Lexikon der Mathematik: konforme Metrik
eine auf einem GebietG ⊂ ℂ definierte stetige Funktion λ: G → [0, ∞), die höchstens isolierte Nullstellen besitzt.
Ist γ ein rektifizierbarer Weg in G, so ist seine Länge Lλ(γ ) bezüglich einer konformen Metrik λ in G definiert durch
Daher bezeichnet man konforme Metriken auch mit
und nennt ds das Linienelement der Metrik. Die Längenformel schreibt man dann in der Form
Die zu einer konformen Metrik ds gehörige Abstandsfunktion d: G × G → [0, ∞) ist definiert durch
wobei das Infimum über alle rektifizierbaren Wege γ in G, die z1 und z2 verbinden, genommen wird. Die Funktion d besitzt dann die üblichen Eigenschaften eines Abstandes, nämlich:
- ds =|dz| ist die Euklidische Metrik auf ℂ. Die zugehörige Länge eines Weges ist die gewöhnliche Euklidische Länge.
- \(d{s}_{\mathbb{E}}=\frac{|dz|}{1-|z{|}^{2}}\) ist die hyperbolische Metrik des Einheitskreises 𝔼.
- \(d{s}_{\mathbb{H}}=\frac{|dz|}{2\,\mathrm{Im}\,z}\) Im z ist die hyperbolische Metrik der oberen Halbebene ℍ ={z ∈ ℂ : Im z > 0}.
- \(ds=\frac{|dz|}{1+|z{|}^{2}}\) ist die sphärische Metrik auf ℂ.
- Die hyperbolische Metrik eines Gebietes G ist eine konforme Metrik in G.
Eine Metrik ds mit zugehöriger Abstandsfunktion d erzeugt in üblicher Weise eine Topologie auf G. Diese stimmt mit der bereits auf G vorhandenen Topologie (Spurtopologie von ℂ) überein. Die Metrik ds heißt vollständig auf G (oder G heißt vollständig bezüglich ds), falls jede d-beschränkte Teilmenge von G relativ kompakt in G ist. Die komplexe Ebene ℂ ist vollständig bezüglich der Euklidischen, aber nicht bezüglich der sphärischen Metrik. Der Einheitskreis 𝔼 ist vollständig bezüglich der hyperbolischen Metrik, aber nicht bezüglich der Euklidischen oder sphärischen Metrik. Ein beschränktes Gebiet ist bezüglich der Euklidischen Metrik niemals vollständig.
Ist G ein Gebiet, ds eine konforme Metrik auf G und z1, z2 ∈ G, so heißt ein rektifizierbarer Weg γ in G, der z1 und z2 verbindet, eine geodätische Strecke oder Geodätische zwischen z1 und z2, falls d(z1, z2) = Lds(γ). Im allgemeinen müssen keine Geodätischen zwischen zwei Punkten existieren, wie man an dem Beispiel der punktierten Ebene G = ℂ∗ = ℂ \{0} mit der Euklidischen Metrik erkennt. Ist jedoch G ein konvexes Gebiet mit der Euklidischen Metrik, so ist die Verbindungsstrecke eine Geodätische zwischen zwei Punkten. Im Fall G = 𝔼 oder G = ℍ mit der hyperbolischen Metrik existieren stets Geodätische zwischen zwei Punkten. Man nennt eine Metrik ds = λ(z) |dz| in G regulär, falls λ zweimal stetig differenzierbar ist und keine Nullstellen in G besitzt. Dann gilt folgender Satz:
Es sei G ein vollständiges Gebiet bezüglich einer regulären Metrik ds. Dann lassen sich je zwei Punkte in G stets durch eine Geodätische verbinden.
Es seien G, G∗ ⊂ ℂ Gebiete und f : G∗ → G eine nicht konstante holomorphe Funktion. Ist ds = λ(z) |dz| eine konforme Metrik in G, so ist die mittels f zurückgeholte Metrik ds∗ in G∗ definiert durch
Die Nullstellen von ds∗ liegen in den Urbildern der Nullstellen von λ unter f und in den Nullstellen von f′. Ist γ∗ ein rektifizierbarer Weg in G∗ und γ = f ∘ γ∗ der Bildweg in G, so gilt
Einige Beispiele:
- Für jede konforme AbbildungT von 𝔼 auf sich gilt dsE = ds𝔼 ∘ T. Eine entsprechende Aussage gilt für dsℍ.
