung vermehrt sich die parasitische Zelle mehrfach, bis die ganze Vakuole mit kleineren Partikeln ausgefüllt ist, die einen sog. "Einschlußkörper" im Wirtscytoplasma bilden. In dieser Form enthält der Parasit wieder die verdichtete DNA und kann, von der Wirtszelle freigesetzt, neue Zellen infizieren. Die verschiedenen Entwicklungsstadien lassen sich auch durch die Giemsa-Färbung unterscheiden: Die Elementarkörper erscheinen rotviolett, die Initialkörper blau und die Einschlußkörper dunkelrotviolett – Chlamydien können in embryonalen Hühnereiern (Dottersack) und zum Teil in Zellkulturen sowie verschiedenen Tiergeweben gezüchtet werden. Sie sind Erreger unterschiedlichster wichtiger Krankheiten des Menschen und von Tieren ( vgl. Infobox ); vermutlich gehören sie zu den am weitesten verbreiteten Krankheitserregern überhaupt. Bemerkenswert ist, daß sich zwischen Parasit und Wirt ein Gleichgewicht einstellen kann, das zu einer langandauernden, häufig lebenslänglich anhaltenden latenten Infektion führt. Früher wurden die Chlamydien zu den "großen Viren" (Chlamydozoon) gerechnet, da sie im Cytoplasma infizierter Zellen leben und sich nicht außerhalb von Zellen kultivieren ließen. Wegen folgender Merkmale können sie heute eindeutig den Bakterien zugeordnet werden: 1) sie enthalten DNA und RNA sowie Ribosomen, 2) die Vermehrung erfolgt durch Zweiteilung, 3) die infektiöse Form hat eine Zellwand mit Murein, die der gramnegativer Bakterien sehr ähnlich ist, 4) die Vermehrung wird durch Antibiotika und andere antimikrobielle Substanzen gehemmt, 5) es konnten einige Stoffwechselenzyme nachgewiesen werden. Von den Rickettsien i. e. S. (Ordnung Rickettsiales) unterscheiden sie sich durch unterschiedliche Einschlußkörper und einen anderen Entwicklungszyklus. Zur Einteilung und Pathogenität der Chlamydien: vgl. Infobox. Im Vergleich zu normalen freilebenden Bakterien scheinen den Chlamydien wesentliche Stoffwechselleistungen, besonders zur Energiebildung (z. B. das ATP-regenerierende System), zu fehlen. Bemerkenswert ist ihre Fähigkeit, leicht ATP durch die Zellwand aufzunehmen; man kann sie als "Energieparasiten" ansehen. Den verringerten Stoffwechselleistungen entsprechend, ist das Genom der Parasiten sehr klein (relative Molekülmasse ca. 660 Millionen
ca. 1 Million Basenpaare), was etwa einem Viertel der genetischen Information von Escherichia coli entspricht. Bakterien.
G.S.
Lit.:Allegra, L., Blasi, F.: Chlamydia Pneumoniae Infection. The Lung and the Heart. Berlin 1999. Beran, G.W.: Handbook of Zoonoses Bacterial kettsial Chlamydial Mycotic (Vol. 1). Boca Raton 21994. Lennette, E.H., Halonen, P., Murphy, F.A.: Laboratory Diagnosis of Infectious Diseases – Principles and Practice, Vol. 2: Viral, Rickettsial and Chlamydial Diseases. Berlin 1988.
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