Lexikon der Mathematik: Spinoranalysis
die Theorie des Dirac-Operators.
Auf den Dirac-Operator \({\mathcal{D}}\) stößt man bei der Suche nach einem linearen Differentialoperator \({\mathcal{D}}\), der auf komplexen Funktionen f(x1, …, xn) von n Variablen operiert, und dessen Quadrat \({{\mathcal{D}}}^{2}={\mathcal{D}} \circ {\mathcal{D}}\) mit dem Laplace-Operator
Im allgemeinen Fall kann man zum Bestimmenvon \({\mathcal{D}}\) von einem Ansatz der Gestalt
Um das Gleichungssystem (1) für beliebiges n zu lösen, führt man die Clifford-Algebra \({{\mathcal{C}}}^{n}\) ein. Diese ist ein Vektorraum, der eine aus den n Elementen γ1, …, γn, dem Einselement 1, und allen möglichen Produkten φI = γ¡1γi2 ⋯ γik, (1 ≤ k ≤ n), bestehende Basis besitzt, wobei I den Multiindex I = (i1, i2, …, ik) bezeichnet. Die Indizes iκ sind nach der Größe geordnet: 1 ≤ γi1< γi2< ⋯ < γik ≤ n.
\({{\mathcal{C}}}^{n}\) hat die Dimension 2n und wird zu einer Algebra, d.h., zu einem Vektorraum, der mit einer nichtkommutativen Multiplikation \((\varphi, \psi)\in {\mathcal{C}}\times {\mathcal{C}}\to \varphi \cdot \psi \in {\mathcal{C}}\) versehen ist, die das Assoziativgesetz (φ · ψ) · χ = φ · (ψ · χ) erfüllt, indem man das Produkt zweier Basisvektoren durch formales Aneinanderreihen definiert, d. h. durch
Unter Darstellungen der Clifford-Algebra versteht man komplexe Vektorräume V derart, daß jedem Element von \(\varphi \in {\mathcal{C}}\) ein linearer Endomorphismus u(φ) : V → V zugeordnet ist, wobei u(φ) ○ u(ψ) = u(φ · ψ) und ru(φ) + su(ψ) = u(r φ + s ψ) für alle \(\varphi, \psi \in {\mathcal{C}}\) und r, s ∈ ℂ gilt. Die Clifford-Moduln sind Darstellungen kleinster Dimension, und es zeigt sich, daß es bis auf Isomorphie eindeutig; bestimmte Clifford-Moduln Δn der Dimension \([\frac{n}{2}]\) gibt. Die Elemente von Δn heißen Spinoren und die differenzierbaren Abbildungen von ℝn in ΔnSpinorfelder.
Den n-dimensionalen Dirac-Operator \({{\mathcal{D}}}_{n}\) d.h., eine ‚Quadratwurzel‘ \(\sqrt{\Delta}\) des n-dimensionalen Laplace-Operators, definiert man dann als linearen Differentialoperator erster Ordnung auf dem Raum {ψ; ψ : ℝn → Δn} der Spinorfelder durch
Die Frage nach einer Wurzel \(\sqrt{\Delta}\) aus dem Laplace-Operator entstammt dem Problem der quantenmechanischen Formulierung der Bewegungsgleichung von freien, klassischen Teilchen in der speziellen Relativitätstheorie. Sind m die Masse, \({\mathcal{E}}\) die Energie und \({\mathfrak{p}}=m{\mathfrak{v}}/\sqrt{1-{v}^{2}/{c}^{2}}\) das Moment eines solchen Teilchens, so gilt
In der Quantenmechanik löst man sich von der Vorstellung eines punktförmigen Teilchens und betrachtet stattdessen eine Größe, die durch eine komplexe Zustandsfunktion ψ(t, x) beschrieben wird, wobei man das Quadrat |ψ(t, x)|2 der komplexen Norm als Dichtefunktion der Wahrscheinlichkeit dafür ansieht, daß sich das Teilchen zum Zeitpunkt t ∈ ℝ am Ort x ∈ ℝ aufhält. Nach den Prinzipien der Quantenmechanik werden \({\mathcal{E}}\) und \({\mathfrak{p}}\) durch die Differentialoperatoren
Genauer: Der Operator
[1] Heber, G.; Weber, G.: Grundlagen der modernen Quantenphysik II. B.G. Teubner Leipzig, 1963.
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