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Lexikon der Chemie: Dipolmoment

Dipolmoment, Produkt aus der Ladung q zweier Punktladungen von gleichem Betrag, aber entgegengesetztem Vorzeichen und dem Vektor r, dessen Richtung vom positiven zum negativen Pol definiert ist und dessen Länge l dem Abstand der beiden Punktladungen entspricht: μ = qr. Eine derartige Anordnung von zwei punktförmigen elektrischen Ladungen gleicher Größe und verschiedener Vorzeichen im Abstand l wird als Dipol bezeichnet. Da die experimentelle Bestimmung der Richtung schwierig ist, gibt man meistens nur den Betrag des D. an: |μ| = ql. Die Einheit des D. ist Cm (Coulombmeter). Molekulare D. wurden früher meist in Debye-Einheiten (D) angegeben, da ihre Zahlenwerte in diesem Maßsystem zwischen 0 und 10 liegen: 1 D = 0,3336·10-29 Cm. In einem Molekül können nur die positiv geladenen Kerne als Punktladungen behandelt werden. Der aus der kontinuierlichen Ladungsverteilung der Elektronen resultierende Beitrag ist nur über die Wellenfunktion Ψ des Moleküls zugänglich. Einfache Atome sind aufgrund ihrer gleich großen Ladungen im Kern (positiv) und in der Elektronenhülle (negativ) elektrisch unpolar und zeigen nur unter der Einwirkung eines elektrischen Feldes ein geringes D. Dagegen haben viele Moleküle durch die unterschiedliche Elektronegativität der einzelnen Atome ein permanentes D., das unabhängig von äußeren Feldern existiert (Tab. 1). Näherungsweise kann das permanente D. eines Moleküls durch vektorielle Addition der einzelnen Bindungsdipolmomente (Additivitätsprinzip) berechnet werden (Tab. 2). Für Moleküle mit einsamen Elektronenpaaren muß deren atomares Moment berücksichtigt werden. Die Richtung der Bindungsdipolmomente ergibt sich aus den Elektronegativitäten der beteiligten Atome. Dipolmomentmessungen liefern wichtige Hinweise auf die Molekülstruktur. So kann aus dem Befund μ(CO2) = 0 Cm auf eine lineare Struktur des CO2-Moleküls geschlossen werden. Die Unterscheidung zwischen cis- und trans-Isomeren des 1,2-Dichlorethens ist durch Messung des D. möglich, da nur für die cis-Form ein D. (μ = 0,43·10-29 Cm) resultiert, während die trans-Form ein D. von Null aufweist. Abweichungen zwischen den nach der bekannten Struktur additiv berechneten Dipolmomenten von Molekülen und den experimentellen Werten deuten auf besondere Bindungsverhältnisse hin, z. B. starke Wechselwirkungen zwischen benachbarten Bindungen oder delokalisierte Bindungen. Bringt man ein Molekül in ein äußeres elektrisches Feld, so werden die Elektronen zum positiven und die Atomkerne zum negativen Pol des Feldes verschoben und als Folge resultiert ein induziertes D. (Polarisation 2).

Dipolmoment. Tab. 1: Dipolmoment von Molekülen in Cm.

Molekül μ · 1029
Wasserstoff H2 0
Chlor Cl2 0
Chlorwasserstoff HCl 0,36
Bromwasserstoff HBr 0,26
Iodwasserstoff HI 0,13
Kohlenmonoxid CO 0,04
Stickstoffmonoxid NO 0,05
Kohlendioxid CO2 0
Stickstoffdioxid NO2 0,06
Methan CH4 0
Wasser H2O 0,61
Schwefelwasserstoff H2S 0,26
Methanol CH3OH 0,56
Ethanol C2H5OH 0,53
Benzol C6H6 0
Chlorbenzol C6H5Cl 0,51
Benzonitril C6H5CN 1,38

Dipolmoment. Tab. 2: Bindungs- und Gruppendipolmomente μA-B · 1029 in Cm (Orientierung A → B).

H-C 0,13 C-F 0,61
H-N 0,55 C-Cl alkyl
aryl
0,68
0,52
H-O 0,53 C-Br alkyl
aryl
0,68
0,51
H-S 0,22 C-I 0,6
C-O 0,97 H3C 0,13
C-N 0,2 NO2 1,32
C=O 0,9 C≡N 1,31
  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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