Lexikon der Biologie: Herzinfarkt
Herzinfarktm, Myokardinfarkt, Koronarinfarkt, irreversible Schädigung (Nekrose) von Herzmuskelgewebe (Herzmuskulatur) mit Verlust der Kontraktionsfähigkeit durch eine akute Abnahme der Koronardurchblutung, häufig bei Patienten mit einer chronisch koronaren Herzkrankheit. Fast immer ist der linke Ventrikel ( Herz ) betroffen. Man unterscheidet transmurale Infarkte, die sich über die gesamte Wanddicke des Myokards erstrecken, und subendokardiale Infarkte. In Deutschland sterben pro Jahr etwa 85.000 Menschen an einem akuten Myokardinfarkt. Während die Arteriosklerose der Herzkranzgefäße nach heutiger Auffassung mehr für die Angina pectoris verantwortlich ist, ist bei der Entstehung eines Thrombus (Thrombose), der zu einem Infarkt führt, vermutlich ein entzündliches Geschehen mitbeteiligt, bei dem Abwehrzellen des Immunsystems (Makrophagen), ein entgleistes Gerinnungssystem (Blutgerinnung) und Koronargefäßspasmen, die von den Endothelzellen der Herzkranzgefäße vermittelt werden, eine Rolle spielen. Diese neue Theorie stützt sich auf die Beobachtung, daß die tödlichen Thromben meist in Gefäßabschnitten liegen, die durch die Arteriosklerose nicht besonders verengt waren. Ursache für den Gewebsuntergang im Infarktbezirk ist letztlich der anhaltende Sauerstoffmangel. Ein Herzinfarkt tritt oft bei starker körperlicher oder psychischer Belastung auf, wenn der gesteigerte O2-Bedarf des Herzmuskels nicht mehr gedeckt werden kann. Leitsymptome sind ein schweres Druckgefühl oder brennender Schmerz hinter dem Brustbein, der oft in den linken Arm oder in den Hals ausstrahlt, Atemnot, ein schwacher, unregelmäßiger Puls, Blässe, kalter Schweiß sowie Todesangst und Vernichtungsgefühle. Die Diagnose erfolgt über das Elektrokardiogramm ( vgl. Abb. ) und über die Bestimmung bestimmter Serumenzyme (Serumproteine). Dabei spielen besonders die herzmuskelspezifischen Isoenzyme der Kreatinkinase (CK-MB) und Lactat-Dehydrogenase (LDH) sowie die α-Hydroxybutyrat-Dehydrogenase (α-HBDH) eine entscheidende Rolle. Die HBDH hat mit einer Halbwertszeit von 113 Stunden eine extrem geringe Eliminationsrate, so daß durch die Bestimmung dieses Enzyms auch noch nach 22 Tagen ein abgelaufener Infarkt erkannt werden kann. Zur Frühdiagnose eignet sich die Bestimmung der Troponine im Serum (Proteine, die bei der Kontraktion des Herzmuskels wirksam sind; Muskelkontraktion). Diese hochspezifischen Frühmarker können schon 3 Stunden nach dem Infarkt mit einem Schnelltest nachgewiesen werden. Der Verlauf der Erkrankung ist abhängig von der Lokalisation und der Größe des Infarkts sowie von der Funktionsfähigkeit des restlichen Myokards. So kann ein Infarkt vom Patienten kaum bemerkt werden („stummer Infarkt“) oder sofort zum Tod führen (akuter Koronartod). Liegt das „Reizleitungssystem“ (Herzautomatismus) im Infarktbezirk, können auch kleinere Infarkte tödliche Rhythmusstörungen (Arrhythmien) verursachen. Weitere Komplikationen sind Pumpversagen, Herzwandaneurysmen, Wandrupturen, Embolien bei Ablösung intrakardialer Thromben, Mitralklappeninsuffizienz, Perikarditis. Die Therapie hat das primäre Ziel, den Verlust an Myokardgewebe zu limitieren und Komplikationen zu vermeiden: Ruhigstellung, Schmerzbehandlung (Opiate), koronare Thrombolyse mit Streptokinase, Gerinnungshemmung (Antikoagulantien, Heparin), Prophylaxe von Rhythmusstörungen (Antiarrhythmika), Koronardilatation (Nitroglycerin [Glycerintrinitrat], Calcium-Antagonisten, sog. Ballondilatation), Bypass-Operation. Zur Zeit werden neue Therapieansätze erprobt: So gelang es bei Infarktpatienten, das Wachstum neuer Koronargefäße (Angiogenese, Angiogenesefaktoren) durch eine Behandlung mit dem Wachstumsfaktor bFGF (in das Herzmuskelgewebe injiziert; fibroblast growth factor) anzuregen. Im Tierexperiment konnte man nach Injektion von unreifen Muskelzellen (Myoblasten) in das vorgeschädigte Herz von Kaninchen eine um bis zu 100% gesteigerte Kontraktionsfähigkeit beobachten. CK/GOT-Quotient, Herzinsuffizienz.
Ch.J./U.L.
Herzinfarkt
Die dem Herzinfarkt in den meisten Fällen zugrundeliegende Krankheit ist eine arteriosklerotische Veränderung der inneren Wand der Gefäße (Arteriosklerose). Wo die Passage verengt ist, kann sich leicht ein Blutgerinnsel (1) bilden und einen Verschluß des Gefäßes bedingen.
1 Sitz des Gefäßverschlusses (Arteriosklerose der Herzkranzschlagader = Koronarsklerose, oder Thrombose = Koronarthrombose).
2 Infarkt des von der Blutversorgung abgeschnittenen Herzmuskelabschnitts.
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