Lexikon der Biologie: Blei
Blei, 1)m [von mittelniederländisch blei = Brachsen], der Brachsen. 2)s, chemisches Zeichen Pb, chemisches Element, in reiner Form ein sehr weiches, dehnbares Schwermetall, das in natürlichen biologischen Systemen nur als akzidentelles Spurenelement gefunden wird. Blei in Form von Dämpfen, Staub oder Bleiverbindungen, insbesondere das als Antiklopfmittel im Benzin enthaltene Bleitetraethyl, Pb(C2H5)4, ist gesundheitsschädlich und wurde weltweit als Umweltgift (Gifte, Luftverschmutzung, Schadstoffe) anerkannt ( vgl. Infobox ). Die Giftigkeit von Blei war schon im Altertum bekannt. Wegen der geringen Resorbierbarkeit im Magen-Darm-Trakt sind akute Bleivergiftungen (s. u.) relativ selten. Aerosole der Salze oder Oxide des Bleis, wie sie vor allem mit Auspuff-Abgasen freigesetzt werden, werden jedoch sehr effektiv über die Lunge aufgenommen und bilden ein hohes Gefährdungspotential. Gleiches gilt für organische Bleiverbindungen, die meist lipophil sind und über die Haut resorbiert werden können. Nicht wieder ausgeschiedenes Blei wird größtenteils in den Knochen deponiert ("Knochenfalle"), im Blut zirkulierendes Blei ist zu etwa 95% an das Hämoglobin der Erythrocyten gebunden. Die bevorzugten Angriffsorte von Blei sind die glatte Muskulatur, das hämatopoetische System der Erythrocyten (Blutbildung) sowie motorische und sensorische Anteile des Nervensystems. Der Mechanismus der Bleiwirkung in der glatten Muskulatur ist nicht gesichert. Im hämatopoetischen System blockiert Blei unter anderem die Wirkung der δ-Aminolävulinat-Dehydratase, Ferrochelatase und Koprogenase und beeinträchtigt damit die Synthese des Porphyrinanteils (Porphyrin) von Hämoglobin. In Nervenzellen wirkt es auf den Energiehaushalt, beeinflußt den Transport von Na+-, K+- und Ca2+-Ionen (Ionentransport) und stört damit die Sekretion von Neurotransmittern und als Folge davon die Übertragung der Nervenimpulse an den Synapsen. Folgen einer akuten Bleivergiftung sind extreme Koliken (Bleikolik) und Erbrechen bis hin zum Koma oder zum Tod durch Herz-Kreislauf-Versagen. Chronische Bleivergiftungen äußern sich unter anderem in Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Blässe (Bleiblässe), Anämie, Verfärbungen am Zahnfleischrand (Bleisaum) und Muskelschwäche (Bleilähmung), bei Mobilisation großer Bleimengen aus den Knochen können Symptome einer akuten Bleivergiftung auftreten (Bleikrise). Der MAK-Wert für Blei in der Atemluft beträgt 0,1 μg/l (0,1 mg/m3). – Blei gehörte zu den ersten Metallen, die der Mensch aus Erzen gewinnen konnte. Es diente in der Antike zur Herstellung von Wasserleitungsrohren, Küchengeräten und anderen Gebrauchsgegenständen. Heute werden weltweit jährlich ca. 3 Millionen Tonnen Blei zur Herstellung von Batterien, Pigmenten, Lötmetall und – inzwischen kaum noch – Bleibenzin verarbeitet. Eine Bleigefährdung besteht durch Lötmaterial von Konservendosen, durch zum Teil in älteren Häusern noch vorhandene Bleipigmente (Bleiweiß, Mennige, Bleiglätte) und bleihaltige Wasserleitungen, aus denen durch Einwirkung von Säuren Blei herausgelöst werden kann. Früher stammten 80% des in die Biosphäre gelangenden Bleis aus dem Bleibenzin, weshalb der Bleigehalt von Benzin gesetzlich reduziert wurde und in Zukunft nur noch bleifreies Benzin verwendet werden soll. In Form von Blei-Arsenaten wird Blei zur Schädlingsbekämpfung, besonders im Weinbau, eingesetzt. Da Blei und bleihaltige Werkstoffe von besonders geringer Durchlässigkeit für ionisierende Strahlen (Radioaktivität), insbesondere Röntgenstrahlen, sind, eignen sie sich zur Strahlenabschirmung (Abschirmstoffe, Bleiäquivalent, Strahlenschutz). Bleimethode, Bleitoleranz, Hevesy (G. de), Keimgifte, Schwermetalle.
H.K./M.B.
Lit.:Roth, L.: Blei und Bleiverbindungen. Eigenschaften, Vorkommen, Verwendung, Arbeitsschutz, Umwelt, Lagerung, Entsorgung, Toxizität, Diagnostik, Therapie. Landsberg 1996.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.