Lexikon der Biologie: Röntgenstrahlen
Röntgenstrahlen, X-Strahlen, Röntgenstrahlung, von W.C. Röntgen 1895 entdeckte energiereiche, sehr kurzwellige, durchdringende elektromagnetische Strahlung (elektromagnetisches Feld, elektromagnetisches Spektrum [Abb.]), die beim plötzlichen Abbremsen (Bremsstrahlung) schneller Elektronen (Kathodenstrahlung) im Antikathodenmaterial (z.B. einer Röntgenröhre) und als charakteristische Strahlung aus Quantenübergängen in den inneren Elektronenschalen angeregter Atome (Anregung) entsteht ( ö vgl. Abb. 1 ). Die Wellenlängen reichen von unter 10–5 nm bis über 10 nm (harte bzw. weiche Röntgenstrahlen). Beim Auftreffen auf Materie erzeugen die primären Röntgenstrahlen als Folge des sog. Compton-Effekt und lichtelektrischen Effekts Elektronenstrahlen (sie ionisieren z.B. die durchstrahlte Luft; Ionisation) und sekundäre Röntgenstrahlen (Fluoreszenzstrahlung; Fluoreszenz) größerer Wellenlängen. Röntgenstrahlen zeigen als Folge ihrer Wellennatur die Erscheinungen der Beugung und Interferenz (Röntgenstrukturanalyse [Abb.]), hingegen kaum der Brechung (Elektronenmikroskop, Röntgenmikroskopie). Das Durchdringungsvermögen (die Härte) der Röntgenstrahlen hängt u.a. direkt von der angelegten Hochspannung in der Röntgenröhre ab. Der Nachweis erfolgt mittels Geiger-Müller-Zählrohr, Ionisationskammern, Szintillationszähler und photographisch. – Aufgrund ihres hohen Ionisierungsvermögens bewirken Röntgenstrahlen häufig starke biologische und chemische Veränderungen (Strahlenschäden). Sie wirken als physikalische Mutagene. Ihre relative biologische Wirksamkeit entspricht etwa der von Gammastrahlen. – Röntgenstrahlen erfahren aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften vielfältige medizinische und technische Anwendung. 1) Röntgenbestrahlung (Röntgentherapie): Behandlung von Krankheiten mit Röntgenstrahlen, die wie alle ionisierenden Strahlen im Endeffekt das Krebsgewebe (Krebs) mehr schädigen als die gesunden Körperzellen (Strahlentherapie). Der Intensität der Röntgenstrahlen ist durch die Schädigung des gesunden Gewebes eine Grenze gesetzt. 2) Röntgenuntersuchung (Röntgendiagnostik): Erkennung von Krankheiten mit Hilfe von Röntgenstrahlen. Hierbei macht man sich die Tatsache zunutze, daß die Absorption von Röntgenstrahlen durch Materie mit zunehmender Materiedichte (bzw. Ordnungszahl) ansteigt. (Knochen absorbieren Röntgenstrahlen aufgrund ihrer höheren Dichte [u.a. Calcium] stärker als das umliegende Gewebe.) Bei der Röntgendurchleuchtung kann man die Bewegung der Organe erkennen, bei der Röntgenaufnahme werden die Einzelheiten besser sichtbar. Bei der Schirmbildphotographie für Massen-Reihenuntersuchungen wird eine photographische Aufnahme vom Leuchtschirmbild abgenommen. Bei der Röntgenkontrastdarstellung werden die Hohlorgane des Körpers und ihre Eigenbewegungen durch Füllung mit Röntgenkontrastmitteln (Stoffe hoher Ordnungszahl, z.B. Bariumsulfat, bestimmte Iodverbindungen [iodhaltige Röntgenkontrastmittel]) oder (im umgekehrten Vorgang, z.B. bei Hirnventrikeln) mit Luft (kaum Absorption von Röntgenstrahlen) sichtbar gemacht ( ö vgl. Abb. 2 ). Ein modernes Verfahren, das die Röntgendiagnostik revolutioniert hat, ist die Computertomographie. 3)Röntgenographie (Radiographie): Materialuntersuchung mit Hilfe von Röntgenstrahlen. 4) Strahlungs-Konservierung. Mikrotomographie, Radioaktivität, Radiologie, Strahlenbelastung, Strahlendosis.
Röntgenstrahlen
Abb. 1 Elektrische Anordnung einer Röntgenanlage mit Röntgenröhre. Die Röntgenröhre ist ein evakuierter Glaskolben, in dem als Kathode (negativ geladene Elektrode) ein Glühdraht mit Metallabschirmung (Wehnelt-Zylinder) und als Anode (Antikathode, positiv geladen) ein – eventuell gekühltes – Wolframblech dient. An den Elektroden liegt eine hohe Gleichspannung an (bis ca. 250 kV).
Röntgenstrahlen
Abb.2 Beispiele für Röntgenaufnahmen:a Knochenbruch im Unterarm; b Wasserkopf (Hydrocephalus; u.a. abnorme Vergrößerung der Hirnventrikel), von vorn gesehen; das abgelassene Hirnwasser wurde durch Luft ersetzt (dunkle Flächen).
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