Gute Nacht – die Kolumne für besseren Schlaf: Hilft Kaffee bei der Zeitumstellung?

Im Frühling, wenn die Natur erwacht, macht die Zeitumstellung das morgendliche Aufstehen noch einmal schwer. Sieben Uhr morgens fühlt sich plötzlich wie sechs Uhr an – für manche quasi mitten in der Nacht. Abends fühlt sich 23 Uhr an wie 22 Uhr, so dass auch das Einschlafen schwerfällt. Schlafmangel ist die Folge. Und während wirklich noch nie jemand wegen einer Zeitumstellungskrise in meine Schlafberatung kam, höre ich die Frage privat derzeit ziemlich oft: Ist die Zeitumstellung ungesund? Und ist Kaffee die Lösung?
Kaffee kann helfen. Und während die Zeitumstellung für die meisten nicht mehr als unangenehm ist, kann sie für manche ungesund werden. Wie so oft ist es die Gestaltung des Alltags, die über das Wohlbefinden entscheidet. Also nehmen Sie sich einen Kaffee und etwas Zeit für die Vorbereitung, dann kommen Sie auch gut durch die Zeitumstellung. Los geht's:
Für wen ist die Zeitumstellung ungesund?
Menschen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten die Zeitumstellung ernst nehmen. In einer Studie in Michigan maßen Fachleute am Montag nach der Zeitumstellung ein um 24 Prozent erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt, eine finnische Studie berichtet von einem um acht Prozent höheren Risiko für einen Schlaganfall an den ersten beiden Tagen. Risikofaktoren sind eine bestehende Herzerkrankung oder Bluthochdruck, aber auch Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht. Ihnen rate ich, sich eine entspannte Woche zu machen, gern nach Absprache mit Ärzten, mit Spaziergängen, individuell gesunder Ernährung und bei Bedarf nach hinten angepassten Arbeitszeiten. Achten Sie auf sich.
Ebenfalls mehr zu leiden haben die chronobiologischen Eulen, also Menschen, die genetisch bedingt später schlafen und später aufwachen. Um das greifbar zu machen, müssen wir die Vorstellung ablegen, dass wir die Uhren umgestellt haben – unserem Körper sind die Uhren nämlich egal. Wir registrieren, dass sich das Licht verändert hat. Nach der Umstellung wird es abends später dunkel und, verhängnisvoll für Eulen, morgens später hell.
Für Lerchen dagegen, also Frühaufstehende, ist die Zeitumstellung vielleicht gar kein Thema: Wer aufwacht, bevor der Alltag beginnt, der hat Pufferzeit. Die inneren Uhren des Körpers werden sich dann langsam an die veränderten Lichtverhältnisse anpassen. Das bezieht sich insbesondere auf den Botenstoff Melatonin: Seine Ausschüttung muss nach vorn verlagert werden. Das ist für die Lerchen kein Problem, denn sie haben ja Zeit.
Anders ist es bei den Eulen: Wenn der Körper am Abend sowieso schon länger braucht, um Melatonin auszuschütten, dann wird das nicht leichter, wenn es später dunkel wird. Es wird schwieriger. Und das kostet Schlaf. Dieser Schlafmangel macht Unfälle wahrscheinlicher. In den USA wurde die Erhöhung mit sechs Prozent beziffert, das Forschungsteam berichtet in »Cell«, dass dort ohne die Zeitumstellung 28 tödliche Unfälle verhindert werden könnten.
Hilft mir Kaffee?
Wenn ich von Kaffee spreche, dann möchte ich zunächst betonen, dass ich Menschen mit Herz-Kreislauf-Belastungen oder -Erkrankungen nicht rate, diesen zu trinken. Dazu sollte man Fach- oder Hausärzte fragen, denn das unterscheidet sich von Person zu Person. Viele Menschen dürften dabei aber positiv überrascht werden; also fragen Sie ruhig mal nach, wie viel Sie trinken dürfen. Kaffee hat sein Image, herz-kreislauf-schädigend zu sein, inzwischen vor allem an Zucker und Bewegungsmangel abgegeben.
Wer nur eine leichte Müdigkeit bekämpfen will, dem könnte ein Kaffee ganz guttun. Das liegt an der biochemischen Wirkung des Koffeins. Koffein ähnelt dem Adenosin strukturell. Und Adenosin ist einer der Stoffe, die dem Organismus signalisieren, dass der Körper Erholung braucht, also Schlaf. Dockt Koffein an Adenosin-Rezeptoren an, dann kommt das Adenosin nicht mehr zu Wort. Der Körper braucht dann eigentlich immer noch Erholung. Er ist aber erst einmal wach.
Wenn Sie neugierig sind, probieren Sie es aus: Wer mehr Kaffee als sonst trinkt, oder später, der kann diesen Effekt abends spüren. Dafür brauchen Sie gar keine extremen Mengen. Das Experiment funktioniert schon mit einer kleinen Tasse Kaffee am Nachmittag, natürlich nur bei Menschen, die dies nicht gewohnt sind. Ich empfehle einen stressarmen Tag und Abend dafür zu wählen. Abends wird spürbar: Es ist Schlafenszeit, mein Körper ist müde – aber ich bin sehr wach.
Und wie gehe ich jetzt mit der Zeitumstellung um?
Für die Zeitumstellung können wir Kaffee anders nutzen. Zunächst einmal würde ich den ersten Kaffee später trinken als sonst. Morgens ist der Cortisol-Spiegel im Körper hoch, das aktiviert den Körper bereits. Wer den Kaffee – in Bezug auf die Uhrzeit – eine Stunde später als gewohnt trinkt, trinkt ihn damit zur körperlich gewohnten Zeit. In den folgenden Tagen verlegen Sie ihn dann langsam nach vorn. Nachmittags würde ich die Finger vom Kaffee lassen, bis Sie sich an die Sommerzeit gewöhnt haben. Diese kleine Veränderung im Tagesrhythmus signalisiert dem Körper, dass er sich an eine neue Zeitrechnung gewöhnen muss.
Allen Menschen, insbesondere aber den chronobiologischen Eulen rate ich, so oft wie möglich morgens nach draußen zu gehen und sich zu bewegen. Tageslicht gehört zu den Zeitgebern, es sagt dem Körper: Der Tag beginnt, pass deine Prozesse an. Wer mit der Zeitumstellung zu kämpfen hat, der kann das gern schon ein paar Tage früher anfangen.
Dann hilft es noch, abends die Vorhänge zu schließen und elektronische Geräte ein wenig früher wegzulegen als gewohnt. Auch dies signalisiert: Es wird Abend, bald kommt der Schlaf. Kombinieren Sie das mit einer heißen Dusche und einem kühlen Schlafzimmer, und Sie haben sich bald umgewöhnt. Am Ende ist die Zeitumstellung nichts anderes als eine Reise in eine andere Zeitzone. Und das kann Ihr Körper, ganz sicher.
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