Lexikon der Biologie: Lungenentzündung
Lungenentzündung, Pneumonie, akute oder chronische Entzündung des Lungenparenchyms (Lunge) mit unterschiedlicher Ursache, meist mit infektiöser Genese. Eine Klassifizierung der Lungenentzündung erfolgt entweder 1) nach dem hauptsächlich betroffenen Lungenabschnitt (morphologisches Kriterium) in eine a) Lobulär-Lungenentzündung: betrifft einen ganzen Lungenlappen und wird meist hervorgerufen durch den Erreger Streptococcus pneumoniae, b) Bronchopneumonie: betroffen sind herdförmig die kleinsten Bronchien und das sie umgebende Gewebe, c) interstitielle Lungenentzündung: betrifft in erster Linie das „Lungengerüst", tritt vor allem bei immungeschwächten Patienten auf, meist von Viren hervorgerufen (Viruspneumonie), oder 2) nach den die Lungenentzündung auslösenden Faktoren. Dabei unterscheidet man eine primäre Lungenentzündung, die ohne vorausgehende Erkrankung oder Lungenvorschädigung auftritt, und eine sekundäre Lungenentzündung, die als Folge anderer pulmonaler Erkrankungen (Lungeninfarkt, Lungenödem, Bronchialkarzinom [Krebs]) oder im Rahmen von malignen (Leukämie), infektiösen (Keuchhusten, Masern, Grippe, Leptospirosen, Malaria, Typhus) oder anderen Allgemeinerkrankungen (z.B. Kollagenosen) auftritt. Die opportunistische Lungenentzündung tritt bei abwehrgeschwächten Personen auf (z.B. bei AIDS oder unter Chemotherapie) und wird durch Erreger hervorgerufen, die bei normaler Abwehrlage keine Lungenentzündung verursachen, z.B. durch Pneumocystis carinii (Haplosporida, Pneumocystose) oder Herpesviren. Nicht-infektiöse Lungenentzündungen können durch allergische Vorgänge (Allergie), Inhalation von Metalldämpfen oder Fremdkörpern (z.B. Nußkrümel), Atemgifte, Arzneimittel und Strahlen ausgelöst werden. Häufiger sind jedoch die infektiösen Lungenentzündungen, die durch Bakterien, Viren, Pilze, Mycoplasmen oder Protozoen verursacht werden (Infektionskrankheiten). Bei den bakteriellen Erregern sind vor allem die Pneumokokken (Streptococcus) zu nennen, gefolgt von den Staphylokokken (Staphylococcus) und Haemophilus influenzae. Bei stationären Patienten sind hauptsächlich die Infektionen mit gramnegativen Keimen (Pseudomonas aeruginosa, Enterobacteriaceae) und Staphylokokken als Erreger von Bedeutung (Hospitalismus).
Die Manifestation einer Lungenentzündung ist abhängig von der Virulenz des Erregers und der Leistungsfähigkeit des individuellen unspezifischen Abwehrsystems. Besonders gefährdet sind schwerkranke Patienten mit Immunabwehrschwäche (z.B. AIDS), Diabetes mellitus und langjährige Raucher (Rauchen) sowie Kranke mit mangelnder Durchblutung und Belüftung der Lunge (z.B. durch Bettlägrigkeit oder bei Lungentumoren [Krebs]). Begünstigend wirken sich u.a. eine Verminderung der Aktivität alveolärer Makrophagen, mucöse Hypersekretion sowie die Inhalation trockener Luft über längere Zeiträume hin aus. Leitsymptome der bakteriellen Lungenentzündung sind Fieber, Husten, Auswurf und Thoraxschmerzen. Beim unkomplizierten Verlauf kommt es gegen Ende der ersten Krankheitswoche zum Abfall des Fiebers. Die Diagnose erfolgt durch den röntgenologischen Nachweis eines pulmonalen Infiltrats. Im Blutbild läßt sich häufig eine Leukocytose (Leukocytenkurve) mit einer Linksverschiebung und eine stark beschleunigte Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (Blutsenkung) feststellen. Der Erregernachweis erfolgt mikrobiologisch. Bei nicht-bakteriellen Lungenentzündungen sollte eine serologische Untersuchung (Serumproteine) durchgeführt werden. Die Therapie erfolgt symptomatisch mit allgemeinen Maßnahmen wie körperlicher Schonung, reichlicher Flüssigkeitszufuhr, frühzeitiger Beatmung bei einer Schocklunge und spezifischen Antibiotika.
Für alle Menschen ab dem 60. Lebensjahr sowie für besonders gefährdete Personen, z.B. chronisch Lungen-, Herz-Kreislauf- und Nierenkranke, wird eine Impfung gegen Streptococcus pneumoniae empfohlen, die nicht nur das Risiko einer Lungenentzündung senkt, sondern auch die Entstehung von Antibiotika-Resistenzen eindämmen kann. Feyrter (F.), Fraenkel (A.), Friedländer (C.), Ruffer (M.A.).
Ch.J./S.Kl.
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