Lexikon der Geographie: schulisches Bildungsverhalten
schulisches Bildungsverhalten, durch verschiedene Kategorien von Faktoren beeinflusstes Bildungsverhalten innerhalb des Schulsystems: a) Faktoren, welche die Schichtzugehörigkeit, den Lebensstil und das soziokulturelle Milieu des Elternhauses betreffen; b) Faktoren, welche sich auf die Begabung, Leistungsmotivation und die beruflichen Aspirationen der Schüler beziehen; c) Faktoren, welche das schulische Umfeld umfassen, z.B. die schulische Infrastruktur, das Standortmuster verschiedener Schultypen, die Schulwegbedingungen und die Qualifikation des Lehrpersonals und d) Faktoren, die das gesellschaftliche und ökonomische Umfeld im weitesten Sinne beschreiben, wozu u.a. der Stellenwert der schulischen Ausbildung und des meritokratischen Prinzips im gesellschaftlichen Wertsystem, die Bildungspolitik und Bildungsfinanzierung, die Vielfalt und Qualifikationsstruktur des Arbeitsplatzangebotes in der Wohnregion der Schüler, Mangelkrisen und Überfüllungskrisen auf dem akademischen Arbeitsmarkt sowie das Angebot an kulturellen Einrichtungen dazugehört. Der Einfluss der einzelnen Faktoren auf das schulische Bildungsverhalten und die Stärke der Wechselbeziehungen zwischen den Faktoren werden durch den lokalen Kontext und historische Traditionen modifiziert. Während einige Faktoren (z.B. soziokulturelles Milieu des Elternhauses) unter fast allen politischen, gesellschaftlichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen einen großen Einfluss auf das schulische Bildungsverhalten ausüben, ist eine zweite Gruppe (z.B. Schulwegbedingungen) nur bei Überschreitung von bestimmten Schwellenwerten wirksam. Eine dritte Gruppe von Faktoren (z.B. Arbeitsplatzangebot der Wohnortregion) hat nicht bei allen sozialen Schichten oder nicht in allen politischen Systemen dieselben Auswirkungen auf das schulische Bildungsverhalten. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass statistische Zusammenhänge zwischen Einflussfaktoren und Bildungsverhalten in der räumlichen Dimension variieren bzw. nicht für alle Gemeindetypen und lokalen Kontexte gültig sind. Der lokale Kontext bestimmt den Stellenwert der Einflussfaktoren, die in der Abbildung dargestellt wurden.
Die Indikatoren des schulischen Bildungsverhaltens werden für eine große Bandbreite von Fragestellungen herangezogen. Sie dienen dazu, die Leistungsfähigkeit einer Schule, Schulform oder eines Schulsystems, die Bildungsbereitschaft der Bevölkerung, die räumliche Verteilung sozialer Schichten, die Verlaufsströme der Schüler im Schulsystem sowie Prozessabläufe eines gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturwandels zu analysieren. Sie werden auch als Input für Prognosemodelle über die Entwicklung von Schülerzahlen sowie für das Monitoring und die Evaluation von bildungspolitischen und schulorganisatorischen Reformen verwendet. Die Auswahl und Aussagekraft einzelner Indikatoren hängt vom Ausbauniveau und der inneren Differenzierung des Schulsystems, vom Untersuchungszeitraum, der Quellenlage, dem Kulturkreis der Untersuchungsregion, dem Grad der angestrebten räumlichen Differenzierung der Ergebnisse, von der Selektionswirkung des Schulsystems (Selektion) und von der Phase des Lebenszyklus der Indikatoren ab. Je höher die Selektionswirkung eines Schulsystems, umso größer die Aussagekraft dieser Indikatoren. In der Anfangsphase der allgemeinen Schulpflicht oder in Ländern mit einer niedrigen Bildungsbeteiligung werden u.a. folgende Indikatoren verwendet: Schulbesuchsquoten in Grundschulen (=Anteil der schulbesuchenden an den schulpflichtigen Kindern), Dauer des Schuljahrs, Schulbefreiung, Schulversäumnisse, Schulschwänzen. In Ländern mit einem gut ausgebauten Schulsystem gehören Abschlussquoten, Schulbesuchsquoten von weiterführenden Schulen, Übertrittsraten, Studienverzichtsquoten, Quoten der dropouts, Persistenz des Schulbesuchs, Wiederholerquoten und Ergebnisse von Leistungstests zu den aussagekräftigsten Indikatoren. Ein besonderes methodisches Problem betrifft die Vergleichbarkeit dieser Indikatoren in der zeitlichen und räumlichen Dimension.
PM
schulisches Bildungsverhalten: schulisches Bildungsverhalten: Einfluss verschiedener Faktoren auf das schulische Bildungsverhalten.
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