- Die hyperbolische Metrik der oberen Halbebene ℍ geht aus der hyperbolischen Metrik des Einheitskreises 𝔼 durch eine beliebige konforme Abbildung T von ℍ auf 𝔼 hervor, d. h. dsℍ = dsE ∘ T. Zum Beispiel kann man
\begin{eqnarray}T(z)=\frac{z-i}{z+i}\end{eqnarray} wählen. - Für die sphärische Metrik ds auf ℂ und jede „Sphärendrehung“
\begin{eqnarray}\begin{array}{cc}T(z)=\frac{az+b}{\bar{a}-\bar{b}z}, & |a{|}^{2}+|b{|}^{2}=1\end{array}\end{eqnarray} gilt ds = ds ∘ T. - Durch
\begin{eqnarray}ds=-\frac{|dz|}{2|z|\mathrm{log}|z|}\end{eqnarray} wird eine vollständige reguläre konforme Metrik auf dem punktierten Einheitskreis \(\dot{{\mathbb{E}}}={\mathbb{E}}\backslash \{0\}\) definiert. Die Funktion \(f:\mathbb{H}\to \dot{{\mathbb{E}}}\) mit f(z) = eiz ist holomorph und surjektiv, und es gilt ds ∘ f = dsℍ.
Ist ds = λ(z)|dz| eine reguläre konforme Metrik in G, so heißt die Funktion
die Gaußsche Krümmung der Metrik ds. Dabei bezeichnet Δ den Laplace-Operator.
Einige Beispiele:
- Für die Euklidische Metrik gilt κ(z) = 0.
- Für die hyperbolische Metrik des Einheitskreises gilt κ(z) = −4.
- Für die sphärische Metrik gilt κ(z) = 4.
- Sind ds und dσ konforme Metriken in G und gilt ds = kdσ mit einer Konstanten k > 0, so gilt
\begin{eqnarray}{\kappa }_{ds}(z)=\frac{1}{{k}^{2}}{\kappa }_{d\sigma }(z).\end{eqnarray} - Sind G, G∗ ⊂ ℂ Gebiete und f : G∗ → G eine nicht konstante holomorphe Funktion, so gilt
\begin{eqnarray}{\kappa }_{ds\circ f}(z)={\kappa }_{ds}(f(z))\end{eqnarray} für alle z ∈ G∗ mit f ′(z) ≠ 0.
Sind ds1 = λ1(z)|dz| und ds2 = λ2(z)|dz| konforme Metriken in G, so schreibt man ds1 ≤ ds2, falls λ1(z) ≤ λ2(z) für alle z ∈G. Eine konforme Metrik ds = λ(z)|dz|in G heißt ultrahyperbolisch, falls eine Konstante k > 0 mit folgender Eigenschaft existiert: Zu jedem z0 ∈ G mit λ(z0) > 0 gibt es eine Umgebung U ⊂ G von z0 und eine reguläre konforme Metrik ds∗ = λ∗(z)|dz| in U mit λ∗ (z0) = λ(z0) sowie ds∗ ≤ ds und κds∗ ≤ −k2 in U. Eine solche Metrik ds∗ nennt man auch Stützmetrik. Damit gilt folgender Satz.
Es sei ds𝔼die hyperbolische Metrik in 𝔼 und ds eine ultrahyperbolische Metrik in 𝔼. Dann gilt
Ist insbesondere ds regulär undκds(z) ≤ −4 für alle z ∈ 𝔼 mit ds(z) > 0, so ist ds ≤ ds𝔼. Unter diesen Metriken ist also ds𝔼maximal.
In G = ℂ oder G = ℂ \{0} existiert keine ultrahyperbolische Metrik. Jedoch gilt:
Es sei G ⊂ ℂ ein Gebiet mit mindestens zwei Randpunkten. Dann existiert eine eindeutig bestimmte maximale ultrahyperbolische Me trik dsG in G. Für die Krümmung dieser Metrik gilt κ(z) = −4 für alle z ∈ G.
Diese eindeutig bestimmte maximale Metrik dsG ist die hyperbolische Metrik in G. Für G = Ga,b = ℂ\{a, b} mit a, b ∈ ℂ, a ≠ b bezeichne dsa,b = λa,b(z)|dz| die hyperbolische Metrik von Ga,b. Es gilt dann
Wegen \({G}_{0,1}\supset \dot{{\mathbb{E}}}\) folgt für \(z\in \dot{{\mathbb{E}}}\) die obere Abschätzung
Weiter gilt für \(z\in \dot{{\mathbb{E}}}\) mit Re \(z\le \frac{1}{2}\) die untere Abschätzung
Dabei ist ζ die konforme Abbildung der geschlitzten Ebene ℂ \ [1,∞) auf 𝔼 mit ζ(0) = 0 und Im ζ(z) > 0 für Im z > 0. Sie ist explizit gegeben durch
wobei ϵ eine in einer Umgebung von 0 beschränkte Funktion ist.
Konforme Metriken können zum Beispiel zum Beweis des Satzes von Bloch (Bloch, Satz von) und des großen Satzes von Picard benutzt werden. Beim Picardschen Satz ist die hyperbolische Metrik ds0,1 von Bedeutung.
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