Lexikon der Biologie: Grünalgen
Grünalgen, Chlorophyceae, Klasse der Algen (nach der neueren Systematik der Chlorophyta), in der über 7000 Arten in 450 Gattungen zusammengefaßt sind. Die Gliederung der Ordnungen, von denen nach der neueren Systematik viele zu Klassen hochgestuft werden ( ü vgl. Tab. 1 ), ist teilweise noch unbefriedigend; phylogenetische Zusammenhänge sind vielfach nicht sicher nachweisbar, und die Grünalgen sind als paraphyletische Gruppe anzusehen. Die Charales, Zygnematales und (innerhalb der Chaetophorales) die Coleochaetaceae werden traditionellerweise noch zu den Grünalgen gezählt. Diese Taxa zeigen aufgrund molekularbiologischer Befunde (Sequenzanalysen ribosomaler DNA, statistische Auswertung von Sequenzvergleichen) als eigene Entwicklungslinien jedoch größere Gemeinsamkeiten mit den Embryophyta. – Die Grünalgen kommen überwiegend (ca. 90%) im Plankton und Benthos des Süßwassers, selten im Küstenbereich der Meere, aber auch in der Luft vor (Luftalgen). Andere Vertreter leben symbiontisch in Flechten oder in Niederen Tieren (z.B. im SüßwasserpolypenHydra; Zoochlorellen). Einige wenige Arten haben sogar ihre Assimilationspigmente verloren und leben heterotroph. – Die rein grünen Chloroplasten der Grünalgen besitzen neben akzessorischen Pigmenten (Carotine, Xanthophylle) die Chlorophylle a und b. Als Reservestoffe werden innerhalb der Chloroplasten an den Pyrenoiden Stärke, an anderer Stelle vielfach auch erhebliche Mengen von Lipiden gespeichert. Bei Grünalgen ( ü vgl. Abb. ) kommen, bis auf amöboide Formen, die nur bei Fortpflanzungsstadien nachgewiesen sind, alle Organisationsstufen ( Algen I ) bis zu den Gewebe- und Flechtthalli vor. Letztere Formen ähneln bereits den Höheren Pflanzen. Die Zellen sind ein- oder vielkernig; die Zellwand besteht aus Cellulose und Pektin. Die beinahe durchweg begeißelten Fortpflanzungskörper besitzen 2, 4, selten mehr gleichgestaltete (isokonte), flimmerlose Peitschengeißeln (Begeißelung). Die Ultrastruktur des Geißelapparats, insbesondere die Lage der Basalkörper, ist in der Systematik von besonderer Bedeutung. Die sexuelle Fortpflanzung erfolgt als Isogamie, Anisogamie oder Oogamie (Befruchtung, Abb.). Bei Süßwasserarten ist die Zygote meist Überdauerungsstadium (Dauerstadien). Es gibt Haplonten, vielfach Diplo-Haplonten und wenige Diplonten. – Blattartige Grünalgen, z.B. Monostroma (Monostromataceae), werden in Ostasien als Suppen- und Gemüsebeilage gegessen (Meereswirtschaft). In den vergangenen Jahrzehnten wurden Versuche unternommen, um Mikroalgen (u.a. Chlorella [Oocystaceae] und Scenedesmus [Scenedesmaceae] sowiedie Blaualge Spirulina) zur Gewinnung insbesondere essentieller Aminosäuren zu verwenden ( ü vgl. Tab. 2 ). Bei Algenkulturen in den Tropen und Subtropen erreichte man bei Scenedesmus quadricauda einen Tagesertrag von 45 g Algentrockenmasse pro m2; dies entspricht bei einer Kulturdauer von ca. 100 Tagen pro Jahr 45–60 t Algentrockenmasse pro ha mit 22–30 t Proteinen (zum Vergleich: Weizen erbringt 3,5 t Trockenmasse pro ha mit 0,4 t Proteinen). Die Produktionskosten liegen mit 4–6 DM/kg Trockenmasse zur Zeit (1996) noch sehr hoch. Auch die Produktion in besser kontrollier- und steuerbaren geschlossenen Systemen (Bioreaktor, Biosolarzelle) ist noch unrentabel. Neuere Entwicklungen zielen auch auf eine Kohlendioxid- und Abwärmenutzung in Kraftwerken ab: im Labormaßstab überleben einige Grünalgen-Arten in extrem kohlendioxidhaltigen, sauren, alkalischen oder mit Schadstoffen belasteten Medien und könnten in größerem Rahmen so zur Rauchgaswäsche (Luftverschmutzung, Rauchgasschäden) verwendet werden. Bei allen Anwendungen verhindern die derzeit nur ungenügenden Kenntnisse zur Genetik der Algen zudem gentechnische Verbesserungen. Ein gewichtiger Nachteil der Algen bei ihrer wirtschaftlichen Nutzung sind auch die hohen Konzentrationen des carcinogenen Benzpyrens. Algen besitzen auch einen relativ hohen Schwermetallgehalt (Schwermetalle wie Cadmium, Blei, Quecksilber und andere) und einen hohen Purinanteil (Purin), der den Harnstoffwechsel des Menschen stark beeinflussen kann. Landpflanzen, Pflanzen; Algen II Algen IV Algen V , Einzeller II .
R.B./A.Se./T.Sp.
Grünalgen
Kolonien von Volvox
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